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Der Erscheinungstag rückte näher. Schließlich verlor Japs die Geduld. Entschlossen ging er zu Jankel.

„Du mußt die Zeitschrift abschreiben. Sonst erscheint sie nicht rechtzeitig.“

Jankel runzelte die Stirn und reckte sich.

„Zum Teufel mit der Zeitschrift“, sagte er gelassen. „Ich habe keine Lust.“

„Wieso nicht?“

„Ganz einfach. Ich hab' keine Lust, und damit Schluß.“ Japs wurde wütend. „Willst du gar nicht mehr arbeiten?“

„Was geht dich das an?“ fragte Jankel ebenso gelassen wie vorher. „Was heißt das? Bist du Redakteur oder nicht?“

„Ja, Redakteur bin ich.“

„Willst du arbeiten?“

„Keine Lust.“

„Also nicht!“

„Nee.“

„Warum nicht?“

„Weil es mir bis zum Halse steht.“ Japs errötete und schnupfte auf. „Mach, was du willst.“ Damit ging er beleidigt weg. Die Klasse kicherte, als sie sah, daß der Hader die Einheit der Redaktion zerfraß.

Seitdem erschien der „Spiegel“ nicht mehr. Die Republik war ohne Presse. Sogar Vikniksor kam, um sich besorgt nach dem Grund zu erkundigen; doch die Jungen stritten verlegen alles ab und versprachen, den früheren Zustand wiederherzustellen. Aber dieser Zustand war endgültig dahin. Eine Woche lang genossen die Redakteure ihre Ruhe und gingen spazieren. Dann wurde es beiden zu langweilig. Ihnen fehlte etwas, und sie ließen den Kopf hängen.

Keiner wollte sich wieder mit dem anderen zusammentun. Sie mochten sich nicht mehr. Die Klasse bemerkte, daß jeder — Jankel wie Japs — versunken in seiner Bank saß und wieder Papier bekritzelte. Man erkundigte sich, was beide fesselte.

Jankels Platz war am Ofen. Eines Tages entfaltete er nach dem Unterricht eine eifrige Tätigkeit.

Er holte einen Bindfaden hervor, ging um den Ofen herum, maß etwas aus, schlug zwischen zwei Kacheln je einen Nagel ein und befestigte den Bindfaden daran.

„Wozu machst du das?“ erkundigten sich die Jungen erstaunt, aber Jankel lächelte nur vielsagend.

„Immer mit der Ruhe, ihr werdet es schon erfahren“, antwortete er geheimnisvoll.

Dann malte er lange Zeit mit Aquarellfarben an einem Plakat. Diese Schöpfung befestigte er feierlich über seiner Bank am Ofen. In eine Ecke des leuchtenden Plakats war ein Insekt mit langer Nase gemalt. In der Mitte stand:

SCHKID. Die republik der strolche i_025.png

Gleichzeitig wurde an dem Bindfaden die erste Nummer der „satirischen und humoristischen“ Zeitung „Die Mücke“ in Heftblattformat und mit einem Umfang von acht Seiten feierlich aufgehängt. „Was ist denn das?“ Neugierig betrachteten und befühlten die Jungen Jankels Werk. Er lächelte.

„Das ist 'Die Mücke'“, erklärte er herablassend. „Sie erscheint wie 'Ogonjok' oder das 'Rote Panorama' einmal in der Woche oder häufiger. 'Warum ist sie so dünn?' brummte Kaufmann und betastete verächtlich die vier Blätter.

'Sie ist so dünn, weil sie nicht dicker ist', witzelte der Redakteur. Die ganze Klasse las die 'Mücke'. Das Blatt gefiel. Nur Japs würdigte es keines Blickes. Er saß vertieft in seiner Bank und schrieb wie ein Wilder. Er war entschlossen, seinen Plan mit der dicken Monatszeitschrift um jeden Preis zu verwirklichen. Schon am nächsten Tage tat er seine Absicht kund. Überall — in den Sälen, in den Klassenzimmern und sogar in den Toiletten — hingen plötzlich handgeschriebene Ankündigungen an der Wand:

SCHKID. Die republik der strolche i_026.png

Der neue Verlag ging mit aller Energie ans Werk, und noch am gleichen Tage erschien die erste Nummer der 'Woche'. Ihr unschönes Aussehen wurde durch den reichen Inhalt wettgemacht und durch den Überfluß an Mitarbeitern, die versprochen hatten, für sie zu schreiben. Zu den Mitarbeitern, die sich hinter der geheimnisvollen Chiffre 'und andere' verbargen, gehörte auch der neue Zögling Pantelejew. In der ersten Nummer waren seine berühmten Knüttelverse veröffentlicht, die von der 'Roten Zeitung' seinerzeit abgelehnt worden waren. Japs triumphierte.; Jetzt machte er sich; mit verdoppeltem Eifer an die Herausgabe der Monatszeitschrift. Sie sollte einen grandiosen Umfang bekommen — sechs bis sieben Hefte dick mit ganzseitigen Illustrationen. Jankel verzehrte sich vor ohnmächtiger Wut. Er vermochte den neuen Verlag nicht zu übertrumpfen. Er stand allein. Immer häufiger fragten Jungen aus anderen Klassen bei Japs an: 'Kommt die 'Woche' bald heraus?'

'Wird der 'Vorwärts' bald erscheinen?'

Japs schielte hochmütig zu Jankel hin, während er absichtlich laut antwortete: 'Es ist unser Prinzip, daß Zeitung und Zeitschrift immer rechtzeitig zur festgesetzten Frist erscheinen.'

Aber Jankel war nicht gewillt, die Waffen zu strecken. Nachdem er die Situation gründlich durchdacht hatte, faßte er den festen Entschluß, zu kämpfen und die 'Mücke' häufiger erscheinen zu lassen. Er entfaltete eine emsige Tätigkeit. Nach unwahrscheinlichen Tagesmühen hängte er allabendlich voller Stolz immer neue Nummern an den Bindfaden am Ofen. Er verbesserte die Technik, er versah die Artikel mit farbigen Illustrationen und erreichte schließlich sein Ziel. Den Jungen wurde es langweilig, auf die dicke Monatszeitschrift zu warten — sie gewöhnten sich immer mehr an die 'Mücke'. Es bürgerte sich ein, morgens in die vierte Abteilung zu gehen, um die letzte Nummer der Zeitung zu lesen. Doch dieser Sieg kam Jankel teuer zu stehen. Er wurde hohlwangig und mager, er verlor Schlaf und Appetit…

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Da passen keine Rätsel rein.

Nach einer Woche erschien die zweite Nummer von Japs' 'Woche'. Diesmal erregte sie keine Aufmerksamkeit, denn sie war nicht illustriert und nur mit der Hand — mit Bleistift — geschrieben. Dennoch zeitigte Japs' Mißerfolg überraschende Folgen. Kaufmann war in dieser Woche gedankenversunken umhergelaufen. 'Verdammt!' grölte er durch die Klasse, als er die unansehnliche 'Woche' erblickte. 'So eine Zeitung kann ich ebenfalls rausgeben. Sogar noch besser. Eine richtige Zeitschrift!'

Seine Erklärung stieß auf allgemeines Erstaunen, um so mehr, als er sich noch vor zehn Tagen über die Dummheit der Redakteure lustig gemacht hatte: 'Ihr seid ja blöd, wie die heiligen Märtyrer eure Zeit zu vergeuden! Kein Mensch bezahlt euch was dafür.' Nun stellte sich Kaufmann plötzlich als Redakteur der Zeitschrift 'Mein Masdlinengewehr' vor und sammelte einen Mitarbeiterstab. Er hatte sie so genannt, weil sie ebensoschnell hintereinander erscheinen sollte, wie ein Maschinengewehr schießt. Um das neue Presseorgan bildete sich sogleich ein Kreis aus wenig bekannten journalistischen Anfängern — Mamachen und Brotkanten. Bald überwarf sich Ljonka Pantelejew mit Japs und ging ebenfalls zu Kaufmanns jungem, aber vielversprechendem Verlag über. 'Mein Maschinengewehr' machte Karriere.

Jetzt erschienen laufend drei Presseerzeugnisse: die 'Mücke' von Jankel, die 'Woche' von Japs und 'Mein Maschinengewehr' von Kaufmann.

Kein einziges genügte jedoch Zigeuners Ansprüchen. 'Was sind das bloß für Blätter, Halunken? Ganz ohne Rätsel oder Denkaufgaben. So'n Quatsch!'

Zigeuner schäumte vor Mißbilligung. Er hatte versucht, in allen drei Zeitungen seine Rätselecke unterzubringen, war aber überall höflich abgewiesen worden. Daraufhin brachte er seinen Vorschlag im 'Vorwärts' vor, wo er Redakteur und aktiver Mitarbeiter war.

'Leute, Japs, Falke! Ich beantrage, eine Rubrik 'Zum Kopfzerbrechen' in der Zeitschrift einzuführen. Ich werde sie redigieren.'

Der Dichter Kostja Finkelstein (Falke) protestierte als erster. 'Das geht nicht. Wir haben eine seriöse, wissenschaftlich-literarische Monatszeitschrift, da passen keine Rätsel rein.'

'Ja, das lohnt sich nicht', bestätigte Japs und brachte damit den Rätselfreund endgültig gegen sich auf.