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In der Rubrik 'Vermischtes' brachte der Herausgeber alle möglichen fesselnden Meldungen aus alten und neuen Zeitschriften. Die letzten Seiten wurden von der Rubrik 'Wissenschaft und Technik in der Schkid' gefüllt. Dort stand unter anderem eine bescheidene Notiz folgenden Inhalts:

'Holzklischees. G. Tschornych und L. Pantelejew erfanden ein neues, leichtes Mittel, um Holzklischees für Titelköpfe und Vignetten herzustellen. Das Mittel ist jedem zugänglich. Man nimmt ein glattes Holzbrett, schnitzt mit dem Messer die betreffende Figur hinein, bestreicht das Brett mit Tinte und drückt es auf das Papier. Die neuen Klischees werden bereits mit Erfolg für Titel im Verlag 'Die Mücke' und für Ankündigungen in unserer Zeitschrift verwendet.'

Die Anzahl der Zeitschriften erhöhte sich ruckartig von sechs auf neun, aber die journalistische Epidemie war noch nicht zu Ende. Im Gegenteil — sie hatte erst begonnen.

Die Herausgebersucht griff von der vierten Abteilung auf die dritte über. Die Jüngeren taten es den 'Großen' nach. Ustinowitsch gab den 'Jungen Bären', die erste große Zeitung der dritten Abteilung, heraus. Dann wurden seine Klassenkameraden vom Schreibfieber gepackt. Bald hatte die dritte Abteilung eine ganze Reihe von Zeitschriften, von denen der 'Stern', der 'Rote Morgen', der. 'Nebel' und der 'Bote' besonders erwähnenswert waren.

Nun kam die zweite Abteilung an die Reihe. Auch dort breitete sich die Epidemie aus. Den Jungen gefiel der Einfall der Älteren, und bald saßen sämtliche unverdrossenen Skandalbrüder und Raufbolde der zweiten Klasse über der Herausgabe von Zeitungen. Die lange Liste der Presseerzeugnisse wurde erweitert. Es erschienen der 'Leuchtturm', der 'Rote Schüler' und die 'Chronik'. Als das in der vierten Abteilung bekannt wurde, scherzte einer: 'Jetzt fehlt bloß noch, daß auch die erste Abteilung eigene Zeitungen herausgibt.'

Das war ein prophetischer Scherz. Wenige Tage später zeigte der kleine Kusja den Großen seine Zeitung 'Pilz' und berichtete, in seiner Klasse erschienen die Blätter 'Sonne', 'Fliegenpilz' und 'Rote Fahne'. Zusätzlich faßte der Pädagogische Rat den Beschluß, in jeder Klasse ein offizielles Klassentagebuch herauszugeben.

Die Republik Schkid tat alles spontan, nervös, ungestüm. Periodisch wurde randaliert oder gelernt, und ebenso periodisch beschäftigte man sich mit der Veröffentlichung von Zeitungen. Anfangs ging alles gut. Die Erzieher waren zufrieden. Nach Unterrichtsschluß lärmten die Zöglinge nicht mehr, niemand rannte im Saal herum, niemand schaukelte an den Türen, niemand rutschte das Treppengeländer hinunter, und niemand prügelte sich oder randalierte.

Wenn es geklingelt hatte, blieben die Jungen auf den Bänken sitzen, nur die Pultdeckel klappten, und die ausgeschnitzten schwarzen Brettchen bumsten.

Gesprochen wurde nur in gesittetem Flüsterton.

In den Klassen herrschte Stille. Die Federhalter kratzten, die Papierbogen raschelten.

Viele Dutzend Köpfe neigten sich über die Bänke. Sie dichteten und druckten, sie malten und schrieben.

Sie verfaßten samt und sonders Zeitungen. Die Epidemie hatte sich bis in den letzten Winkel verbreitet.

Es waren so viele Zeitungen geworden, daß es keine Leser mehr dafür gab.

Jedermann schrieb — zum Lesen blieb keine Zeit. Jeder bildete sich ein, seine Zeitung würde gelesen, jeder bemühte sich, seine Zeitung möglichst auffallend und fesselnd zu machen. Dazu brauchte man nicht nur Talent, sondern auch Zeit. Doch die Zeit reichte nicht aus. Daher wurde die Herausgebertätigkeit auch während des Unterrichts nicht eingestellt…

Es klingelt. Alnikpop kommt in die vierte Klasse, aber sein Erscheinen bleibt unbemerkt. Alnikpop wird böse. Er mag es nicht, wenn man in seinem Fach — der Geschichte — nichts lernt. 'Aufstehen!' donnert er.

Die Klasse klappert mit den Pultdeckeln und erhebt sich. Die Jungen machen Gesichter, als habe er sie aus dem Schlaf geweckt. 'Setzen! Nehmt das Papier und die übrigen Dinge, die nicht zum Unterricht gehören, vom Tisch.'

Alnikpop setzt sich an den Tisch, legt seine Bücher aus, hebt den Kopf, fährt sich über die beginnende Glatze und blickt die bewegungslos dasitzenden Schüler prüfend an.

Wir wollen uns heute das bisher Durchgenommene noch einmal kurz ins Gedächtnis zurückrufen. Tschornych soll uns erzählen, was er von Iwan dem Schrecklichen weiß.“

Aber Jankel hört nicht. Er arbeitet eifrig an der neuen Nummer der „Mücke“. Was geht Jankel die Geschichte an? Alnikpop sieht, daß er den Kopf über die Bank geneigt hat. Sein Gesicht verfinstert sich. „Tschornych!“ ruft er. Jankel fährt zusammen. „Was ist, Onkel Sascha?“

„Berichte bitte von Iwan dem Schrecklichen. Beim letztenmal habe ich euch umständlich alles wiederholt; deshalb müßt ihr es wissen.“ Doch Jankel weiß nur noch, daß er beim letztenmal seine „Mücke“ geschrieben hat. Er muß sich irgendwie herauswinden. „Onkel Sascha, ich habe ein schlechtes Gedächtnis.“ „Rede keinen Unsinn.“

„Ehrenwort. Ich weiß nur, daß er junge Katzen aus dem Fenster geschmissen hat, sonst nichts.“ Alnikpop ist niedergeschlagen. „Setz dich“, brummt er mürrisch. Dann geht er zu Kaufmann und ertappt ihn auf frischer Tat.

„Was machst du da?“

„Ich schreibe“, versetzt Kaufmann in gelassenem Baß. „Zeig her!“

„Jaaa… aber nehmen Sie es mir nicht weg.“

„Du sollst es mir zeigen!“

Mit stolzem Lächeln holt Kaufmann eine Nummer des „Maschinengewehrs“ hervor. Sie ist naß von Aquarellfarben. „Da! Ich arbeite an meiner Zeitung.“

In seiner Wut möchte Alnikpop dem Jungen die knallbunten Blätter wegreißen.

Weil er aber mit Kaufmann nicht fertig wird, beschränkt er sich auf den eindrucksvollen Satz: „Ich werde dich in die 'Chronik' einschreiben, weil du dich mit Dingen beschäftigst, die nicht zum Unterricht gehören.“

Während er zum Lehrerpult zurückgeht, bemerkt er, daß in den übrigen Bänken die gleichen Dinge vor sich gehen. Da greift der Prophet zum äußersten Mittel.

„Kinder, ich schreibe die ganze Klasse wegen Unaufmerksamkeit beim Unterricht ein.“

Jedoch auch diese für alltägliche Verhältnisse starke Drohung fruchtet diesmal nicht. Öde und qualvoll zieht sich der Unterricht hin. Die Schüler antworten unzutreffend oder gar nicht.

„So kann man unmöglich arbeiten“, beklagt sich Alnikpop nach dem Klingeln im Lehrerzimmer. „Diese Zeitungen untergraben die ganze Disziplin!“

In der Klasse herrscht großes Durcheinander.

In der einen Ecke streitet sich Japs schimpfend mit Zigeuner um das Recht, über den Illustrator Jankel verfügen zu können. Jankel soll Japs ein Bild für den „Vorwärts“ malen; das gleiche verlangt Zigeuner, der einen „Almanach der besten Werke der Schkid“ herausgibt, von ihm.

In der anderen Ecke kreischt der Lyriker Finkelstein. Die Ursache ist Kaufmann, der Material für sein „Maschinengewehr“ sammelt.

„Gibst du mir die Verse?“ brüllt er. „Ja oder nein?“

„Ich habe keine Verse“, verteidigt sich Falke.

„Du lügst, du hast welche! Wenn du sie mir nicht gibst, schinde ich dich!“

„Laß das, Kaufmann. Au!“

„Gibst du sie mir?“

„Ja, du kriegst welche.“

„Na, warum nicht gleich so.“

Befriedigt läßt Kaufmann Finkelstein los und stürzt sich auf Jankel.

„Gibst du mir eine Geschichte oder nicht?“

Wieder Gekreische: „Ich hab' zu tun!“

„Ja oder nein?“

„Ja!“

Kaufmann ist von all seinen Mitarbeitern verlassen worden, deshalb hat er sich dieses einfache Mittel zur Materialbeschaffung erdacht.

Am Fenster sitzt Pantelejew, in die „Rote Zeitung“ vertieft. Verbissen sucht er seinen „Technischen Boten“ zu einer richtigen Zeitung zu machen. Alles ist fertig, nur die Anzeigen fehlen, und dafür hat er den Umschlag frei gelassen. Er hat schon bei allen Verlegern vorgesprochen und mehrere Anzeigen sammeln können, aber sie reichen nicht aus, zwei Ecken sind noch frei.