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Doch sie irrten sich. Sie wurden sehr freundlich aufgenommen, wie übrigens auch alle anderen.

Schon am ersten Tage schloß sich Dshaparidse als der reifste an die Großen an. Als er erfuhr, daß in der Schkid Zeitungen herausgegeben wurden, äußerte er den Wunsch, eine Zeitschrift „Der Schachspieler“ zu veröffentlichen. Jankel, der wahrscheinlich darin einen Vorteil für sich sah, schloß mit ihm „Blutsbruderschaft im Bruch“. Kaufmann schloß mit Korolew Blutsbrüderschaft, und Pantelejew nahm Starolinski unter seinen Schutz.

Nur Tichikow blieb allein. Er saß dauernd auf seiner Bank, las Jules Verne oder ein anderes Buch und kaute. Er kaute unablässig, rülpste und kaute weiter. Deshalb bekam er späterhin den Spitznamen „Wiederkäuer“.

Das Kleeblatt hatte seine alten Spitznamen mitgebracht: Korolew hieß „Fläschchen“, Starolinski „Knabe“, Tichikow „Admiral“, und Dshaparidses Name war nicht druckfähig.

In der Schkid gelang es nur Tichikow, seinen Spitznamen „Admiral“ zu bewahren. Die übrigen wurden gleich am Ankunftstage umgetauft. „Dshaparidse ist zu lang“, erklärte Japs. „Und Schweinereien nehmen wir bei uns nicht als Spitznamen. Deshalb nennen wir dich einfach 'Dse'.“

„Das ist eure Sache“, stimmte der Grusinier zu. „Meinetwegen 'Dse'.“ Japs hatte Starolinski gleich als „Nackten Herrn“ bezeichnet. Er wurde also „Nackter Herr“ getauft, und später nannte man ihn den „Herrn“ oder den „Nackten“.

Korolew wurde „Happen“ getauft, weil er statt „Stück“ immer „Happen“ sagte: „Gib mir einen Happen Brot“ oder: „Leih mir ein Häppchen Sacharin.“

Gleichzeitig mit dem Sergijewker Kleeblatt traf „Sparbüchse“ in der Schkid ein, ein lautloses Männlein mit nebelhafter Vergangenheit.

SASCHA PYLNIKOW

Kosfalmed handelt *Schnell zur Gymnastik! * Die Heilung der Aussätzigen * „Alte Kameraden“ * Himmlisches Manna auf dem Klassenofen * Der Junge mit dem Weibergesicht * Der Pantoffel * Einbrechermanieren Rührmichnichtan.

Es klingelte, die Pause war zu Ende. Kostalmed kam in die Klasse der vierten Abteilung.

„Schnell zur Gymnastik!“

Widerwillig trotteten die Jungen aus dem Zimmer.

„Schnell!“ trieb Kostalmed sie an und klopfte mit seinem runden, polierten Stöckchen.

Japs und Jankel blieben auf ihrem Platz sitzen.

„Was ist mit euch?“ Kostalmed hob fragend die Brauen.

„Wir können nicht“, stammelte Japs mit verzerrtem Gesicht. „Uns tun die Beine weh.“

Kranke Schkider waren auf Anordnung Vikniksors von der Teilnahme am Gymnastikunterricht befreit.

„Zeigt her“, sagte Kostalmed.

Japs hinkte zu ihm hin und hob den bloßen Fuß. Die Ferse war gelb und geschwollen. In der Mitte hatte sich ein abscheulich aussehendes Geschwür gebildet.

„Eiterbeule im letzten Stadium“, erklärte Japs. „Ich komme kaum noch zur Toilette, von der Gymnastik kann gar keine Rede sein.“

„Schön, bleib hier“, antwortete Kostalmed. „Und du?“ Er sah Jankel an.

Jankel kroch beinahe auf allen vieren zu dem Propheten hin. „Ich habe keine Kraft mehr“, krächzte er. „Das verdammte Ding peinigt mich.“

Er schob die Hose hoch. Von der Kniekehle bis zum Becken zog sich eine fürchterliche, rote, blutunterlaufene Schramme. „Wo hast du dir das geholt?“ forschte Kostalmed mit gerunzelter Stirn.

„Beim Holzsägen“, antwortete Jankel. „Mit der Säge. Ich kann nicht laufen, Onkel Kostja, geschweige denn Übungen machen.“

„Bleib hier“, sagte Kostalmed zustimmend und verließ die Klasse.

Jankel schloß hinter ihm die Tür.

„So, Mann“, erklärte er dann. „Jetzt können wir uns wohl heilen.“

Er ging zu seiner Bank zurück, krempelte die Hose auf, spuckte sich in die Hand und wischte die entsetzliche Wunde mit einer einzigen Bewegung ab.

Japs tat das gleiche.

Geheilt setzten sie sich in ihre Bänke. Japs holte ein Buch hervor, Jankel eine angefangene Zeitung.

Jankel hatte sich dieses Mittel zum Gymnastikschwänzen ausgedacht.

Mit seinem Zeichentalent malte er gegen geringes Entgelt kunstvoll Eiterbeulen, Wunden, Geschwüre und anderes mehr. Kostalmed meinte, die Jungen seien tatsächlich krank. Und während er die Treppe zum Gymnastiksaal hinaufging, war sein Herz unter der rauhen Schale eines berufsmäßigen Propheten übervoll von Mitleid mit den unglücklichen Duldern.

Im Gymnastiksaal hatten sich die Jungen schon versammelt. Als Kostalmed eintrat, schlenderten und rannten sie johlend in dem großen Raum umher.

„Auf-Stellung!“ schrie Kostalmed.

Wie Ameisen wimmelten die Jungen durcheinander und bauten sich schließlich der Größe nach in einer geraden Linie auf.

Der erste von rechts war Kaufmann, hinter ihm kamen Zigeuner, Dse und Pantelejew. Hinter Pantelejew stand sonst Jankel, dessen Platz jetzt frei geblieben war.

„Aufrücken!“ kommandierte Kostalmed.

Die Reihe rückte auf.

„Augen… rechts!“

Alle drehten die Köpfe nach rechts, mit Ausnahme von Spatz, der sich aber dann besann und ebenfalls nach rechts blickte. „Worobjow, vortreten!“ befahl Kostalmed. Spatz trat vor.

„Du kriegst eine Eintragung in die 'Chronik'“, verkündete Kostalmed. „Stell dich wieder auf deinen Platz.“

Nachdem der Prophet erreicht hatte, daß die Reihe eine ideal gerade Linie bildete, ließ er sie rechtsum machen.

Bessowestin, ein Schüler aus der dritten Klasse, der gut Klavier spielte, wenn es auch mit dem Lernen bei ihm haperte, setzte sich ans Piano. „Im Schritt marsch!“ kommandierte Kostalmed. Bessowestin griff in die Tasten, und drei Dutzend nackte Füße marschierten zu den Klängen des Marsches „Alte Kameraden“ an den Saalwänden entlang.

Sie gingen im Gänsemarsch, vorneweg Kaufmann. Er marschierte besser als die anderen, mit der guten Haltung, die er in der Kadettenanstalt gelernt hatte. In anderen Fächern kam er nicht mit, aber Gymnastik liebte er sehr.

Die übrigen marschierten nicht so schneidig, nur Pantelejew und Zigeuner versuchten es Kaufmann gleichzutun, wienn auch ohne Erfolg.

Spatz, der eine Eintragung in die „Chronik“ bekommen hatte, war ungezogen. Er ging nicht im gleichen Schritt und Tritt, und wenn er hinter Kostalmed war, zeigte er ihm einen Vogel oder streckte ihm die Zunge raus.

„Links! Links!'' kommandierte Kostalmed und schlug mit seinem polierten Stöckchen den Takt. 'Links! Links! Eins, zwei-eins, zwei…' Die schwache Herbstsonne spiegelte sich in den Quadraten des Parketts und glitt in weißen Flecken über die marmorierten Wände. 'Zur Gymnastik… auflösen!' Kaufmann ging bis zur Mitte der Wand und bog dann scharf nach links.

An der gegenüberliegenden Wand bogen die Jungen abwechselnd nach rechts und links, um zu zweit, dann zu viert nebeneinander zu marschieren.

'Halt! Abteilung… auflösen!'

Die Jungen verteilten sich auf den Quadraten des Parketts wie Figuren auf einem Schachbrett. 'Rührt euch!'

Kaufmann setzte einen Fuß vor und legte die Hände auf den Rücken. Die übrigen standen, wie es gerade kam. Viele zogen sich die beim Marschieren hinuntergerutschten Hosen hoch, richteten den Gürtelriemen, schneuzten sich oder husteten. 'Stillgestanden! Erste Übung! Los!' Bessowestin spielte einen Walzer.

Und zum Takt von Kostalmeds Stöckchen machten die Jungen verschiedene Turnübungen und schwedische Gymnastik.

'Ich hab' Kohldampf', konstatierte Japs und klappte das Buch zu.

Jankel sah von dem Pferd, das er gerade malte, zu Japs und erwiderte:

'Ja, was zum Futtern war nicht übel.'

'Hast du was?'

Jankel winkte ab.

'Am Donnerstag? Wenn ich was hätte, dann hätte ich das schon längst verdrückt, Junge.'

Niedergeschlagen guckte er in sein leeres Bankfach, suchte dann in den anderen Bänken, aber überall gab es nichts.

'Wenn wir doch wenigstens einen Brotkanten fänden.'

Plötzlich schlug sich Japs an die Stirn.

'Ich hab' eine Idee! Weißt du noch, wie Hühnchen uns erzählte, in seiner Klasse lägen auf dem Ofen…'