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'Du sollst aufstehen!' brüllte der Direktor.

['was schreien Sie mich an!“ sagte Pawel gelassen, stützte die Hände auf den Pultdeckel und erhob sich.

„Weshalb gehst du nicht nach oben?“ forschte Vikniksor zornig und ging zu Pawels Bank.

„Was soll ich da?“ fragte der Junge zurück, ohne sich von der Stelle zu rühren.

„Was du da sollst? In die Badeanstalt gehen. Alle sind schon oben, nur du treibst dich noch hier herum. Bilde dir nicht ein, daß du bei uns machen kannst, was du willst. Keine Widerrede bitte, marsch nach oben!“

„Fällt mir nicht ein“, versetzte Pawel, ließ sich auf die Bank sinken und griff nach seinem Buch.

Wie ein Tiger stürzte Vikniksor auf ihn und krallte sich in seine Schultern.

„Nein, du gehst, und zwar sofort!“ brüllte er und zerrte Pawel aus der Bank.

Pawel setzte sich zur Wehr. Der Lärm lockte Lehrer und Schüler herbei.

„Ich will dir zeigen, wer hier zu bestimmen hat“, keuchte Vikniksor und versuchte, den Jungen auf den Korridor zu stoßen. Rot und zerzaust riß sich Pawel los. „Schuft!“ grölte er. Dann verzog sich sein Gesicht, und er brach in Tränen aus. Vikniksor war ebenso rot und zerzaust. Er hob den Kopf und rang nach Atem.

„In die fünfte Gruppe!“ stieß er hervor. Dann verließ er die Klasse. Dieser Zwischenfall machte den Neuen berühmt. Niemand wußte, weshalb er sich geweigert hatte, in die Badeanstalt zu gehen, und weshalb er dabei so randaliert hatte. Doch gerade das war ja für die Schkider höchstes Heldentum: zu randalieren um des Randalierens willen. Von diesem Augenblick an tat ihm niemand mehr etwas zuleide, obgleich das ganz gefahrlos gewesen wäre; denn er war schwächlich. Er bekam nur selten und immer aus unerfindlichen Gründen seine Wutanfälle, und auch das nur gegenüber den Vorgesetzten. Damals schwärmte die vierte Abteilung gerade für die Bücher Fjodor Sologubs. In einem Roman des seinerzeit bekannten Schriftstellers kommt Sascha Pylnikow vor, ein weibischer Junge. Japs wies die Klassenkameraden auf Jelchowskis Ähnlichkeit mit dieser Figur hin. Seitdem wurde Pawel nicht mehr „Nieser“ genannt, wie bisher, sondern „Sascha Pylnikow“.

Später hieß er außerdem noch „Rührmichnichtan“, „Baby“, „Postillion“. Meistens wurde er aber Sascha gerufen. Viele Jungen wußten nicht einmal daß sein wirklicher Name Pawel lautete.

HOOLIGANSTADT

Linguistische Information * Der Gasthof an der Dover Chaussee * Hooliganien Geographische Lage Politische Struktur * Der Diktator Genlalinski * Volkskommissar für Radauangelegenheiten * Das friedliche Leben des Imperiums Mobilmachung Krieg * Unruhe in den Kolonien * Sfraftrupp * Revolution Amnestie * Die UdSSR In der Schkid.

Das Wort „Hooligan“ stammt aus dem Englischen. Im alten England, so berichtet der Volksmund, lebte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Familie Hooligan. Die Hooligans besaßen an der Chaussee nach Dover einen Gasthof, in dem Lords, Grafen, Kaufleute vom Kontinent und andere Reisende abzusteigen pflegten. Nun erzählt man sich, daß dort schreckliche Dinge passierten: Jeder Mensch, der im Gasthof der Hooligans übernachtete, verschwand spurlos. Die Hooligans lockten die Reisenden ins Haus, beraubten und ermordeten sie. Als das fürchterliche Geheimnis des Gasthofes entdeckt wurde, tagte das Gericht des Königs, in Hermelinmäntel gehüllt, acht Tage hintereinander und verurteilte dann die Mörderfamilie zum Tode. Seitdem ist der Name Hooligan ein Begriff geworden, seitdem bezeichnet man Mörder, Diebe und Brandstifter als Hooligans.

Das Wort „Hooligan“ kam auch nach Rußland. „Chuligan“ sprach man es hier aus.

Wenn Elanljum, die rothaarige deutsche Frau des Direktors, sich über die ungezogenen Jungen aus der vierten Abteilung ärgerte, rief sie: „Ihr Hooligans!“

So wurde das Wort „Hooligan“ in der Schkid ein ebenso eingebürgerter und ehrenvoller Begriff wie „Radaubruder“.

Das Geschlecht der Hooligans wuchs, breitete sich aus und verwandelte sich schließlich in den Staat Hooliganien. Die große Hauptstadt von Hooliganien hieß Hooliganstadt. Die breiten Straßen (die Gänge zwischen den Bänken) trugen wohlklingende Namen: Radaustraße, Skandalgasse, Hooliganweg. Die Hauptstraße war Kleptomanenallee benannt. Dort standen die Häuser (die Bänke) aller städtischen und staatlichen Würdenträger, unter anderem auch die Villa von Kaufi Genialinski, dem Diktator und Oberbürgermeister. Bei ihm wohnte sein Sekretär und Adjutant, der Vicomte de Bourgelon, vertraulich Dshaparidse genannt. Die Ministerien und der Stab befanden sich ebenfalls in der Kleptomanenallee. Die übrigen Straßen sahen weniger elegant aus. Hier hausten die einfachen Bürger. Im japanischen Viertel hatten sich der japanische Konsul Jeo-Nin und andere japanische Bürger in Gestalt Nagasakis, eines Neuen, angesiedelt.

Hooliganstadt wurde erst in jüngster Vergangenheit gegründet. Zu dieser Zeit randalierten sämtliche Schkider mit Feuereifer, ohne der Strafen zu achten, die auf sie herabprasselten. Die vierte Abteilung kam aus der fünften Gruppe überhaupt nicht mehr heraus. „Es hat doch keinen Zweck, ohne ein bestimmtes Ziel zu randalieren“, meinte Japs eines Tages. „Wir wollen uns organisieren und eine Republik gründen.“

Der Gedanke fand allgemeinen Beifall. Zuerst wurde eine Regierung gebildet.

Zum Diktator ernannte man den mächtigen Kaufmann. Seine Vollmachten wurden vom Rat der Volkskommissare eingeschränkt. Der Rat setzte sich zusammen aus den Kommissaren von Heer und Marine (Jankel), für Postwesen (Sascha Pylnikow) und für Radauangelegenheiten (Japs). Ljonka Pantelejew wurde vom Diktator zum Chef der Staatsmiliz und der Kolonialtruppen gemacht. Dann erklärte Hooliganien die unteren Klassen zu Kolonien und taufte sie um: die dritte Klasse in „Schlammanien“, die zweite in „Sumpfonien“ und die erste in „Dschungelinien“. Arn Gründungstage von Hooliganien berief der Diktator in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Hauptstadt eine Plenarsitzung des Rats der Volkskommissare ein. „In seiner eleganten Villa“, so berichtete die örtliche Zeitung „Hooliganer Nachrichten“, „versammelten sich die städtischen Würdenträger. Kaufi Genialinski proklamierte feierlich die Gründung der Stadt und forderte die Volkskommissare auf, den Einwohnern bekanntzugeben, daß die Hausbesitzer für die Innehaltung der Stadtgesetze verantwortlich seien.“ Am gleichen Tage wurden Schilder mit Hausnummern und Straßennamen an den Gebäuden angebracht. In dem jungen Staat entwickelte sich sogleich reges, gesellschaftliches Leben. Am zweiten Tage legte Japs, der Volkskommissar für Radauangelegenheiten (sein offizieller Name lautete Skandale Radaunow), dem Rat der Volkskommissare einen Verfassungsentwurf vor:

VERFASSUNG

des großmächtigen Radauimperiums Hooliganien. Struktur des Imperiums.

§ 1. Das Imperium besteht aus vier Staaten: Hooliganien, Schlammanien, Sumpfonien und Dschungelinien.

§ 2. Hooliganien ist der herrschende Zentralstaat. Er vereinigt die Randstaaten und schreibt ihnen Gesetze und Verwaltungsform vor. § 3. Die Leitung des Imperiums wird Seiner Durchlaucht Kaufi Genialinski, dem mit königlichen Rechten ausgestatteten Diktator, übertragen. Bei seinen Obliegenheiten unterstützen ihn der Rat der Volkskommissare und alle Bürger, die er selbst zu seiner Hilfe bestimmt. Die Verwaltung der Kolonien übernimmt ein Vizegouverneur, den die Zentralregierung des Imperiums — Diktator und Rat der Volkskommissare — ernennt.

§ 4. Die gesamten Streitkräfte des Imperiums (Staatsmiliz, Militär und Kolonialtruppen) sind dem Volkskommissar für Heer und Marine unterstellt.

Das Kommando wird dem Stab in Gestalt des zuständigen Volkskommissars und Chefs der Miliz übertragen.

§ 5. Im Imperium herrscht freie Religionsausübung. Die Regierung (Rat der Volkskommissare) muß klerikal sein. Staatsreligion Hooliganiens ist der Radau. Es wird ein Volkskommissariat für Radauangelegenheiten gegründet. Kommissar ist der eingefleischte Radaubruder Skandale Radaunow.

§ 6. Hauptstadt von Hooliganien ist Hooliganstadt. In ihr befinden sich alle Regierungsorgane des Imperiums sowie die Zentraltruppen. § 7. Die nationalen Rechte der Bürger werden folgendermaßen verteilt: Als alteingesessene Bewohner des Imperiums genießen die Hooliganier sämtliche Rechte. Die Ausländer in den Kolonialstaaten sind ihnen untergeordnet.

§ 8. Bürger von Hooliganstadt kann jeder werden, der sich mindestens seit achtundvierzig Stunden in ihren Mauern aufhält.

§ 9. Alle Bürger des Imperiums — die Hooliganier wie die Bewohner der Kolonien — sind verpflichtet, die Propheten, die Feinde des Imperiums, zu bekämpfen. Wer die Propheten unterstützt, wird als Verräter entlarvt, von der Miliz verhaftet und dem Gericht des Diktators übergeben.

§ 10. Alle Reden und sonstigen Versuche, den Umsturz öder die Untergrabung der augenblicklich bestehenden Staatsordnung herbeizuführen, werden ebenfalls gesetzlich bestraft.