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Regen gab es auch noch, aber die See ging so hoch, daß die hart arbeitenden Matrosen kaum wußten, ob Gischt oder Regen sie bis auf die Haut durchweichte und wie mit Klauen nach den Füßen derer griff, die mit den nassen Segeln kämpften, um sie festzumachen, ehe sie wie Papier von den Rahen gerissen wurden.

Am dritten Tag gelangte Pomfret zu einer Entscheidung: Das Geschwader sollte nördlich von St. Clar beidrehen und den Sturm abwettern; die Hyperion jedoch sollte sich absetzen, auf Südkurs gehen und die Einfahrt des kleinen Hafens sperren, bis das ganze Geschwader einlief. Irgendwo im Norden der Einfahrt stampfte bereits die einsame Fregatte Bat in der hochgehenden See und bemühte sich, die andere Seite der Bucht zu blockieren.

Herrick stieß einen wütenden Fluch aus, denn ein Gischtbrett fegte über die Finknetze, traf ihn ins Gesicht und lief ihm wie eisiger Rauhreif an Bauch und Beinen herab. Je mehr er an Pomfret dachte, um so wütender wurde er. Sobald Herrick versuchte, die Handlungsweise Pomfrets zu analysieren, kam er ihm vor wie damals an Bord der Phalarope: launisch, ausweichend, zu plötzlichen, blinden, unvernünftigen Wutanfällen neigend. Merkwürdig, daß man in der kleinen, klösterlich abgeschlossenen Welt der Kriegsmarine seine alten Feinde nie loswurde, dachte er. Die Freunde jedoch kamen und gingen; selten nur kreuzte man ihren Pfad ein zweites

Mal.

In der vorigen Nacht, als die Matrosen wieder einmal aufgeentert waren, um Segel zu kürzen, hatte Herrick diese Gedanken Bolitho anvertraut. Doch der hatte weder über den Admiral noch über dessen Motive sprechen wollen; und Herrick fand denn auch, daß es unfair von ihm gewesen war, seine eigenen Zweifel auch nur zu erwähnen. Bolitho war ihm ein echter Freund und ein Mann, den er mehr als jeden anderen bewunderte, aber zuerst und vor allem war er Kommandant. Ein Kommandant, den die Last der Verantwortung einsam machte, und der weder Vorzüge noch Schwächen seiner Vorgesetzten mit Untergebenen diskutieren durfte, ganz gleich, was er selbst von ihnen hielt.

Aber Herrick blieb davon überzeugt, daß Pomfret, auch wenn er im Lauf der Jahre dazugelernt haben sollte, einen alten Groll nicht vergaß. Er blieb hart und rücksichtslos, Charakterzüge, die in der Marine ziemlich häufig vorkamen, doch darüber hinaus hegte er die felsenfeste Überzeugung, daß er immer recht hatte und nie etwas falsch machen konnte.

Auf der Reise von England her hatte Herrick gehört, daß Pom-frets künftiger Posten in Neu-Holland eher ein Strafkommando als eine Belohnung war. Der Gedanke hatte sicher etwas für sich, denn es war unwahrscheinlich, daß England im Krieg mit einem so mächtigen Feind wie Frankreich einen Mann von Rang und Erfahrung Pomfrets als Kommandeur einer Sträflingskolonie ans andere Ende der Welt schicken würde — es sei denn, man wollte verhindern, daß er an entscheidenderer Stelle Schaden anrichtete.

Und seine Manie für schriftliche Befehle, seine ständigen Signale, die seinen Untergebenen wenig Raum für Eigeninitiative ließen — all das schien auf einen Mann zu deuten, der fest entschlossen war, sich zu bewähren, und zwar ein- für allemal.

Bestimmt war er ein ausgezeichneter Organisator; selbst Herrick mußte ihm das zugestehen. Während Bolitho fiebernd in seiner Kajüte gelegen und er als Erster Leutnant das Schiff geführt hatte, waren die Beweise dafür augenfällig gewesen. Die Sträflinge arbeiteten an der Ausbesserung der verfallenden Festungsanlagen und bauten einen neuen steinernen Pier; die Soldaten, schwitzend und sonnenverbrannt, wurden unaufhörlich für die Landung in St. Clar gedrillt. Herrick lächelte schadenfroh: im Augenblick mußte die Truppe allerdings zu seekrank sein, um irgend etwas unternehmen zu können; das würde Pomfrets Laune noch verschlechtern. Und dabei war morgen der Tag X. Wenn es das Wetter irgend erlaubte, sollte das Geschwader in die Bucht einlaufen und die Stadt in Besitz nehmen. Und innerhalb einer Woche würde ganz Europa wissen, daß England dem stolzen Erbfeind wiederum einen Schlag versetzt hatte und tatsächlich auf französischem Boden gelandet war.

Hinter sich auf den Planken hörte Herrick Schritte und sah Bo-litho zur Luvreling spähen, das Haar vom Sprühwasser fest an den Kopf geklebt. Anscheinend hatte er nie länger als ein paar Minuten geschlafen, aber Herrick kannte ihn gut genug, um seine ständige Anwesenheit nicht als Mißtrauen aufzufassen. So war er nun einmal, und das würde sich auch nicht ändern.

Bolitho überschrie den Wind:»Schon Land in Sicht?»

Herrick schüttelte den Kopf.»Nein, Sir. Ich habe den Kurs wie befohlen geändert, aber die Sicht beträgt nur noch eine knappe halbe Meile.»

Bolitho nickte.»Kommen Sie in den Kartenraum.»

Nach dem Chaos an Deck schien Herrick der kleine Kartenraum mit dem dunkelpolierten Holz und der kreisenden Laterne eine andere, friedliche Welt zu sein, trotz der arbeitenden Balken und knarrenden Möbel.

Auf die Ellbogen gestützt, sehr nachdenklich, studierte Bolitho die Karte. Mit den Spitzen des Messingstechzirkels tippte er im Takt zu seinen Worten aufs Papier:»Mr. Gossett ist sicher, daß es morgen abflaut, Thomas. Er irrt sich selten.»

Skeptisch studierte Herrick das Gewirr der Kurs- und Peillinien auf der Karte, das nur zu deutlich zeigte, wie schwer sich die Hyperion mit ihrem Auf- und Abpatrouillieren vor der südlichen Einfahrt von St. Clar getan hatte. Die kleine Bucht, an der vor Zeiten ein paar unternehmungslustige Fischer den Ort St. Clar gegründet hatten, war wie von eines Riesen Axt in die Küstenlinie gekerbt. Im Norden und Süden von steilen Vorgebirgen geschützt, war die Einfahrt etwa eine Meile breit und bot auch dem größten Fahrzeug einen geschützten Ankerplatz. Weiter landeinwärts verengte sie sich beträchtlich, bis sie schließlich in die Mündung eines kleinen, aber reißenden Flusses überging, der von den Bergen herunterkam. Der Fluß war zu wenig anderem nütze, als die Stadt in zwei Hälften zu teilen; der nord-südliche Verkehr mußte über eine steinerne Brücke am Ende des Hafens.

Gesäumt wurde die Bucht von ungastlichen Klippen und scharfkantigen Felsen. Somit war der Hafen selbst der einzig sichere Ort für einen Landfall. Doch wenn man dabei auf Widerstand traf, brauchte es zehnmal stärkere Kräfte, als Pomfret zur Verfügung hatte. Und selbst dann konnte alles mit Mißerfolg und beträchtlichen Menschenverlusten enden.

Nachdenklich sagte Bolitho:»Sehr schade, daß wir nicht eher gelandet sind, Thomas. Seit meinen Verhandlungen mit dem Bürgermeister ist über ein Monat vergangen. Der erste konspirative Eifer mag inzwischen abgestumpft sein.»

Herrick grunzte zweifelnd.»Sir Edmund hat ja angeblich dafür gesorgt, daß die Franzmänner uns helfen werden.»

«Vielleicht. Doch immerhin waren sie es, die Verhandlungen begonnen haben, und zwar, damit wir ihnen helfen. Es geht ihnen in erster Linie um die eigenen Interessen, vergessen Sie das nicht. Die wollen doch nicht als Verräter, sondern als Patrioten dastehen, ob der Plan nun so oder so ausgeht.»

Herrick blickte ihn neugierig an.»Halten Sie denn nichts von diesem Plan, Sir?»

«Für unsere Ziele konnten wir uns gar keinen besseren erhoffen. Mit einer solchen zusätzlichen Unterstützung hätte Lord Hood normalerweise nie rechnen können. «Er runzelte die Stirn.»Aber für den Bürgermeister und seine Freunde wird er, fürchte ich, schlimmere Auswirkungen haben als jede Niederlage im Kampf.»

Draußen auf dem Gang näherten sich rasche Schritte, und Mid-shipman Piper rief atemlos:»Captain, Sir! Mr. Caswell läßt respektvoll melden, daß wir ein kleines Boot gesichtet haben!»

Herrick sagte:»Wahrscheinlich Treibgut. Bei diesem Wetter ist bestimmt kein Boot draußen.»

Bolitho lächelte flüchtig.»Das ist Mr. Caswells erste Sichtmeldung als Leutnant. Sie müssen ein bißchen großzügig sein.»

«Wenn Sie meinen, Sir?«grinste Herrick.

Regen und heulender Wind empfing sie an Deck, und Bolitho mußte sich an den Netzen festhalten. Eifrig gegen den Lärm anschreiend, wies Caswell nach Backbord, wo die schaumgekrönten