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Die Anstrengung des Sprechens machte sich bemerkbar, und Rowlstone sah Bolitho mit stummer Warnung an. Doch Bolitho mußte weiterfragen.»Aber warum sind Sie ausgelaufen?»

«Ich gab Ihnen damals mein Wort, capitaine. Wir haben uns gegenseitig etwas versprochen, Sie und ich. Ich dachte, es würde alles sehr schnell gehen, aber Ihr Admiral war anderer Meinung.»

«Wie lange waren Sie auf See?«fragte Bolitho.

Charlois seufzte.»Zwei, drei Tage. Als das Schiff nach St. Clar kam, wußte ich, alles ist aus, und deshalb suchte ich Sie. Aber wir wurden beschossen. Mich trafen sie. «Mit schmerzverzerrtem Gesicht warf er den Kopf auf dem rauhen Kissen hin und her.»Mit uns ist es aus, capitaine!»

«Was für ein Schiff?«Bolitho legte die Hand auf Charlois' Schulter und fühlte das feuchtkalte Fleisch.»Reden Sie, Mann!»

Abgehackt murmelte Charlois:»Sie floh vor dem Sturm… Beschädigt im Kampf mit Ihnen… Die Saphir.»

Traurig blickte Bolitho ihn an. Es war eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet die Saphir, die Bolitho im Gefecht besiegt hatte, so unerwartet in St. Clar erschienen war.

Charlois' Stimme klang jetzt kräftiger.»Ihr Kommandant ist ein kleiner Parvenü. Er verdankt sein Kommando dem Blut seiner Vorgänger, die besser waren als er, aber auf Befehl des Revolutionsrats umgebracht wurden. Er hat schnell gemerkt, daß etwas nicht stimmt, und schickte Kavallerie nach Toulouse. Dort sind viele Soldaten. «Seine Stimme wurde wieder schwächer, sein Atem ging kürzer und rasselte laut in der engen Kabine.»Es ist aus. Das müssen Sie Ihrem Admiral sagen.»

Bolitho blickte zur Seite. Diese endlose, tobende Wasserwüste, die Dunkelheit, die sein Schiff umschloß. Irgendwo, weit im Nordosten, ritt Pomfrets Geschwader den Sturm ab. Die Hyperion würde die ganze Nacht brauchen, um ihn zu finden, vielleicht noch länger. Bis dahin mußte es zu spät sein. Pomfret würde in die Bucht segeln und von der geballten Feuerkraft eines vor Anker liegenden Achtzig-Kanonen-Schiffes empfangen werden. Wahrscheinlich würde auch die Küstenbatterie auf das Geschwader feuern; da ihre Gegenrebellion bereits verloren war, konnten sie nichts anderes tun. Und Pomfret würde stur weiter angreifen, Schiffe und Männer verlieren, die er bitter nötig hatte. Seine Kampfstärke reichte zwar aus, um die Stadt zu besetzen, aber nicht, um sie gegen einen Feind zu verteidigen, der jeden Moment Verstärkung aus Toulouse bekommen konnte. Reiter schafften das in einem Tag, oder in Anbetracht der vom Regen aufgeweichten Wege in einem Tag und einer Nacht, wenn sie scharf ritten. Und das würden sie, dachte er grimmig. Die Garnison von Toulouse bestand aus Berufssoldaten, die dort die Bergstraßen zur spanischen Grenze sicherten. Wie lange würden sie für den Marsch nach St. Clar brauchen? Drei Tage? Wenn die Franzosen in Falmouth gelandet wären — wie lange würden dann englische Truppen brauchen, um sich gegen die Invasoren zu wenden? Nur sehr kurze Zeit.

Gossett hatte ihm versichert, daß der Sturm abflauen würde. Nichts würde also Pomfret aufhalten, und Bolitho hatte keine Zeit, ihn zu suchen.

Charlois sprach weiter:»Sie haben Hafensperren ausgelegt. Glauben Sie mir, capitaine, die sind auf alles vorbereitet!»

«Danke, lieutenant. Seien Sie versichert, daß wir Ihnen das nicht vergessen werden.»

«Zu spät. «Unter ihren Augen schwand Charlois' Leben dahin.»Es hätte gutgehen können, wenn Sie nur rechtzeitig gekommen wären! Aber es gab Zweifler und Ängstliche. Wir brauchten ein Signal, verstehen Sie? Eine Geste des Vertrauens!»

Bolitho trat zurück.»Holt seinen Sohn. Es geht zu Ende mit ihm.»

Sobald der zitternde Junge in die Kajüte geführt wurde, ging Bo-litho hinaus aufs Achterdeck. Der Junge haßte die Engländer, nicht seinen Vater. Es war richtig, daß die beiden jetzt beieinander waren.

Herrick fragte:»Das mit dem Angriff, kann das stimmen?»

Bolitho blickte in den fliegenden Gischt und horchte auf den Wind, der im Rigg heulte.»Halb und halb, Thomas«, erwiderte er.»Die Saphir liegt jedenfalls in St. Clar. Wenn unsere Leute den Hafen zu stürmen versuchen, gibt es ein Blutbad.»

Nachdenklich sagte Herrick:»Dann müssen wir vor der Bucht kreuzen, Sir. So können wir auf das Geschwader stoßen und den Angriff verhindern.»

Bolitho schien laut zu denken.»Ein Signal brauchen sie. Eine Geste des Vertrauens.»

Dann fuhr er herum und packte Herrick beim Arm. Seine Miene war entschlossen.»Und das sollen sie haben! Die Saphir ist mir einmal entwischt, Thomas. Jetzt soll sie uns nicht mehr aufhalten!»

Herrick verstand nicht gleich.»Sie wollen angreifen, Sir?»

Er nickte heftig.»Ja, das will ich! Im Schutze der Dunkelheit und so bald wie möglich.»

Er brach ab, denn der junge Franzose kam an Deck. Er ging mühsam, Allday hatte ihm den Arm um die Schultern gelegt. Für Char-lois war alles vorbei.

Verbittert sagte Bolitho:»Das war ein tapferer Mann, Thomas. Ich habe kein Mitleid mit einem, der sein Leben aus Ehrgeiz einbüßt. Aber ein Mann, der für eine gute Sache stirbt, mag der Erfolg auch noch so ungewiß sein, darf nicht vergessen werden!«Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und starrte zum dunklen

Himmel auf.»Fallen Sie jetzt zwei Strich nach Backbord ab, und setzen Sie einen neuen Kurs auf die südliche Landzunge ab. Dort sind wir geschützter, und bei dieser schlechten Sicht wird man uns nicht bemerken. «Herrick erwiderte:»Das ist gegen den Befehl des Admirals, Sir. «Sekundenlang blickte Bolitho ihn wie abwesend an. Dann antwortete er gepreßt:»Ich gehe ein bißchen auf und ab, Thomas. Stören Sie mich erst, wenn wir eine Meile vor Land sind.»

Regen und Spritzwasser peitschten übers Deck, als die Hyperion sich näher an das im Dunkel liegende Land herankämpfte. Ruhelos marschierte Bolitho in Luv auf und ab, Kinn in der Halsbinde, Hände auf dem Rücken verkrampft. Er war barhäuptig, doch schienen ihm Wind und Wasser nichts auszumachen. Er war mit seinen Gedanken beschäftigt.

In der Offiziersmesse der Hyperion war es feucht und stickig; die schaukelnden Laternen hüllte der Rauch mehrerer Pfeifen ein. Stumm lauschten die Offiziere der ruhigen Stimme ihres Kommandanten. Vor den abgedichteten Heckfenstern schien das Tosen der See schwächer geworden zu sein; jedenfalls waren die Schiffsbewegungen jetzt, da man der Bucht näher und durch die Landzunge vor dem Wind etwas geschützt war, nicht mehr so heftig.

Bolitho stützte sich auf die entrollte Seekarte und blickte in die gespannten Gesichter ringsum. Die Mienen waren so verschieden wie die Männer selbst: einige offensichtlich nervös, andere nur aufgeregt, ohne sich viel dabei zu denken. Manche, darunter Herrick, waren offensichtlich enttäuscht, weil sie an der eigentlichen Aktion erst in der Schlußphase beteiligt sein würden.

Gemessen sagte Bolitho:»Das ist ein Unternehmen für Boote, meine Herren. So muß es auch sein, wenn wir die Chance zur Überraschung haben sollen. «Er blickte auf die Karte, achtete aber nicht auf die gekritzelten Details, sondern prüfte nur sorgfältig, ob er etwas vergessen oder, was noch schlimmer gewesen wäre, nicht ganz genau und vollständig erklärt hatte. Er sprach jetzt rasch.»Wir nehmen die Barkasse, beide Kutter, die Gig und die Jolle. Gesamtstärke: neunzig Offiziere und Matrosen. Bewaffnung: Entermesser und Pistolen, aber letztere nur für die Älteren. Ich will nicht, daß ein Übereifriger vorzeitig losknallt und alles verrät!»

Heiser fragte Gossett:»Sie sagen, am Nordarm der Bucht ist ein Leuchtfeuer, Sir?«Er beugte sich vor und tippte mit der langen

Pfeife auf die Karte.»Hier steht, daß es seit der Kriegserklärung nicht mehr brennt.»

«Ganz recht. «Vor unterdrückter Erregung zitterten Bolitho die Knie.»Das wissen wir, denn wir sahen schon kein Feuer, als wir das erstemal hier waren. Die Franzosen denken vermutlich, daß niemand dumm genug ist, bei Nacht und ohne Leuchtfeuer in die Bucht zu segeln. Aber natürlich trifft das auf uns nicht zu.»