Noch unendlich viele blinde Aliens bezahlten ihr Vortasten in die Luft und ins All zu den Schwesterplaneten mit dem Leben, doch schließlich lernten sie den Flug zu den Sternen, die sie nicht sehen konnten. Unter großen Schwierigkeiten und mit immer weniger Hoffnung suchten sie nach intelligentem Leben, spürten vergebens Planet um Planet auf, bis sie zuletzt den Planeten fanden, auf dem die Beschützer der Ungeborenen lebten.

Die Beschützer… Diese Wesen hatten sich in einer Welt aus flachen, dampfenden Meeren, Sümpfen und Urwäldern entwickelt, in der es, was körperliche Beweglichkeit und Angriffslust anging, keine eindeutige Grenze zwischen tierischem und pflanzlichem Leben gab. Um überhaupt zu überleben, mußte sich eine Lebensform schnell fortbewegen, und die dominante Spezies auf diesem Planeten eroberte sich ihren Platz, indem sie sich mit größerem Überlebenspotential wehrte, fortbewegte und vermehrte als sämtliche anderen Lebensformen.

Schon auf einer sehr frühen Evolutionsstufe hatte sie die große Härte ihrer Umwelt in eine physiologische Form gezwungen, die den lebenswichtigen Organen größtmöglichen Schutz bot. Gehirn, Herz, Lunge, Gebärmutter — sie alle befanden sich tief im äußerst muskulösen, gepanzerten Körper und waren auf ein relativ geringes Volumen zusammengepreßt. Während der Schwangerschaft kam es zu einer beachtlichen Verschiebung der Organe, weil der Embryo vor der Geburt fast bis zur Reife heranwachsen mußte. Es kam nur selten vor, daß einer der Beschützer mehr als drei Geburten überlebte. Ein alternder Elternteil war normalerweise zu schwach, um sich gegen den Angriff des Letztgeborenen zu verteidigen.

Aber der Hauptgrund für den Aufstieg der Beschützer zur dominanten Lebensform des Planeten war, daß die Jungen schon vor der Geburt über Bildung und Erfahrungen mit den Überlebenstechniken verfügten. Am Anfang ihrer Evolution hatte diese Entwicklung auf genetischer Ebene als einfache Vererbung von vielen komplexen Überlebensinstinkten begonnen, aber das enge Nebeneinander der Gehirne des Elternteils und des sich entwickelnden Embryos führte zu einer ähnlichen Wirkung wie bei der Auslösung der mit Gedanken in Verbindung gebrachten elektrochemischen Vorgänge. Die Embryos entwickelten die Fähigkeit zur Telepathie über kurze Strecken und empfingen alles, was das Elternteil sah oder spürte.

Und noch vor dem Wachstumsende des Embryos entstand in diesem der nächste Embryo, der sich ebenfalls in zunehmendem Maße der Welt außerhalb seines selbstbefruchtenden Großelternteils bewußt war.

Schließlich vergrößerte sich die telepathische Reichweite und ermöglichte die Kommunikation zwischen Embryos, deren Elternteile sich in Sichtweite zueinander befanden.

Um die Schäden an den inneren Organen des Elternteils auf ein Minimum zu reduzieren, war der heranwachsende Embryo in der Gebärmutter gelähmt. Durch die vor der Geburt stattfindende Aufhebung der Lähmung verlor der Embryo allerdings sowohl die Intelligenz als auch die Fähigkeit zur Telepathie. Denn ein durch die Fähigkeit zu denken gehandikapter neugeborener Beschützer hätte in seiner unglaublich grausamen Umwelt nicht lange überleben können.

Da sie es mit nichts anderem als dem Gewinnen von Eindrücken der Außenwelt, dem Gedankenaustausch und dem Ausweitungsversuch der telepathischen Reichweite durch den Kontakt mit verschiedenen nichtintelligenten Lebensformen in ihrer Umgebung zu tun hatten, entwickelten die Embryos einen Verstand von großer Kraft und Intelligenz.

Sie konnten jedoch nichts Gegenständliches erschaffen, in irgendeiner Form technische Forschungen betreiben oder überhaupt etwas zur Beeinflussung der Betätigungen ihrer Elternteile oder Beschützer tun, die zur Versorgung der immer wachen Embryokörper und den in ihnen enthaltenen Ungeborenen unaufhörlich kämpfen, töten und fressen mußten.

Das waren die Umstände, als das erste Schiff der blinden Aliens auf dem Planeten der Beschützer landete, und die beiden Spezies gleichzeitig in einen angenehmen geistigen und brutalen körperlichen Kontakt traten.

Es war sofort klar, daß die beiden Lebensformen einander brauchten — die trotz des fehlenden Sinns technisch fortschrittlichen blinden Aliens und die hochintelligente, über die Fähigkeit zur Telepathie in beide Richtungen verfügende Spezies, die in den Körpern ihrer Elternteile eingeschlossen waren, die wiederum nichts anderes als organische Tötungsmaschinen ohne Verstand darstellten. Auf der einen Seite stand also eine Spezies, die lediglich über einen einzigen, wenn auch überentwickelten Sinneskanal verfügte und die Fähigkeit zu Flügen durchs All besaß. Und auf der anderen Seite gab es eine zu jedem Erlebnis und dessen Vermittlung fähige Lebensform, deren Erfahrungen bisher auf wenige Quadratkilometer der Planetenoberfläche beschränkt gewesen waren.

Nach der anfänglichen Euphorie und schweren Opfern unter den blinden Aliens erstellte man kurz- und langfristige Pläne zur Eingliederung der Beschützer in die Zivilisation der Aliens. Anfangs besaßen die blinden Wesen zwar nicht besonders viele Raumschiffe, doch schon bald nahmen sie ein Bauvorhaben für Schiffe mit Hyperraumantrieb in Angriff, mit denen die Beschützer zum Alienplaneten transportiert werden konnten. Obwohl dort nicht so rauhe Lebensbedingungen herrschten wie auf deren Heimatplaneten, war die Oberfläche noch vollkommen naturbelassen, weil die blinden Aliens lieber unter der Erde lebten. Die Beschützer sollten auf diesem Planeten also über den unterirdischen Städten der Aliens leben und die einheimischen Tiere jagen und töten, während ihre telepathischen Embryos das Wissen der unter ihnen wohnenden Stadtbewohner aufnehmen und diesen als Gegenleistung zeigen würden, was es hieß, zum erstenmal Tiere und Pflanzen und den Himmel mit der Sonne, den Sternen und den sich ständig ändernden Witterungsverhältnissen zu sehen.

Viel später, wenn sich die Beschützer auf dem Alienplaneten reinrassig fortpflanzen würden, wollte man auf den Hyperantriebsschiffen eine kleine Anzahl von ihnen zur räumlichen Ausweitung der Forschungsflüge und der Suche nach weiteren vernunftbegabten Lebewesen einsetzen. Aber erst einmal benötigten die blinden Aliens die Beschützer als Augen und brachten deshalb jeweils zwei von ihnen zur Zeit mit speziell gebauten Transportern auf ihren Planeten.

Das war ein außerordentlich gefährliches Unterfangen, bei dem dann auch viele Schiffe verlorengingen, was mit ziemlicher Sicherheit an Ausbrüchen der Beschützer aus den Käfigen und dem daraus resultierenden Tod der Alienbesatzung lag. Der größte Verlust waren bei so einem Vorfall jedoch die ausgebrochenen Beschützer und die wertvollen ungeborenen Telepathen.

Im von der Rhabwar untersuchten Fall war einer der Beschützer aus dem Käfiggang ausgebrochen und hatte trotz der fehlenden, weil lebensnotwendigen Schläge und Stöße des Lebenserhaltungssystems das Bewußtsein nicht verloren. Vorher tötete er noch ein Besatzungsmitglied und danach auch den zweiten, seinem Kollegen zu Hilfe eilenden Alien, mit dessen Stachel sich der FSOJ dann jedoch versehentlich selbst umbrachte.

Aber dieser Alien konnte vor dem Tod noch die Notsignalbake aussetzen und den Mechanismus des Käfiggangs abschalten, damit der überlebende Beschützer bewußtlos wurde und für zukünftige Retter bis zu deren Aufklärung durch den telepathischen Embryo keine Gefahr bestand.

Doch leider waren dem blinden Alien zwei Fehler unterlaufen, die man ihm allerdings beide nicht vorwerfen konnte. Erstens hatte er vorausgesetzt alle Spezies könnten ebenso leicht telepathischen Kontakt mit dem Embryo aufnehmen wie seine eigene, und zweitens war er davon ausgegangen, der Embryo würde auch nach eingetretener Bewußtlosigkeit des Beschützers bei Bewußtsein bleiben… Die große Informationsflut, die die ganze Zeit in die Gehirne der Rettungsmannschaft geströmt war, verringerte sich jetzt allmählich und wurde zu einem klaren, schmalen und mehr speziellen als allgemeinen Mitteilungsfluß.