Monja meinte, dass er schon zu viel Geld in diese Messereise investierte, um noch Zeit für Mittagessen zu verlieren, deshalb aßen sie nur morgens und abends. Das war zum Bersten! Monja versuchte sich beim Frühstück vollzustopfen, was Frau Müller nicht gerade glücklich machte. Sie erlebte noch nie einen Gast, der wie eine Heuschrecke alles ausfraß. Das Frühstück reichte aber nicht für den ganzen Tag und Monja musste ständig Arznei gegen Magenschmerzen schlucken. Abends besuchten sie ein Restaurant, wo sie ein wunderschönes Bier Martin Luther entdeckten und wo die Portionen besonders groß waren. Monjas Frau gesellte dann zu ihnen. Nach dem Lauf durch das Messegelände mit Monja am ersten Tag, verzichtete sie auf weitere Messebesuche und untersuchte Frankfurter Modeladen, wo sie das Sammelsurium kaufte und frönte der Mode. In Restaurant stopften sie alle sich wieder voll.
Einmal luden sie zum Abendessen eine französische Redakteurin. Die Dame stammte von russischen Emigranten der Ersten Welle, sprach ein interessantes Russisch und leitete die Abteilung für Osteuropäische Literatur. Während des Essens erzählte die Dame, dass ihre Abteilung für fünf Bücher verantwortlich war. Monja verkündete stolz, dass er dreißig Bücher veröffentlichte. Tomek sah, dass etwas mit der Aussage der Dame nicht stimmte. Sie fragte, ob die Dame fünf Bücher im Monat meinte. Die Dame wurde schockiert. Natürlich nicht, in einem Jahr! Die Dame konnte nicht glauben, dass Gamaün dreißig Bücher monatlich herausgab. Dann entschuldigte sich Tomek und fragte die Dame nach ihren Lohn. Die Dame verzieh diesen wilden Russen unangemessene Frage und nannte die Zahl, die zehnfach größer war, als Tomek für ihre ganze Redaktion bekam. Monja war sehr irritiert und sagte, dass die verfluchten Kapitalisten so was sich leisten konnten, weil sie Bücher so teuer verkauften. Tomek konterte, dass Bücher im Westen fünffach teurer waren, als in Russland, so sollte ihr Lohn mindestens zweimal höher sein. Monja antwortete, dass sie ruhig träumen könnte. Der Abend war endgültig verdorben. XXXXXX XXXX XX XXXX XX XX XXXXXX XXXXXXX XX XXXXXXXX XX XXXXX XXXXX.
Sie kehrten nach Rostow mit allem Pipapo zurück. Tomek brachte als Souvenir eine Packung von Zahnpaste mit, Monja – einen Bierdeckel (er bevorzugte Souvenirs, die man umsonst bekommen konnte) und Monjas Frau – einen Nerzmantel. Doch das Gespräch mit französischer Redakteurin war nicht umsonst. Jetzt war Monja total überzeugt, dass er zu viel Geld für Redaktion ausgab. Er begann intensiv listige Pläne zu schmieden, wie die Gehalte der Redaktion mindestens zu halbieren, und er war findig. Monja lag fest, dass die ganze Ausgabe in drei Monaten ausverkaufen sollte. Im anderen Fall sollte die Redaktion Geld einbüßen. Tomek versuchte ihm zu erklären, dass ohne Werbung so was unmöglich wäre, aber Monja sagte, dass ein Buch sich von selbst verkaufen sollte. Er ist doch nicht blöd, um für Werbung sein Geld wegzuschmeißen. Stattdessen erarbeitete er ein raffiniertes Strafensystem.
Eigentlich realisierte Monja damit nur seine letzte Sucht, dass ihm übrig blieb. Er interessierte sich nicht mehr für Frauen, er hatte schon genug Geld, zu seiner Enttäuschung merkte er, dass er als Redakteur auch nicht arbeiten konnte. Ihm blieb nur eine Leidenschaft – seine Untergebene ums Geld zu betrügen. Wenn es ihm gelang, einem Mitarbeiter den Lohn zu reduzieren, dann war er glücklich und witzig, wie in seinen jüngeren Jahren. Wenn nicht – war er trüb und launisch. Es war für Monja schmeichelhaft, dass ein Doktor für ihn arbeitete und er verstand irgendwie (Monja war nicht dumm), dass mit Tomek er sich irgendwie anders benehmen sollte, aber man muss doch seinen Spaß haben!
Tomek brauchte es nicht, erlesene statistische Methoden zu benutzen, um im Voraus zu erkennen, wann ihr Gehalt der Null gleich sein würde. Sie entschied sich, bis zu diesem Moment zu arbeiten und dann zu kündigen. Ihrer Berechtigungen nach hatte sie nur noch zehn Monaten vor sich. Und danach – Gehabe dich wohl! Ganz unerwartet schickte Monja sie nach Israel, um an einer Buchmesse, die Universität zu Tel-Aviv veranstaltete, teilzunehmen.
Tomek stieg aus dem Flugzeug aus und fiel fast in Ohnmacht. In der Stadt herrschte Chamsin. Die Hitze war sogar für Tomek unerträglich, die in Rostow 40 °C schon einige Male erlebte. Sie lief aus Leibeskräften zum Flughafen, in Frische der Airconditioner. Sie wurde von einem Mann namens Wowa empfangen, den sie in Rostow kennenlernte. Wowa verkaufte Bücher von Gamaün Verlag in Israel. Er lud sie in seiner Kleinbus ein, wo es auch ein Airconditioner gab. Monja verärgerte Wowa, indem er ihm Bücher zu teuer verkaufte, als Rache dafür buchte Wowa für Tomek das teuerste Hotel in Herzlia-Pituach — Marine Heights Suites. Tomek wohnte noch nie in einem Suite mit zwei Ebenen. Sie war beeindruckt. In der erste Ebene fand Tomek viele verschiedene Einschalter und Displays mit unbekannten Funktionen. Sie schaltete einige ein und dann passierte nichts. Enttäuscht ging Tomek in ein Café, weil sie sehr hungrig war. Sie aß zum ersten Mal koscher, konnte aber keinen Unterschied von unkoscherem Essen fühlen. Als sie zurückkam und versuchte sich zu duschen, entdeckte sie, dass es kein heißes Wasser gab. Es war etwas erstaunlich, aber sie war in Rostow daran gewöhnt, dass man sehr oft überhaupt kein Wasser hatte. So duschte sie sich in kaltem Wasser. Am nächsten Tag gab es wieder kein heißes Wasser und übermorgen auch. Jetzt war Tomek verärgert. Das Hotel war nicht gerade billig und sie hatte kein heißes Wasser? Sie kam zur Rezeption und fragte, warum bei ihr kein heißes Wasser gab. Als erstes entdeckte sie, dass man sie nicht verstehen konnte. Sie sprach gehobenes Englisch, was für Rezeptionisten vielleicht zu hoch war. Tomek löste das Problem mit der Zeichnung, obwohl auch nicht gleich, weil sie scheußlich zeichnete. Dann entdeckte sie als zweites, dass das, was sie malte, nicht existieren konnte, wie das die Rezeptionistin behauptete. Sie rief den Hausmeister, der eine halbe Stunde im Tomeks Apartment nach der Ursache suchte, als er zufällig bemerkte die Einschalter, mit denen Tomek vor drei Tagen spielte. Er sagte, dass Tomek selbst heißes Wasser ausgeschaltete.
Tomek kam nach Israel am Donnerstag. Sie wusste, dass am nächsten Tag Schabbat sein sollte und alle Läden geschlossen werden, so bat sie Wowa, sie zu einem Supermarkt zu kutschieren. Dort kaufte sie überwiegend Früchte, die alle für sie exotisch und verlockend aussahen. Am Freitag erfuhr sie, dass ihre Ängste umsonst waren – alle Läden, die „Russen“ gehörten, waren am Schabbat geöffnet, genauso wie Cafés und Kneipen. XXXX XX XX XXXX XXXXX XXXXX.
Die Stadt erwachte zum Leben um einundzwanzig Uhr. Es wurde angenehm kühl und alle liefen draußen oder saßen in unzähligen Cafés. Es war erstaunlich, dass kleine Kinder bis Mitternacht wach blieben und dass es niemanden störte. Tomek war überrascht und bezaubert von Ungezwungenheit der Israeliten (sie fragte sich, wann sie eigentlich schlafen, weil es keine Siesta in Israel gibt). Sie saß in einem Café und trank Wein (sie schätzte israelische Weine, doch kein Bier). Ein Kind in weißem Kleid lief neben ihr, dann plötzlich lag es sich auf den Boden hin. Die neben sitzende Mutter hatte nichts dagegen. Tomek versuchte die Mutter aufmerksam zu machen, dass Kind in weißem Kleid auf dem Boden lag. In Russland wäre es eine Tragödie. Die israelische Mutter sagte aber Na und? Es liegt halt! Wennschon, dennschon!
Die meisten Menschen waren gut gelaunt, lachten laut und scherzten. Tomek fragte sich, wie es nur möglich sein könnte. Sie ging durch die Allenby Straße in Tel-Aviv spazieren, neben dem Club, wo vor vier Tagen ein Selbstmordattentat passierte. Der Club war schon renoviert und da drinnen waren Leute, die tanzten und lachten. Wie konnten sie das? Einmal ließ Tomek ihre Tasche auf der Bank liegen und machte zwei Schritte weg. Gleich kamen zwei Polizisten und fragten, wem die Tasche gehört. Sie erteilten ihr einen Verweis, dass man keine Tasche ohne Beaufsichtigung lassen durfte. Die Bevölkerung war immer bereit zu Selbstmordattentaten, Raketenangriffen, Tod. Vielleicht waren Menschen hier schon seit vielen Jahren zu müde, um so was zu befürchten.