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Tomek nahm an einer Exkursion nach Totem Meer teil. Unterwegs besichtigten sie auch andere Sehenswürdigkeiten. Sie lief durch Via Dolorosa, stand unter Klagemauer und kam endlich nach Kumran. Tomek frappierte den Unterschied zwischen arabischen und israelischen Siedlungen. Manchmal lagen zwischen ihnen nur hunderte Meter, aber es sah so aus, als ob es nicht nur Meter, sondern Jahrhunderte waren.

Die Buchmesse fand an dem Unigelände statt. Zu Besonderheiten der Messe gehörte die Möglichkeit dort gleich Bücher zu verkaufen und Wowa nutzte diese Gelegenheit. Es gab viele russischsprachige Studenten an der Tel-Aviver Uni, die mit Vergnügen Lehrbücher auf Russisch kauften, die darüber hinaus noch zwanzig oder sogar fünfzig Mal billiger als Bücher auf Englisch waren. Wowa war mit seinen kommerziellen Ergebnissen so zufrieden, dass er für Tomek die Abschiedsparty zu organisieren versprach.

Tomek lernte die Kuratorin der Messe kennen – Belinda, die aus Süd Afrika nach Israel immigrierte. Sie verstanden sich gleich gut. Eines Abends lud Belinda Tomek und noch einen englischen Verleger in ein Restaurant ein. Sie besprachen die Besonderheiten des Buchherausgebens in ihren Ländern. Der Abend würde für Tomek ganz angenehm, hätte der Engländer nicht so stark gestottert, dass es fast unmöglich war, ihn zu verstehen. Beide Damen sprachen dagegen sehr schnell und sie versuchten immer die Sätze von Engländer für ihn im Voraus zu beenden. Zuerst ärgerte es ihn, dann fand er es lustig und der Abend wurde gerettet. Als sie aus das Restaurant zurückkamen, fragte Belinda Tomek, ob sie nach Israel aussiedeln wollte. Tomek antwortete, dass sie noch nie daran dachte, aber das Land gefiel ihr. Sie fügte hinzu, dass besonders gefiel ihr Herzlia-Pituach. Belinda lachte und sagte, dass ihr die Stadt auch gefiel, doch sie würden dort nie wohnen, weil das billigste Haus dort über eine Million Dollar kostet. Die beide tauschte ihre Visitenkarten aus und versprachen einander im Kontakt zu bleiben.

Wowa sagte, dass er neben großem Cañon wohnte und Tomek erwartete eine gewaltige Schlucht zu Gesicht zu bekommen. Als sie keine sah, fragte sie Wowa, wo diese sich befand. Wowa lachte und wies auf ein großes Gebäude hin. Man nennt ein Supermarkt in Israel Cañon. Außer verschiedenen Läden gibt es dort noch Cafés, Restaurants und Kinos. Zuerst waren sie aber bei Wowas Mutter, die in einem Mehrfamilienhaus wohnte. Man zeigte Tomek Luftschutzräume, die jede einzelne Wohnung besaß, und da drin gaben auch Gasmasken... Tomek hatte ein mulmiges Gefühl, als sie in diesem Luftschutzraum stand.

Wowa wohnte am Rande der Stadt, hinter dem Haus begann schon die Wüste. Man arrangierte Essen im Hof. Es war April und am Abend ging die Hitze weg. Wowas Familie war sehr freundlich und nach einiger Flaschen Wein erzählten sie Tomek ihre Lebensgeschichte.

Wowa war ein Eisenbahningenieur von Beruf und arbeitete bei der Bahn in Rostow. Als sie nach Israel immigrierten, konnte er solche Arbeit nicht finden, weil damals Eisenbahn in Israel fast stillgelegt war. So begann er zuerst als Lkw-Fahrer zu arbeiten. Er lieferte Milch und Milchprodukte für verschiedene Läden mit noch einem Lkw-Fahrer zusammen. Dieser Fahrer war in Israel geboren und nannte sich Tzabar. Schon in erster Woche stellte Wowa fest, dass dieser Tzabar eine originelle Methode der Lagerung von zu transportierenden Waren benutzte. Wegen dieser Methode mussten sie bei jeder Lieferung den ganzen Lkw zuerst ausladen und dann wieder aufladen. In Russland war es für Wowa gewöhnlich, Verbesserungsvorschlägen immer einzubringen, was er auch in Israel zu tun versuchte und lernte gleich, dass in Länder des klassischen Kapitalismus jeder seinen Platz gut kennen musste. Der Tzabar erzählte ihm, dass sein Großvater genauso machte, danach sein Vater und er konnte überhaupt keinen Sinn finden, etwas zu ändern. Man sollte sich doch vorstellen, dass Wowa noch kein Ivrit konnte, und Tzabar beherrschte nur die Reste von Polnisch seines Opas. Die Diskussion war sehr lebhaft, aber nicht produktiv. Wowas Verbesserungsvorschlag wurde abgelehnt.

Wowa verstand, dass er ohne Sprache weiter nicht kommen konnte und begann den Ulpan – Ivritsprachkurs, zu besuchen. Die progressiven Methoden, die man dort benutzte, beeindruckte ihn sehr. Die Lehrerin konnte kein Wort auf Russisch und die Studierende konnte noch nicht hebräisches Alphabet und sogar später, als ihnen das Alphabet schon bekannt war, gab es für sie keine Möglichkeiten, das gewünschte Wort im Wörterbuch zu finden, weil das Lesen auf Ivrit eine besondere Kunst ist. So versuchte die Lehrerin jedes Wort mit Hilfe Gestik und Pantomime zu erklären, was sehr lustig war, aber nicht ausgesprochen resultativ und nahm zu viel Zeit in Anspruch. Manchmal errieten die Studierenden das Wort, manchmal tippten sie daneben. So verbesserte Ulpan Wowas Ivritkenntnisse nur sehr wenig.

Nach dem Ulpan entschied Wowa seinen Schicksal selbst zu steuern und öffnete einen Laden, wo man russische Bücher und DVDs kaufen konnte. Er rief seinen Bekannten Monja Feldmann an, um die Lieferung der Bücher zu vereinbaren. Als er seinen Container mit Bücher und DVDs bekam, war er über Monjas Geschmack verblüfft. Solche Bücher würde er sogar im Alptraum nicht auswählen. Besonders gefiel ihm, dass Monja eine große Menge von christlichen Gebetbüchern schickte, wissend, dass alle Kunden von Wowa Juden waren. Danach wurde Wowa gezwungen, selbst nach Rostow zu fliegen, um Bücher auszuwählen.

Unterdessen immigrierten viele Wowas Verwandte und Freunde nach Israel. Sie alle, um etwas Geld zu sparen, mieteten keine Wohnungen, sondern stationierten bei Wowa, manchmal bis zu einem Jahr. Natürlich bezahlten sie Wowa nicht und aßen sogar auf Wowas Kosten. Dazu kaufte Wowa noch ihnen Handys. Mehrere von ihnen taten später, als sie in ihre eigenen Wohnungen eingezogen waren, als ob sie Wowa nie kannten.

Zuerst kamen Wowas Schwägerin samt ihrem Mann. Sie trieben früher in Rostow Handel mit Bananen, gingen aber Pleite, als die großen Handelsketten in Russland entstanden. Wowa war mit seinem Schwager befreundet. Der Letzte mochte es, Wowa betrunken zu machen. Einmal in diesem Zustand fuhren sie mit Wowas Auto (das war noch in Rostow) durch die Stadt spazieren. Wowa war total blau und lag bewusstlos am hinteren Sitzt, so fuhr das Auto der Schwager. Auf einmal wurde es zu viel Laternen auf rostower Straßen und sie begannen quer die Straße liefen. Schwager war nicht so gut bei Slalom, er fuhr gerade auf eine Laterne zu. Durch die Wucht des Anstoßes wurde der Wagen total beschädigt. Der Schwager setzte Wowa auf Fahrerplatz und als Wowa zu sich kam, erklärte er ihm, dass Wowa die Havarie verursachte. Die entstandenen Kosten musste Wowa natürlich selbst tragen. Wowa ahnte irgendwie, dass sein Schwager das Auto fuhr, war aber zu schüchtern, um ihn danach zu fragen. Ansonsten waren sie gute Freunde.

 Die liebe Familie wohnten bei Wowa in Israel die ganze zwei Jahren. Weil die beide Diplome in Elektronik hatten, fanden sie schnell gute Arbeit. Sie blieben bei Wowa so lange, weil sie Geld für ihr eigenes Haus sparen wollten. Dann kauften sie ein zweistöckiges Haus und ein Auto. Der Schwager mochte es jetzt, Wowa einzuladen und ihm zu erzählen, dass er nicht so lange, wie Wowa, in Israel lebte, aber er hatte schon ein besseres Haus und ein besseres Auto. Was das Auto betraf, so war es nicht schwierig, ein Besseres zu haben, weil Wowa ein gebrauchtes Auto hatte, das durch Hagel beschädigt war. Eigentlich ist Hagel in Israel genau so selten, wie Chamsin in Deutschland. Wowa und seine Frau saßen auf lederner Couch, die nicht ihnen gehörte, und hörte stundenlang zu, wie ihr erfolgreich Schwager in Israel war. Abgesehen davon waren sie gute Freunde. XXXXX XXXXX XXXX XXXX XX XX XX XXX X XXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXX XXXXX XXXX XXX XXX XXXX XXXXXXX XXXXXXX.

Die nächste Familie, die bei Wowa wohnte, waren seine Freunde aus Rostow. Sie blieben bei Wowa gar nicht so lange – nur ein Jahr. Sie gaben Wowa auch kein Geld, bekamen Handys und Wowa bürgte sogar für sie bei der Bank. In Israel, genau wie in Russland, wohnen Menschen in Eigentumswohnungen. Man muss bemerken, dass die Immobilienpreise in Israel fast die höchste in der Welt sind. Man nimmt dafür einen Hypothekarkredit auf, aber jemand muss Bürgschaft hinterlegen. Man zahlt diesen Hypothekarkredit dann zwanzig-dreißig Jahre zurück, andernfalls übernimmt die Bank diese Wohnung. Wowas Freunde kauften sich eine Wohnung und drei Jahre später verkauften sie die und kehrten mit dem Geld nach Russland zurück. Ihren Hypothekarkredit bezahlte Wowa. Sie blieben aber Freunde und Wowa besuchte sie in Russland. Es gab noch weitere Freunde und Verwandten, die bei Wowa wohnten, aber es waren immer die gleichen Geschichten. XXXXXX XXXXXX XXXXXX XXX XXXX XXXX XXX.