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Rafail hört plötzlich hinter sich leichte Schritte. Er will schon zurückschauen, als etwas Hartes tritt ihn gewaltig ins Genick. Rafail versucht wegzulaufen, doch er sieht nichts mehr. Ihm ist schwarz in den Augen. Er füllt seine Beine und Hände nicht mehr. Ihm wird schwindlig. Als Letztes hört er eine krächzende Krähe und dann eine totale Stille hüllt ihn um.

Rafail ist tot, mausetot.

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Lufthansa´s Flugzeug landet an dem internationalen Flughafen von Rostow-am-Don. Man bringt Passagieren zum Passkontrolle. Junger Grenzsoldat prüft aufmerksam den Reisepass von Rafail Altmayer. Er blättert den Pass schon zum zweiten Mal. Hinter Rafail stehen noch viele Leute Schlange. Grenzsoldat geniest seine Macht. Er hat es nicht eilig. Letztendlich gibt er den Reisepass zurück.

Im Flughafen wartet auf Rafail seine Mutter. Er bat sie zu Hause bleiben, aber sie will auf gar keinen Fall so lange warten. Sie wartet ungeduldig auf ihn. Ihr Herz pocht. Ihre Hände zittern. Es ist lange her, als sie ihren Lieblingsburschen sah. Sie kann verständlicherweise mit wenig vorliebnehmen, aber im Moment flüstert sie vor sich her – na, komm doch; spute dich... Jetzt strömen die ersten Passagiere durch das Tor. Sie wartet. Jetzt kommt niemand mehr. Aufgeregt läuft sie zum Auskunftsbüroschalter. Sie wurde gesagt, dass Lufthansa´s Flugzeug gelandet ist und dass Rafail Altmayer am Bord war. Ja, aber ich bin ihm nicht begegnet - sagte sie.

Dann hörte sie, wie man sagt - Das ist Ihr Problem. Wenn beliebt, dürfen Sie Polizei benachrichtigen.

Rafail´s Mutter kehrt weinend nach Hause zurück. Sie weiß schon genau, dass sie ihren Sohn nie wiedersehen wird. Rafail ist verschwunden. Für immer und ewig.

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Ich gehe schon wieder durch die Straßen meiner Heimatstadt. Gott beschütze und segne Google wegen Street View!

Ich gehe langsam Mineralowodskay Straße entlang. Hier wohnte ich in meiner Kindheit. Ein altes grünes Holzhaus. Das kaufte mein Großgroßvater gerade vor der Revolution. Er wollte etwas Größeres und Anständiges im Zentrum von Rostow-am-Don kaufen, aber Inflation war schon begonnen. So konnte er nur diese Bude am Stadtrand, in armer Siedlung der Eisenbahnarbeiter in die Hände kriegen. Das alles erzählte mir meine Großgroßmutter. Von ihr wusste ich auch, dass man in Rostower Restaurants sehr köstlich essen konnte. Vor der Revolution, versteht sich. So köstlich wie nie danach. Und niemals mehr.

Eigentlich, hasste Großgroßmutter meine Großmutter und mit ihr unsere ganze Familie, mich inklusive. Aber die platte Wahrheit bestand darin, dass ich immerhin der einzige war, der ihren Erzählungen zuhören wollte.

XXX XX XXXXXX XXX XXXXXXXXX XXXXXXXXXXXX XXX XXX XX XX XXXXXXXX XXX XXX XXXXXXXXXX XXX XXXXXXXX XXXXX XX XX XXX XX XXXX XXXX XXXX XX. Ich gehe weiter. Diese engen Straßen kenne ich aus dem Effeff. Ein reicher Alkoholiker war der Besitzer des zweistöckigen Hauses. Er vermietete Grundgeschoss an verschiedenen Leuten. Alkoholiker machte Hof meiner Oma und schenkte ihr kleine schöne Uhr. Er wollte sie heiraten, sie aber nicht. Das verstand ich damals überhaupt nicht und war meiner Oma böse. Sein riesiges Haus aus rotem Backstein gefiel mir so sehr!

Ich gehe weiter bis zur Besymjannyj Gasse. Die ist mit Kopfstein gepflastert und geht steil hoch. Wenn es regnet, kann man sie wegen gewaltigen Wasserstroms nicht überqueren. Ich steige langsam hoch bis zum Pionerskyj Garten...

Etwas stört mich. Etwas Unangenehmes. Ich sah jemanden gestern im Kaufland. Sehr flüchtig, aber das Gefühl war so unheimlich... Wer war das? Ich kann mich nicht so richtig daran erinnern.

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Alina ruft mich. Essen steht schon bereit auf dem Tisch. Heute haben wir „макароны по-флотски“ (Makkaroni po-flotski). Wir essen dieses Gericht ein oder zweimal pro Jahr. Eigentlich ist es nicht so kompliziert, so was zuzubereiten. Man braucht, versteht sich, Makkaroni, am besten aus hartem Weizen und dazu Hackfleisch (Mischung aus Schwein und Rindfleisch). Es ist wohl bekannt, dass Russisch viele deutsche Worte benutzt. Dafür sind Peter der Große und Katharina der Zweite verantwortlich. Allerdings unterscheidet sich die Bedeutung der Wörter manchmal gewaltig. Zum Beispiel, man hat im Russischen das Wort Farsch, benutzt diesen Begriff aber nicht nur für gehackten Fisch, sondern auch für gehacktes Fleisch.

Also, man muss Hackfleisch mit klein geschnittenem Zwiebel auf der Pfanne braten und danach zusammen mit tafelfertigen gekochten Makkaroni gründlich mischen. So machte es Marineköche schon zur Zarenzeit. Weil sie es bevorzugten, etwas am Hackfleisch zu sparen, erweckte man Aufstand der Besatzung des Panzerkreuzers Potömkin.

Solch ein schicksalsträchtiger Fehler macht Alina nicht. Bekanntlich, versteckt sich der Teufel in Details. Umständehalber nimmt man zusätzlich zur Zwiebel noch Pastinake, Dill, Sellerie (geschnittene Knolle und Blätter), Knoblauch, gebratene Tomaten, Petersilie, Pfeffer, Muskatnuss, Ingwer, Basilikum. Ein wenig Walnussessig schadet dem Gericht auch nicht.

Wir genießen Makkaroni po-flotski mit gutem deutschem Bier. Hier sind wir nicht einig. Ich bestehe darauf, dass zu Makkaroni po-flotski eher Leikeim Kellerbier passen würde. Alina meint, dass Köstrizer Schwarzbier genau das richtige sei.

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Nina Bontschuk kommt nach Hause. Ihr Gang ist sehr verlangsamt. Sie leidet an schwere Varikose der Extremitäten. Ihre Beine sind geschwollen. Sie hatte heute einen Streit mit dem Chef. Er wollte sie dazu zwingen, wichtige Finanzdokumente zu falsifizieren – sie arbeitet als Buchhalterin. Sie sagte ihm, dass das mit ihr nicht geht. Das kommt überhaupt nicht in die Tüte. Er gab ihr Zeit bis Morgen, um alles noch mal zu überdenken, oder er würde sie suspendieren. Sie will das nicht tun, aber ihre Familie braucht doch Geld. Das alles macht ihr zu schaffen.

Sie fährt mit Buslinie 52. Heutzutage ist es ganz mühelos, mit dem Bus zu fahren. Sie erinnert noch an die Zeiten, als man stundenlang auf Busse warten musste und die waren immer vollgestopft. Jetzt gibt es viele Busse. Man kauft sie in Deutschland. Leider sind gebrauchte Waren bevorzugt: Aircondition funktioniert überhaupt nicht. Alle Fenster und Lücken sind zusammengeschweißt. In Rostow, im Sommer, wenn es im Schatten 38° ist... Nina schwitzt. Ihr Kleid ist klatsch nass und klebt am Sitzplatz des Buses. Alle anderen Passagiere schwitzen auch. Es stinkt gewaltig im Bus.

Nina nimmt den Geruch nicht wahr. Schweiß läuft ihr in Augen, sie merkt das aber nicht. Sie denkt an früheren Zeiten. Sie arbeitete damals in einem Projektinstitut. Sie leitete eine kleine Gruppe. Weil sie ihre Diplomarbeit auf Englisch schrieb, bekam sie zusätzlich zu ihrem Gehalt ganze zehn Rubel und alle waren neidisch. Von Wegen! Was für eine Zeit ... Perestroika zerstörte alles.

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Projektinstitut wurde geschlossen. Sie war arbeitslos. Es gab überhaupt keine Arbeit. Niemand brauchte Bauingenieure. Sie versuchte neuen Beruf zu erlernen und landete in einer Privathochschule. In neuen Monaten wurde sie zu Buchhalterin. Sie hasste Buchhaltung. Ah, wie schön sagt man - jeder muss sein Los tragen.

Fast in allen Bussen sieht man die gleichen Aufkleber. Auf roter glänzender Folie steht folgendes geschrieben – Ich wurde mein ganzes Leben vom Glück verfolgt, aber ich war immer schneller. Nina hat die Anschrift fotografiert und im Internet übersetzt. Deutsch ist ihr fremd. Dann sagte sie ehe zu sich selbst - Das ist mein Leben. Sie beliebt zu scherzen.