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Es gibt drei Verfahren für die Benutzung des Lügendetektors. Im ersten Fall – Kontrollfragentest – stellt man zuerst die Fragen, ob man den Verbrechen beging und danach die Fragen, die indirekt mit der Tat verbunden sind. Man geht davon aus, dass bei fälschlich Verdächtigtem die indirekten Fragen die größere Reaktion verursachen, als beim echten Täter.

Im zweiten Fall – Direktlügentest – muss der Verdächtigte zuerst mit den Lügen auf die Fragen antworten und danach mit der Wahrheit. Man geht davon aus, dass man alle andere Antworten mit diesen Basisantworten vergleichen kann und so echten Täter ertappen.

Im dritten Fall – Tatwissenstest – fragt man nicht, ob der Verdächtigte die Tat beging, aber was er über die Tat weiß. Man geht davon aus, dass man so den Täter entlarven kann, wenn er Details über die Straftat preisgibt, die nur der echte Täter wissen könnte.

Existiert irgendein Beweis, dass Lügendetektor in der Tat fähig ist, die Lüge zu erkennen? Nein. Das Gerät messt nur Herzschlag, Blutdruck, Respiration und galvanische Hautreaktion. Die Voraussetzung ist, dass eine trainierte Person diese physiologischen Signale richtig interpretieren könnte und Wahrheit von Lüge unterscheiden könnte. Gibt es aber nur eine vertrauenswürdige wissenschaftliche Studie, die den Zusammenhang zwischen physiologische Reaktionen und Lügen beweist? Auch nein. Gibt es eine zuverlässige wissenschaftliche Studie, die beweist, dass Lügendetektorexperten besser Lügen erkennen können, als nicht Lügendetektorexperten, die andere Methoden praktizieren? Nein. Es existieren in der Welt keine Geräte und keine Experten, die zuverlässig Lügen erkennen können.

Der Grund des Glaubens an Lügendetektor ist die pragmatische Verirrung - „das funktioniert“. Man erzählt von vielen Fällen, wo Lügendetektor „funktionierte“. Man hat sogar Statistiken, aber man denkt irrtümlich – Korrelation beweist ursächlichen Zusammenhang nicht. Das ist Pseudowissenschaft.

Nach dieser Einführung in die Theorie des Polygraphs erzähle ich von einem Freund, Stas Arnowskij, der sich vor einiger Zeit mit dieser Frage beschäftigt war. Wir waren mit Stas Kommilitonen und ehe gute Bekannte als Freunde. Stas war älter als andere Studenten, er studierte nach seinem Militärdienst. Er promovierte und arbeitete an der Rostower Uni. Einmal kam ich auf einen Sprung in sein Labor. Damals herrschte noch Steinzeit, d. h., Computerspiele konnte man auf einer Audiokassette speichern und auf einem aus DDR stammenden Robotron Computer abspielen. Ich tauschte mit Stas diese Kassetten.

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Stas war allein in Labor und bastelte, wie gewöhnlich, ein neues Gerät. Er verstand etwas von Elektronik, so basierten alle seine psychologischen Forschungen auf irgendeinem Gerät. Ich fragte ihn, was er eigentlich tat. Stas antwortete, dass er einen Auftraggeber fand, der sich für Forschung auf dem Gebiet von Bio-Feedback interessierte. Das Gerät konnte die galvanische Hautreaktion messen und, in Abhängigkeit von elektrischem Leitungswiderstand der Haut, akustische Signale von verschiedenen Frequenzen generieren.

Stas schlug mir vor, das Gerät in Aktion zu testen. Ich hatte nichts dagegen und nahm zwei Röhrchen aus Messing in Hände. Ein seltsamer monotoner Klang füllte das Laboratorium an. Mir wurde lustig und der Klang veränderte sich. Das gefiel mir, aber gleich erinnerte ich mich daran, dass es schon spät war und Alina wartete auf mich zu Hause. Der Klang änderte sich wieder. Langsam begriff ich, was ich tun sollte, um den Klang zu steuern. Das war irgendwie dem autogenen Training gleich. Ich versuchte einige Techniken von diesem Training zu benutzen mit dem Ziel die Melodie von „Ach, du lieber Augustin“ abzuspielen. Es gelang mir nicht, aber Stas war begeistert.

Auf einmal kam mir eine Idee in Sinn. Ich sagte Stas, dass sein Gerät mir sehr an einen modifizieren Lügendetektor erinnert. Er dachte einiger Zeit nach und stimmte mir zu. Dann kamen wir zu Idee, dass man noch Puls und Atemfrequenz messen sollte. Damit könnte man seine physiologischen Funktionen ändern und sie kontrollieren lernen. XXXX XXXXX XXX XX XXX XXXX XXXXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXX XXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXXXXX XXXXXX XX XXXXXX XXXXXX XX XXXXX. Weil Polygraph in der UdSSR nicht im Gebrauch war, der Gedanke von Überlistung des Lügendetektors fiel uns nicht ein. Solche verrückte Geräte könnten nur amerikanische Kapitalisten benutzen, weil sie von echter Wissenschaft nur wenig Verstand hatten. Da waren die Zeiten, als die prominenten im Bereich der Psychologie Russen mit hudert Dollars pro interessanten Projekt sich begnügten und mussten im Rahmen des Budgets die echten Resultate zeigen. Those were the days, my friend...

Danach verabschiedete ich mich und fast vergaß dieses Gerät. Wir trafen uns mit Stas von Zeit zu Zeit, aber wir besprachen seine Arbeit nicht. Dann zerfall der Sowjetunion und alle kämpften ums Überleben. Eines Tages begegnete ich Stas. Er sah scheußlich aus – abgemagert, schäbig bekleidet und schlecht gelaunt... Stas klagte über mageren Gehalt. Er versuchte verzweifelt irgendwo Geld zu verdienen, aber alles war vergeblich. Stas merkte, dass sein Sohn, der schon ein Teenager war, aß zu viel. Viel mehr dieweil, als Stas selbst. Er erzählte, dass er ein ernsthaftes Dilemma hatte – entweder gibt er alles essbares seinem Sohn, der als wachsendes Organismus viel brauchte, dann bleibt er selbst hungrig, oder sie teilen das Essen und bleiben beide gleich sowenig satt.

Das einzige, das ihm noch blieb, war seine Arbeit. Er erzählte, dass man nur sehr schwer Bio-Feedback lernte. Die Probanden beherrschten Autotraining nicht und konnten nicht begreifen, wie man mit Bio-Feedback umgeht. Stas kam allenfalls auf die Idee, dass man das Lernprozess stimulieren könnte. Weil Autotraining auf Suggestion basierte, versuchte Stas die Suggestion zu erzeugen. Er gab seinen Probanden spezielle Pillen und sagte ihnen, dass diese Pillen ihre Fähigkeit für Steuerung von Bio-Feedback erhöhen sollten. Stas erzählte, dass er Doppelblindstudie durchführte und sogar seine Mitarbeiter wussten nicht, dass alle diese Pillen nur aus einfacher Glukose bestanden. Die Ergebnisse aber waren phänomenal. Mehr als die Hälfte der Probanden waren imstande schon nach drei oder vier Einnahmen der Pillen ihre Leistungen deutlich zu verbessern. Stas war entflammt und wäre sogar glücklich, wenn er noch genug Geld hätte. Er sagte, dass von Glukose noch niemand wüsste und bat mich darum niemandem zu erzählen. Ich tat das und erzählte sogar im Training nicht weiter davon.

Ein Jahr später wurde Stas tot in seinem Laboratorium gefunden. Jemand zerbrach alle Geräte und vernichtete alle seine Dateien. Die Ermittler der Miliz dachten, dass Diebe nach Kupfer suchte und Stas nichts weiter als nur zufällige Opfer war. Er sollte eigentlich nicht im Laboratorium sein. Kupferdiebstähle geschahen damals in Russland sehr oft, man stahl Kupferdraht von Straßenbahn und Trolleybus, sodass alle mit dieser Theorie zufrieden waren. Stas war in Rostover Friedhof beigesetzt und ich beobachtete zum ersten Mal wie seine Mitarbeiter, die fast alle früher zu kommunistischer Partei gehörten, in einer christlichen Totenmesse teilnahmen und sich bekreuzigten. XXXXXXXXXX XXXXXX XXXX XX XX XXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXX XX XXXXXXXX.

Die Forschung von Stas wurde nicht weitergeführt. Es gab keine Informationen und kein Geld, um so was zu tun. Alle Enthusiasten von russischer Wissenschaft waren schon im Ausland. So wurde diese Arbeit vergessen.

Oder fast vergessen...

Damit beendeten wir unsere Vorlesung über Lügendetektor. Niemand hatte Fragen.

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