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Herrick verschlug es fast die Sprache.»Sie haben doch nicht etwa… Aber das ist doch nicht möglich!«Er bekam den Mund nicht zu vor Verwirrung.»Doch nicht Miss Seton, Sir? Des Admirals Braut?»

«Genau die, Thomas«, grinste Bolitho. Er trat unter die Kampan-je, und Herrick hörte ihn pfeifen, bis die Kajütentür zuschlug. Das hatte Bolitho noch nie getan.

Herrick hielt sich an der Reling fest.»Da hol' mich doch der Teufel«, murmelte er und schüttelte sich wie ein Hund.»Da hol' mich der Teufel kreuzweise!»

XIV Schwere Entscheidungen

Die Rückkehr der Hyperion nach St. Clar verursachte wenig Erregung oder Interesse, und als sie achtern vom Flaggschiff vor Anker ging, merkte Bolitho bald, daß die Bürger andere Sorgen hatten als die Ankunft dieses Schiffes, auch wenn es seinerzeit eine Folge von Ereignissen ausgelöst hatte, die sie jetzt nicht mehr beeinflussen konnten.

Die royalistischen Flaggen wehten immer noch tapfer von den Häusern und auf der Landspitze, aber die Luft in den engen Gassen war schwer und dick von Spekulationen und Spannung. Manchmal blieben die Leute stehen und brachen ihre Unterhaltungen ab, wenn ferner Kanonendonner oder ein schnell vorbeifahrendes Lafettengeschütz sie plötzlich daran erinnerte, wie nahe sie den Krieg auf dem Hals hatten.

Wenige Minuten nach dem Ankern war eine Barkasse längsseit gekommen, und Fanshawe, Pomfrets vielgeplagter Adjutant, brachte Cheney Seton an Land.

Auf der langsamen Überfahrt von Cozar hatte Bolitho nur kurz mit ihr besprochen, was zu tun war. Er wollte sich und ihr den Frieden ihres neugefundenen Glückes nicht verderben, und als sie sich trennten, war er immer noch dagegen, daß sie die ganze Last auf sich nehmen und Pomfret allein gegenübertreten wollte. Aber darin war sie unnachgiebig. Es schmerzte regelrecht, als er sie ins

Boot steigen sah, und nur mit Mühe konnte er sich davon zurückhalten, ihr zu folgen.

Das war nun drei Tage her. Geschäftig hatte er an der Verbesserung der Hafenverteidigung mitgearbeitet und in jeder Minute erwartet, etwas von Pomfret zu hören. Es gab viel zu tun. Besatzungen für eine hastig zusammengestellte Flottille von Fischerbooten und Luggern mußten auf getrieben werden, welche die zahllosen kleinen Grotten und Buchten um die Einfahrt patrouillieren sollte, damit nicht feindliche Kräfte unbemerkt einsickern und überraschend angreifen konnten. Auch Cobbans Feldwachen und die weit umherstreifende spanische Kavallerie paßten scharf auf.

Die Nachrichten waren wenig ermutigend. Längs der Landstraße ins Binnenland sollte schwere Artillerie gesichtet worden sein, und kaum ein Tag verging ohne Zusammenstoß mit feindlichen Patrouillen. Eine Schule der Stadt wurde als Feldlazarett eingerichtet, und es sollte bereits Pläne zur Lebensmittelrationierung geben für den Fall einer regelrechten Belagerung.

Jeden Tag, sobald Bolitho in die Stille seiner Kajüte zurückkehrte, erwartete er, eine Nachricht von Pomfret vorzufinden. Wenn dann alles auf dem Schiff ruhig war und es wieder Nacht wurde, nahm er den Brief vor, den er von Cheney bekommen hatte, und las ihn immer wieder wie zum erstenmal. Sie wohnte nicht in Pomfrets Hauptquartier, sondern beim Bürgermeister und seiner Familie, wenigstens fürs erste. Der Brief schloß mit den Worten:». und von meinem Fenster aus kann ich Dein Schiff sehen. Dort, bei Dir, ist mein Herz.»

Bolitho hielt es für richtig, daß sie sich jetzt nicht sahen. Vermutlich war die Kunde von seinem Wagnis bereits in der ganzen Hafenstadt verbreitet, aber es hatte keinen Sinn, dem Feuer, das Pom-fret unter ihm anzünden würde, noch mehr Brennstoff zuzuführen.

Am dritten Tag kam die Aufforderung:»Alle Kommandanten und Truppenoffiziere sofort im Hauptquartier melden!»

Im Nachmittagssonnenschein wirkte das Haus nicht so imposant; und es fiel Bolitho auf, daß sich die Marine-Infanteristen am Tor Passanten gegenüber nicht mehr so gleichmütig verhielten, sondern ihre Musketen mit den aufgepflanzten Bajonetten aktionsbereit trugen und sich in der Nähe der Wachstube hielten. Man wollte gehört haben, daß viele Bürger bereits in die Berge geflohen seien, entweder aus Sorge um die Sicherheit ihrer Familien oder um die geeignete Zeit für einen Frontenwechsel abzuwarten. Bolitho konnte sie deswegen nicht verurteilen. Pomfret hatte einen zu tiefen Graben zwischen seinen Streitkräften und der Bevölkerung von St. Clar gezogen. Aus deren berechtigtem Ressentiment würde bestimmt noch Schlimmeres werden, wenn nicht bald bessere Nachrichten von der Front kamen.

Beim Eintreten sah Bolitho einige Diener Porzellan und Glas in Kisten verpacken — anscheinend wollte der rechtmäßige Besitzer des Hauses seine Habe in Sicherheit bringen, ehe es zu spät war.

Eine Ordonnanz wies Bolitho in ein dunkelgetäfeltes Arbeitszimmer, wo bereits eine Anzahl Offiziere versammelt waren. Wie er sah, waren alle Kommandanten außer jenen der beiden Schaluppen anwesend. Die Schaluppen hielten an der nördlichen Zufahrt ein wachsames Auge auf die Küstenstraße, wo sich feindliche Truppen im Falle eines größeren Angriffs nähern mußten.

Pomfret stand neben dem Schreibtisch und sprach mit Oberst Cobban und einem großen, schlanken, hochmütig aussehenden Spanier, vermutlich Don Joaquin Salgado, dem Ranghöchsten ihrer Verbündeten. Sonst waren noch mehrere Heeresoffiziere sowie zwei oder drei von der Marine-Infanterie anwesend. Zu wenig, um standzuhalten, wenn die Franzosen mit gesammelter Kraft angriffen, dachte Bolitho grimmig.

Fanshawe flüsterte Pomfret etwas zu, und dieser sah kurz zu Bo-litho herüber. Nur eine Sekunde lang — und bei diesem kurzen Blickwechsel las Bolitho nichts, gar nichts in Pomfrets blassen, vorstehenden Augen.

«Nehmen Sie Platz, meine Herren«, sagte der Admiral knapp. Ungeduldig tippte er mit der Fingerspitze auf, bis das Scharren und Murmeln vorbei war.»Vor drei Tagen hat mir die Hyperion Depeschen aus Cozar überbracht. «Wieder ein flüchtiger Blick, eiskalt und fremd.»Anscheinend bekommen wir die Verstärkung, auf die wir gezählt haben, noch nicht.»

Ein Gemurmel stieg auf; Pomfret wartete, bis es vorbei war, und fuhr dann fort:»Aber sie kommt, meine Herren, sie kommt bestimmt. «Er fuhr mit der Hand über seine Landkarte.»Diese Aktion in St.Clar kann der erste Schritt zu unserem Einzug in Paris sein! Haben wir mehr Schiffe und Soldaten zur Verfügung, dann können wir so tief in den weichen Unterleib Frankreichs stoßen, daß der Feind um Frieden bettelt!«Blitzend fuhr sein Blick durch den Raum.»Aber den werden wir ihm nicht bewilligen. Diesmal gibt es weder Frieden noch Ve rhandlungen, sondern nur den Sieg, den totalen Sieg!»

«Sehr richtig«, sagte jemand; aber abgesehen von dieser einsamen Stimme herrschte völlige Stille.

Bolitho wandte sich zum nächsten Fenster. Die staubigen Scheiben blinkten in der Sonne, große Insekten summten um die gepflegten Blumenbeete. In Cornwall dachte man jetzt wohl bereits an den Winter und legte Vorräte von Brennholz und Viehfutter an. Auf dem Lande war der Winter ein Feind, den man in Schach halten mußte, und zwar mit nicht weniger Entschlossenheit, als sie hier in St. Clar brauchten. Plötzlich fiel ihm Cheney ein. Was würde sie für ein Gesicht machen, wenn er sie in dem alten grauen Herrenhaus unterhalb der Festung herumführte? Mit ihr konnte das Haus wieder lebendig werden. Es würde nicht mehr eine bloße Stätte der Erinnerung sein, sondern ein Heim werden.

Pomfret sprach bereits weiter.»Der Patrouillendienst muß ständig aufrechterhalten werden, aber keinesfalls darf ein größeres Gefecht gesucht werden, ehe wir mehr Truppen und Artillerie haben; es sei denn, es gibt keine Alternative.»

Er nickte Cobban zu und ließ sich dann in einen hochlehnigen Stuhl mit vergoldeter Lehne fallen. Sein Blick war abwesend und grüblerisch. Cobban stand auf; seine Stiefel knarrten auf dem prächtigen Teppich.»Habe dem nicht viel hinzuzufügen«, sagte er.»Meine Männer sind ausgeruht und kampfbereit. Wir erlitten bereits ein paar Verluste, aber das war zu erwarten. Spähen und Wachen lautet die Devise, meine Herren. Wir halten diesen Hafen, und der Feind soll noch wünschen, er wäre nie gegen uns angetreten!»