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Piper faßte an seinen Hut und sagte finster:»Ich habe Seton im Boot an Land gebracht, Sir. «Sein Affengesicht war ganz schwer vor Traurigkeit.»Er sollte sich sofort hier melden, Sir.»

Bolitho blickte Seton an.»Wissen Sie den Grund, mein Junge?»

«J-jawohl, Sir. Auf Sir Edmunds Befehl soll ich als. «Er hielt verlegen inne, und Piper schaltete sich ein:»Er wird als Signaloffizier zur Armee abgeordnet, Sir.»

Bolitho schluckte seine kalte Wut hinunter und sagte ruhig:»Wenn alles vorbei ist, werde ich mich freuen, Sie wieder an Bord zu haben, Mr. Seton. Sie haben sich gut, sogar sehr gut gehalten, und ich bin sicher, daß Sie auch in Ihrem neuen Dienst dem Schiff Ehre machen werden.»

Setons Lider zuckten.»D-danke sehr, S-sir.»

Es war nichts Ungewöhnliches, daß Midshipmen für solche Zwecke eingesetzt wurden; aber die Tatsache, daß Pomfret nichts davon erwähnt hatte, war für Bolitho ein Beweis, daß es sich hier um keine normale Abkommandierung handelte. Jedoch — das Leben eines Knaben als Mittel zur Rache zu benutzen, dazu konnte eigentlich niemand, nicht einmal Pomfret fähig sein. Dann fiel ihm wieder ein, mit welch plötzlicher Wut der Admiral den jungen Greig zusammengestaucht hatte, und es lief ihm kalt den Rücken hinunter.

Er streckte die Hand aus, und Seton drückte sie krampfhaft.»Ich werde dafür sorgen, daß Ihre Schwester gut nach Hause kommt.»

Es war merkwürdig, fast erschütternd, daß ihm dieser schmächtige Midshipman jetzt so nahestand wie einst sein eigener Bruder. Und als er in das bleiche Gesicht des Knaben sah, wußte er, daß er ihm noch viel näherstehen würde.

«Ich freue mich aufrichtig, daß es mit Ihnen und meiner Schwester so gekommen ist, Sir«, sagte Seton und schritt rasch ins Haus; erst auf dem Marktplatz wurde es Bolitho klar, daß der Junge bei seinem letzten Satz nicht gestottert hatte.

Unten an der Landungsbrücke fragte Piper:»Glauben Sie, daß er's schaffen wird, Sir?«Er mußte sich in Trab setzen, um mit Bolithos weitausgreifenden Schritten mitzukommen.»Ich meine, Sir, wenn ich nicht auf ihn aufpasse, ist er doch verraten und verkauft.»

Bolitho blieb am Boot stehen und sah auf Piper hinunter.»Bestimmt wird er das, Mr. Piper. Er hatte ja einen guten Lehrmeister. «Und als er ins Boot sprang, versuchte er, sich einzureden, daß seine Worte keine Lüge gewesen waren.

Mit dem ersten Licht des nächsten Tages ging die Hyperion Anker auf und segelte, die Rahen rundgebraßt, um die schwache nordwestliche Brise voll auszunutzen, langsam an den schützenden Armen der Hafeneinfahrt vorbei und hinaus auf die offene See.

Das Städtchen schien noch zu schlafen; abgesehen von den Wachtposten und ein paar müden Matrosen waren Landungsbrücke und Uferstraße verlassen und still.

Herrick stand an der Achterdeckreling, die Hände in den Hüften, und blickte kritisch zu den in den Masten arbeitenden Männern empor, deren nackte Arme im steigenden Sonnenlicht golden glänzten. Ein paar Unbeschäftigte standen auf den Decksgängen und starrten zum langsam vorbeigleitenden Panorama der Hügel und Häuser hinüber; und bei den ausgerichteten Rudern stand Piper mit der Jollenbesatzung, welche die letzten Zurrings klarierte, ehe das Schiff die offene See erreichte. Der Midshipman starrte, die Augen mit der Hand beschattend, nach Backbord; wahrscheinlich dachte er immer noch an seinen Freund.

Als Herrick sich von der Reling abwandte, merkte er, daß Bolitho ebenfalls starr nach achtern blickte; mit dem gesunden Arm stützte er ein Teleskop auf die Netze.

«Anker ist verstaut, Sir, Schiff seeklar«, meldete Herrick.

Bolitho ließ das Glas sinken. Die niedrigen Hügel der Landzunge verdeckten jetzt die Sicht auf die Stadt. In den endlosen Minuten, als das Schiff langsam auf die Hafenausfahrt zusegelte, hatte er sie noch sehen können, hatte ihre schlanke Gestalt bis zum allerletzten Moment im Teleskop behalten. Sie stand auf einem kleinen Balkon direkt über dem Wasser; hell hob sich ihr Kleid vom offenen Fenster ab, und ihr Gesicht war so nah und klar, daß er beinahe glaubte, sie berühren zu können. Als er das Glas sinken ließ, verschwanden Häuser und ankernde Schiffe; schon war die Verbindung abgerissen.

Er wandte das Gesicht in den Wind und erschauerte leicht, als er durch das offene Hemd an seine Brust berührte.

Gimlett hatte ihn vor Sonnenaufgang geweckt, aber er hatte noch minutenlang reglos in seiner Koje gelegen. Ganz leicht konnte er ihre Nähe, die Berührung ihrer Hand, sogar den Duft ihres Haares spüren. Es war ein hastiger Abschied im Hause Labourets gewesen. Als er danach in seiner Koje lag, waren ihm die warmen Decken wie ihre Umarmung vorgekommen, und als er aufgestanden war und sich vor seinem Spiegel rasierte, dachte er an ihre Hand, die ihn gestreichelt hatte.

«Mr. Herrick«, sagte er unvermittelt,»sobald wir klar von Land sind, lassen Sie Fock, Besan- und Großsegel setzen. Wir steuern Nordost und nutzen diesen ablandigen Wind aus.»

Herrick nickte.»In der Südsee habe ich mir geschworen, ich würde niemals mehr um Wind beten. Aber selbst die Nordsee im Winter ist besser als diese Flaute.»

Bolithos Blick war abwesend.»Ich weiß. Ein scharfer Wind, der einem gefrierenden Gischt ins Gesicht treibt, verjagt die trüben Gedanken, oder wenigstens tun sie dann nicht mehr so weh.»

Gossett spähte nach dem fernen Leuchtturm aus. Automatisch berechnete er im Kopf Abdrift und Kompaßkurs.»Klar zum Halsen,

Sir.»

Zögernd fragte Herrick:»Ist alles gutgegangen, Sir? Ich meine, haben Sie alles arrangieren können?»

Bolitho seufzte.»Zum Teil, Thomas. Labouret wird tun, was er kann, das hat er mir versprochen. Und dann habe ich in Captain Ashby einen guten Verbündeten. Unter diesen Umständen bin ich jedenfalls froh, daß er an Land bleibt.»

Jetzt kam das Schiff klar von der Landspitze und überließ sich bereitwillig der wartenden Dünung. Das Sonnenlicht schoß durch das straffe Rigg und spielte auf der Krone des Titanenhauptes unterm Bugspriet.

Bolitho riß sich aus seinen trüben Gedanken.»Klar zur Halse, bitte!«Herrick wartete ab, bis der Befehl wiederholt und ausgepfiffen war, und fragte dann:»Noch Befehle, Sir?»

Plötzlich fiel Bolitho der frischgebrühte Kaffee in seiner Kajüte ein. Vorhin hätte er ihn nicht anrühren mögen; jetzt brauchte er ihn, und sei es auch nur, um allein zu sein.»Wir exerzieren um acht Glasen mit der unteren Batterie, Mr. Herrick«, sagte er.»Ich will nicht, daß die Geschütze rosten, nur weil sie nicht benutzt werden.»

Lächelnd sah Herrick ihm nach, als er unter den Kampanje verschwand. Er macht das Beste daraus, dachte er. Und er hat ganz recht, wenn er Schiff und Mannschaft gerade jetzt scharf hernimmt. Die Kommandeure der Hyperion kamen und gingen, aber sie selbst mußte gesegelt und in Betrieb gehalten werden, und dazu waren die Männer da, die auf ihr Dienst taten.

Er nahm seine Sprechtrompete auf.»Mr. Pearse: Untere Batterie exerziert um acht Glasen! Und ich bitte mir aus, daß Sie bis zur Feuerbereitschaft zwei Minuten weniger brauchen als letztesmal!»

Der Stückmeister nickte, und Herrick begann, auf dem Achterdeck auf und ab zu gehen. Ich rede schon wie Bolitho, dachte er. Diese Erkenntnis freute ihn, und er beschleunigte seine Schritte.

Die Nacht erreichte die Hyperion gut zwanzig Meilen nordöstlich von St. dar. Fast reglos hingen ihre Segel, sie dümpelte träge in der hohen, ablandigen Dünung. Die Luft in Bolithos Kajüte war stickig, die anwesenden Offiziere drängten sich nach Möglichkeit unter dem offenen Skylight zusammen, und ihre Gesichter glänzten feucht im Licht der schwingenden Lampen.

Stumm, mit dem Rücken zum Heckfenster, sah Bolitho Gimlett zu, der nervös hin und her huschte, die Gläser der Offiziere nachfüllte und den Pfeifentabak herumreichte. Hier hinter dem Schott war es ungewöhnlich ruhig, nur das ums Ruderblatt gurgelnde Wasser und das Knarren der Ruderzüge tönten herein, gerade laut genug, um zu unterstreichen, wie wenig Fahrt sie machten. Aber das spielt gar keine Rolle, dachte Bolitho bitter. Bei seiner Patrouille kam es weder auf Schnelligkeit noch auf den Kurs an. Das Schiff mußte lediglich da sein. Nur hatten seine Leute bei diesem Schleichtempo, dieser langweiligen Routine, zu wenig Beschäftigung und zu viel Zeit, um über die Zwecklosigkeit ihres Auftrags nachzugrübeln. Was auch geschah, er mußte dafür sorgen, daß sie nicht unter der Isolierung zu leiden hatten, die Pomfret ihm aufzwang. Er hatte seine Offiziere zu einem außerdienstlichen Zusammensein gebeten, als ersten Schritt eines psychologischen Feldzugs, der konsequent weitergeführt werden mußte, wenn nicht die sorgfältig aufgebaute Kampfmoral vor seinen Augen verrotten sollte.