Изменить стиль страницы

«Signal an Harvester: >Nach Belieben Feindberührung aufneh-men<. «Er mußte über die hohle Phrase beinahe lächeln. Als ob das irgend jemandem beliebte!

«Ausrennen, Sir?«fragte Rooke, der querab nach Backbord starrte: mühelos verkürzte der Franzose seinen Abstand zum Geleitzug. Der Kommandant war kaltblütig genug, um gerade noch in Luv der langsameren Hyperion zu bleiben. Brach Bolitho aus, mußte er sein verwundbares Heck der französischen Breitseite präsentieren. Auf diese kurze Entfernung reichte das aus, um aus den mittleren Decks ein Schlachthaus zu machen und die Hyperion wahrscheinlich obendrein noch zu entmasten. Behielt er seinen jetzigen Kurs bei, so würde es einen Kampf Schuß um Schuß geben, wobei der Franzose im Vorteil war und die Hyperion nach keiner Seite über Stag gehen konnte, ohne eine schwere Salve einstecken zu müssen.

«Noch nicht, Mr. Rooke. «Er hatte seine Stimme gut in der Gewalt; doch als er sah, wie sich der Schatten des anderen Schiffes über der glitzernden See hob und senkte, kam ihm die Idee, daß Rooke wahrscheinlich glaubte, er wolle kneifen — entweder aus Angst oder weil ihm einfach kein Plan einfiel, wie er sein Schiff retten konnte.

Wieder ein rascher Blick zum Masttopp. Er wagte kaum hinzusehen, weil er fürchtete, sein Auge könne ihn täuschen. Aber der Winkel des Wimpels hatte sich etwas verändert.

«Der Wind ist einen Strich ausgeschossen, nicht wahr, Mr. Gos-sett?«fragte er möglichst beiläufig.

Der Master starrte ihn an.»Ja, stimmt, Sir. Nur ein bißchen«, antwortete er anscheinend verwundert, daß das überhaupt der Rede wert sei.

Bolitho versuchte, möglichst ruhig zu überlegen. Er mußte seine ganze Willenskraft aufwenden, um nicht auf den fernen Geschützdonner der einsam kämpfenden Harvester zu hören, und auch um seine schleichende Befürchtung zu unterdrücken, daß er die Lage von Anfang an falsch beurteilt hatte.

«Na schön. Mr. Rooke, Segel kürzen! Weg mit den Royal- und Bramsegeln!«Die Toppgasten enterten auf, und er verschränkte die Hände hinterm Rücken.»Jetzt können Sie die Backbordbatterie ausrennen lassen.»

Die Hyperion schien in ein Wellental zu sinken, als die Zugkraft der oberen Segel wegfiel. Der Bewuchs am Unterwasserschiff wirkte bremsend; Bolitho sah den Kreuztopp erzittern wie einen Baum im Wind und konnte das Vibrieren noch in den Planken unter seinen Schuhsohlen spüren.

Dann schritt er nach Backbord hinüber und beugte sich über die Reling, um zu beobachten, wie die dunkle Reihe der Stückpforten hochklappte. Sekunden später hörte er das Quietschen der Lafetten, als die schwitzenden Matrosen sich in die Züge warfen und ihre schweren Waffen gegen die Schräglage des Decks verholten. Sonnenlicht berührte die schwarzen Mündungen, als sie die offenen Pforten durchstießen, und Rooke rief:»Batterie ausgerannt, Sir!»

Mit leichtem Erschauern wandte sich Bolitho wieder dem Franzosen zu. Der stand jetzt kaum eine Kabellänge achteraus, und obwohl er ebenfalls Segel kürzte, mußte er innerhalb weniger Minuten auf gleicher Höhe sein. Für den französischen Kommandanten würde es so aussehen, als hätte Bolitho vergeblich versucht, sein Geleit unter Vollzeug in Sicherheit zu bringen, und als fiele er jetzt zurück, um die Quittung für seine Dummheit in Empfang zu nehmen.

Bolitho leckte sich die staubtrockenen Lippen. Langsam sagte er zu Gossett:»Klar zum Halsen, Mr. Gossett! In zwei Minuten will ich hart vor seinem Bug über Stag gehen!«Gossetts völlig verdutzte Miene entging ihm, denn er spähte nach dem anderen Zweidek-ker aus. Der hatte seine Steuerbordbatterie ausgerannt, und auf den Decksgängen sah er zusammengedrängte Gestalten und Sonnenreflexe auf Musketen und Entersäbeln.

Gossett hatte inzwischen die Sprache wiedergewonnen.»Aye, aye, Sir.»

«Wir segeln auf Gegenkurs zurück und greifen seine andere Seite an«, erläuterte Bolitho kurz. Ein unbewußtes starres Grinsen lag auf seinem Gesicht, und er verspürte die gleiche sinnlose Wut, die er auf Cozar mit aller Willenskraft gezügelt hatte. Rooke nickte und hob die Sprechtrompete. Unter seiner Sonnenbräune war er erbleicht, aber irgendwie brachte er die Befehle zustande.»Klar zum Halsen!»

Bei» Stützruder!«warf Gossett sein ganzes Körpergewicht mit ins Rad, um den keuchenden Rudergasten zu helfen.

Sekundenlang schien das Schiff verrückt zu werden; und als die Männer die Schoten loswarfen und der Schiffsrumpf auf den Druck des Ruders zu reagieren begann, ging im Schlagen der Segel und dem gequälten Jaulen der Takelage sogar der ferne Geschützdonner unter.

«Hol' dicht die Brassen!«Rooke tanzte fast vor verzweifelter Ungeduld.»Hol' dicht bei Großsegel!»

Was sich der Franzose bei dem verzweifelten Manöver der Hyperion denken mochten, blieb Bolitho völlig unklar; eiskalt rann ihm der Schweiß von der Stirn, als er zu dem Zweidecker hinüberstarrte. Vielleicht hatte er doch zu lange gewartet. Das feindliche Schiff schien wie eine riesige Klippe über dem Achterdeck der Hyperion aufzuragen; mühsam arbeitete sich die alte Dame herum, und es sah aus, als könne nichts den Franzosen daran hindern, sich blindlings in ihre Backbordseite zu bohren.

«Hol' dicht, ihr Hunde!«Rooke war so heiser, daß sich seine Stimme fast überschlug. Doch die Männer hingen schon fast waagrecht an den Brassen, sie stemmten die Fersen ein und zerrten wie verrückt, sie hörten und dachten überhaupt nichts mehr und sahen nichts anderes als die turmhohen, unbeweglichen Segel, die alles andere auslöschten.

Aber die Hyperion reagierte: Über der mächtig schlagenden Leinwand kamen die Rahen herum, die Segel bauschten sich wie Ballons und ächzten im Wind, das Deck krängte immer stärker dem anstürmenden Bug des Franzosen entgegen.

Bolitho klammerte sich an die Reling und brüllte:»Achtung: Geschützführer — Feuer frei! Weitersagen an die untere Batterie!«Der Schweiß machte ihn fast blind, und er zitterte vor Erregung. Irgendwie hatte die Hyperion seine unmöglich scheinenden Forderungen erfüllt und war direkt vor dem Bug des Gegners durch den

Wind gegangen. Jetzt, auf Gegenkurs, segelte sie bereits den Franzosen wieder an, der sein Stückpforten noch dicht hatte und somit noch nicht verteidigungsbereit war.

Auf dem Hauptdeck herrschte ein einziges wirbelndes Chaos: die Männer der Steuerbordbatterie rannten hinüber zur anderen Seite und schienen dort nicht gleich ihre richtigen Stationen zu finden. Der Bug der Hyperion schor an der Back des Franzosen vorbei; ihr Schatten glitt über die durcheinanderrennenden Franzosen wie ein Unheilswolke.

Leutnant Inch rannte an den Geschützen entlang; auf sein Handzeichen donnerten die ersten beiden los. Die Schiffe rauschten so schnell aneinander vorbei, daß der Effekt fast dem einer vollen Breitseite gleichkam, so rasch sprang die spitzen roten Feuerzungen aus dem Rumpf der Hyperion.

Bolitho wäre beinahe zu Boden gegangen, als sich die Achter-deck-Neunpfünder einmischten. Rundum und oben, hörte er das erregte Schreien und Fluchen von Ashbys Marine-Infanteristen; sie feuerten blindlings in die Rauchwand, die von dem Franzosen hochwuchs und hinter der eine Hölle von Tod, Blut und Zerstörung wütete. In einer Entfernung von vielleicht zwanzig Yards passierten sie die immer noch geschlossenen gegnerischen Stückpforten.

«Schluß mit dem verdammten Hurragebrüll!«schrie Bolitho.»Laden und ausrennen!«Er hatte seinen Degen in der Faust, obwohl er sich nicht erinnern konnte, wann er ihn gezogen hatte.»Backbordkarronade feuerklar!«Vom Vorschiff her starrte ihn die Bedienung des stumpfschnauzigen, niederen Geschützes an. Die Männer waren von Rauchschwaden umgeben; ihre Köpfe schienen frei im Raum zu hängen. Er wandte sich Gossett zu:»Klar zum Halsen. Jetzt kreuzen wir sein Heck; wir haben ihm den Wind we g-genommen!»

«Da, Sir! Der Vortopp fällt!»

Bolitho rieb sich die tränenden Augen und wandte sich um; mit einer Art müder Würde begann der obere Vormast des Franzosen zu wanken und brach dann ab. Er sah die winzigen Gestalten, die sich verzweifelt an die Rahen klammerten und dann wie Fallobst abgeschüttelt wurden, als die riesige Spiere mit dem ganzen Rigg und den zerfetzten Segeln nach vorn in die Rauchwand stürzte.