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Bolitho erinnerte sich an Tyackes festen Handschlag beim Abschied.»Die Larne ist ein gutes Schiff«, hatte der neue Commander gesagt.»Nach der Miranda natürlich eine Herausforderung für mich. Aber wir werden gut miteinander auskommen.»

Irgendwo da hinten ankerte er nun. Bolitho wußte, daß Tyacke an Deck sein würde, um die Truculent ankeraufgehen zu sehen.

Er trat zur Seite, damit Kapitän Poland und die Männer auf dem Achterdeck mehr Platz hatten. Segrave lehnte an den Finknetzen.»Wie fühlen Sie sich, Mr. Segrave? Es war wohl ein kurzer Aufenthalt — aber mit einer Menge neuer Erfahrungen.»

Der Junge hatte im Abendlicht ein dunkelrotes Gesicht.»Ich bin froh, daß ich hier war, Sir Richard. «Sein Haar flatterte im Wind, während er die Männer am Ankerspill beobachtete. Sie gingen jetzt schneller, die dicke Ankertrosse kam zügig an Bord.

Bolitho erinnerte sich an seine ersten Jahre als Midshipman.»Tut's Ihnen leid, daß wir heimsegeln?»

Segrave nickte und vergaß einen Augenblick, daß er mit einem Vizeadmiral sprach.»Aber wenn ich auf mein altes Schiff zurückkehre, muß alles anders werden.»

Bolitho sah ein Wachboot vorbeirudern, der Leutnant im Heck grüßte die Flagge der Truculent. »Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Sie haben hier Ihren Mut entdeckt.»

Jenour stand in der Nähe und hörte zu. Er wußte, daß Bolitho längst einen Brief an Segraves früheren Kommandanten geschrieben hatte. Leuteschinder zogen sich Bolithos Zorn zu, aber davon wußte der Midshipman natürlich nichts.

Endlich kam der erwartete Ruf von vorn:»Anker ist kurzstag, Sir!»

Pfeifen schrillten, fluchend hastete ein Mann nach vorn, dem ein Tampen Beine gemacht hatte.

«Alles klar, Sir!«meldete Williams.

«Fock und Klüver setzen!«Polands Stimme klang ruhig und unbewegt. Was hatte dieser Mann eigentlich gegen Varian? Und was suchte er im Leben außer Beförderung? Auf den Rahen arbeiteten die Männer und ließen das Tuch auswehen. Unten an Brassen, Halsen und Schoten warteten andere auf den Befehl, der das stilliegende Schiff in einen schnellen Segler verwandeln würde.

Was würde in England auf sie zukommen? Würde man sie an Bord festhalten, bis neue Befehle eingingen? Oder würde man sie auf andere Schiffe verteilen, zwischen die unerfahrenen Landratten und Opfer der Preßkommandos? Die Fiedel spielte flotter, und das Ankerspill drehte sich noch schneller.

«Es ist Sommer in England, wenn wir zurückkehren, Stephen«, sagte Bolitho plötzlich.»Wie schnell so ein Jahr vergeht.»

Jenour drehte sich zu ihm um.»Ein Jahr der Siege!»

Bolitho schüttelte den Kopf.»Kaum. Es wird Rückschläge geben.»

«Der Anker ist frei!»

Bolitho hielt sich an den Finknetzen fest, als sich das Schiff leicht überlegte und der Anker festgezurrt wurde. In England würden sie den anderen Anker benutzen — auch so ein Ritual.

Die Truculent fiel ab, Leinwand knallte, Männer rannten an Schoten und Brassen, und über allem ertönte die Stimme von Hull, dem Master:»Komm auf! Gut so — Kurs halten!»

Bolitho beobachtete den Master. Seine beiden Rudergänger griffen in die Speichen des großen Rades, ihre Augen blitzten. Master zu werden, war Simcox' größter Wunsch gewesen.

Die Marssegel füllten sich, und die Truculent nahm Fahrt auf, glitt an der Huk vorbei auf die offene, rötlich glänzende See hinaus.

«Westsüdwest, Sir! Voll und bei!»

Poland verzog den Mund zu einer harten Linie.»Gehen Sie höher an den Wind, Hull, so hoch sie kann!«Als der Erste wieder auf dem Achterdeck erschien, befahl er:»Bramsegel setzen und auch die Royals, sobald hier alles klar ist, Mr. Williams. «Er blickte zum Admiral an den Netzen hinüber.»Und daß mir keine Fehler passieren!»

Bolitho blieb an Deck, bis die Dunkelheit das Land und die davor verankerten Schiffe verschluckt hatte. Ihre Welt war jetzt nur noch die See und die Gischt, die am Bug hochsprang und seitlich davonwirbelte. Der Himmel ging dunkel in den Ozean über.

Unten erwartete ihn Ozzard mit einem späten Imbiß.

An den salzverkrusteten Heckfenstern der Kajüte stehend, dachte Bolitho an seine Zeit als Kommandant einer Fregatte. Das Auslaufen war damals immer spannend gewesen, ein Vorstoß auf die freie See. Poland sah das offenbar ganz anders. Vielleicht zählte er aber auch nur die Tage, bis er seine ungeliebte Last loswurde, den Vizeadmiral an Bord. Bolitho sah hoch, als er Schritte an Deck hörte. Der Wind wehte Stimmen herunter, und das Rigg sirrte. Es zog ihn nach oben, wie gern hätte er selbst die Kommandos gegeben, die Kurse ausgerechnet, das Schiff geführt! Aber sein Dienstrang machte das unmöglich.

Er war jetzt neunundvierzig Jahre alt und wirkte viel jünger. Sicher fragte mancher Offizier Jenour drüben in der Messe nach dem Admiral aus. Sei's drum. Besser so, als daß Gerüchte über ihn umgingen. Davon gab es schon genug, über ihn und Catherine. Sie war eine betörend schöne Frau, nach der sich alle Männer umdrehten, bei Hofe ebenso wie auf der Straße. Er spürte sinnlose Eifersucht auf jeden, der jetzt das Glück hatte, sie zu sehen.

Allday schaute herein.»Soll Ozzard den Imbiß auftragen?«Er machte sich Gedanken über die Melancholie seines Admirals. England zu verlassen, war schlimm für Bolitho gewesen, aber die Rückkehr wurde vielleicht noch schlimmer. Was war Catherine widerfahren in all den Monaten?

«Ich bin nicht hungrig.»

Eine See rauschte mit Macht am Rumpf vorbei, und Bolitho wußte, daß das Schiff jetzt das offene Meer erreicht hatte und das Land weit hinter ihnen lag. Wie lange würde die Truculent nach England brauchen?

Allday blieb hartnäckig.»Es gibt gebratenes Schweinefleisch, in Brotkrumen paniert, genau, wie Sie es mögen. So was Feines haben Sie in den letzten Wochen bestimmt nicht gegessen.»

Bolitho drehte sich nach ihm um.»Ich möchte, daß du mir morgen das Haar kurzschneidest. «Als Allday schwieg, fragte er:»Du hältst mich sicher für verrückt?»

Allday antwortete diplomatisch:»Die meisten Herren in der Offiziersmesse tragen ihr Haar jetzt kurz, es ist die neue Mode. «Er schüttelte seinen geteerten Zopf.»Mir würde so was nicht stehen.»

«Aber du kannst es schneiden?»

«Natürlich, Sir Richard«, antwortete Allday mit breitem Grinsen.

«Darf ich noch was sagen?»

«Habe ich dich je daran gehindert? Sag, was du loswerden willst.»

«Also, was Sie für Tyacke getan haben, war sehr anständig. So hat er noch eine Chance.»

«Jeder andere hätte das auch getan.«»Eben nicht!»

Sie sahen einander an wie Zweikämpfer, bis Bolitho fragte:»Wie meinst du das?«»Ich meine, man sollte nun auch was für Sie tun. So wie Sie was für andere tun.»

Höflich klapperte Ozzard mit Tellern und Geschirr in der Pantry nebenan. Bolitho ging zum Tisch.»Ich werde wohl doch was essen, sonst laßt ihr mir keine Ruhe. «Ozzard kam und schenkte ihm Wein ein.»Mach das Brandyfäßchen auf«, sagte Bolitho und zu Allday gewandt:»Wir könnten wirklich ein paar tausend Leute wie dich brauchen. Der General hatte recht.»

Ozzard stellte die Flasche in einen tönernen Weinkühler. Schade um das Schränkchen, das mit der Hyperion untergegangen war, dachte er. Es war ein Geschenk von Catherine gewesen.

«Bedien' dich aus dem Fäßchen, Allday. Und dann Schluß für heute. Gute Nacht.»

Allday verließ die Kajüte. Bolitho aß allein und zerstreut sein Abendbrot. In Gedanken war er schon daheim in Cornwall.

In den folgenden Wochen kämpfte sich die Truculent nach Nordwesten, an den Kapverdischen Inseln vorbei. Während der langen Heimreise durch die wechselnden Windzonen zog Bolitho sich noch mehr zurück als bei der Ausreise.

Allday wußte, daß Bolitho nichts zu tun hatte. Nicht einmal das Schiff durfte ihn beschäftigen, das war Polands Sache. Zwar umgaben ihn ständig Offiziere und Matrosen, wenn er an Deck kam, doch vom Admiral hielten sie sich fern.