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«Ein Pferd warf ihn ab.»

«Hast du sie schon kennengelernt?»

Catherine hob das Kinn.»Sie wollte Nancy nicht begleiten. Meinetwegen!»

Er nahm sie in die Arme, streichelte ihr Gesicht.»Wenn ich doch hiergewesen wäre…»

«Mach dir nichts draus, Richard. Jedenfalls noch nicht. Nicht heute. «Er fühlte, wie sie zitterte, und zog sie wortlos enger an sich.

«Und wie war es bei dir?»

Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Da gab es all die vielen Gesichter von Kapstadt: Tyacke, Segrave, Poland, Varian, Warren. Doch in den Fluren der Admiralität waren sie wie weggewischt gewesen.

«Wir haben gute Männer verloren«, sagte er.»Aber es hätte noch schlimmer kommen können. Ich habe Admiral Godschale in London schon berichtet. Das heißt, jetzt ist er ja Lord Godschale.»

Catherine nickte.»Ich weiß. Für manche lohnt es sich, zu Hause zu bleiben, während andere draußen ihr Leben einsetzen.»

«Das hat mir auch Nelson mal geschrieben. «Er ergriff ihre Hand.»Ich merke schon, du willst mich wieder verteidigen — meine Tigerin.»

Sie lächelte trotz ihrer Verbitterung.»Und ob!»

Bolitho sah die vielen Blumen draußen, hörte die Blätter an den Bäumen rascheln. Wie ungewohnt ihm das alles war!» Ich wollte schnell weg aus London, wollte hierher zu dir. Allday kommt nach mit unserem Gepäck.»

«Es ist ungewohnt, dich ohne ihn zu sehen.»

«Er versteht's schon. In Madeira haben wir gebunkert, und ich habe dort Spitzen für dich gekauft. Allday bringt sie mit. Hoffentlich gefallen sie dir. Ich bin vielleicht ein guter Seemann, aber bestimmt kein guter Einkäufer.»

Damit erhob er sich und holte einen silbernen Fächer aus seiner Uniformjacke.»Der stammt aus Portugal. «Er sah ihre Freude, beobachtete, wie sie den Fächer öffnete, ihn gegen die Sonne hielt.

«Wie schön er ist!«Sie sah Bolitho an, ihre dunklen Augen hielten ihn fest.»Ich habe solche Sehnsucht nach dir. Ich habe so sehr auf dich gewartet. «Sie lehnte den Kopf an seine Schulter.»Vielleicht sagt eine anständige Frau so etwas nicht, aber ich kann's nicht länger ohne dich aushallen. «Damit löste sie sich von ihm und verschwand im Schlafzimmer.

Als er eintrat, stand sie im Gegenlicht am Fenster, das aufs Kap hinausging. Sie hielt den Vorhang hoch und trug nichts als ein weißes Hemd, am Hals gehalten von einer goldenen Kette. Das Haar fiel ihr offen über die Schultern. Sie bewegte sich nicht, als er näherkam und sie in die Arme nahm. Beide blickten aus dem Fenster, und Catherine spürte seine streichelnden Hände. Sie flüsterte:»Hör nicht auf, bitte. Nie wieder!«Sie dehnte sich, als seine Hände ihre Brüste fanden und die Goldkette lösten, vorauf das weiße Hemd zu Boden glitt. Dann lag er neben ihr, und seine Hände glitten über ihre nackte Haut, während sie ihn küßte. Ihre Finger entdeckten das kurze Haar in seinem Nacken, wo vor der Abreise noch sein Zopf gewesen war. Sie wollte ihn so vieles fragen: Warum war der Zopf gefallen? Wie lange konnte er in der Heimat bleiben? Aber ihr Körper wollte nicht warten. Es war kurz, und einmal schrie sie laut auf. Denn auch Bolitho kannte keine Geduld mehr.

Viel später öffnete er die Augen und fand sich in ihren Armen liegen, als hätten sie sich nie bewegt. Mondlicht schien ins Zimmer.»Wie lange liegen wir hier schon?»

Sie küßte ihn.»Nicht lange genug. Weißt du, daß du einen hellen Fleck am Nacken hast, wo früher der Zopf Schatten warf?«»Gefällt es dir?»

Sie zog seinen Kopf an ihre Brust.»Ich werde mich schon daran gewöhnen. Der Mann, den ich liebe, ist jedenfalls unverändert. «Sie streichelte sein Haar.»Ich bringe dir gleich was zu essen. Die Leute im Haus schlafen längst.»

Bolitho stand auf, und gemeinsam gingen sie zum Fenster, spürten die warme Nachtluft um ihre nackten Körper streichen und hörten die See unten friedlich um die Felsen rauschen.

Er legte den Arm um ihre Hüften und spürte, wie ihr Körper ihm antwortete. Der Mond schien auf sie herab wie ein großes silbernes Medaillon.

«Du hast mir Tag und Nacht gefehlt«, sagte er.»Ich brauche dich so sehr.»

«Und ich dich auch, Liebster.»

Er schloß das Fenster.»Siehst du den Ring um den Mond? Wir werden vor Morgengrauen Sturm bekommen.»

Sie zog ihn an sich. Als er sie umarmte, spürte sie sein Herz hämmern. Später lag er neben ihr, atmete tief und schlief endlich ein.

Sie sah aus dem Fenster. Der Mond schien so hell wie immer, der Himmel war ganz klar. Die Sterne blitzten wie ferne Lichter.

Es gab keinen Ring um den Mond. Bolitho mußte sich geirrt haben. Das verletzte Auge hatte ihm einen Streich gespielt. Ihre Angst war wieder da.

IX Ein schöner Sommer

Bolitho verhielt sein Pferd neben einer niedrigen, moosbewachsenen Mauer und blickte über die Felder zu den kleinen Häusern an der Straße nach Penryn hinüber. So glückliche und zufriedene drei Tage wie seit seiner Rückkehr hatte er noch nie im Leben genossen. Catherine war jede Minute an seiner Seite gewesen und hatte in dieser unbeschwerten Zeit viel aus seinem Leben erfahren. Er war hier geboren, war zwischen diesen Dörfern und Höfen aufgewachsen, bis er wie alle Bolithos zur See gegangen war.

Die Manxman, sein erstes Schiff, lag damals mit ihren achtzig Kanonen in Plymouth. England sonnte sich in einem kurzen Frieden, trotzdem erschrak der zwölfjährige Seekadett Bolitho beim Anblick des Schiffes so sehr wie nie wieder in seinem Leben. Die Höhe der gewaltigen Masten, das Gewirr aus laufendem und stehendem Gut jagten ihm Angst ein. Wie würde er sich je darin und unter den herumhastenden Seeleuten zurechtfinden? Aber er lernte schnell. Daß er einmal unter seiner eigenen Admiralsflagge Schiffe ins Gefecht führen würde, wäre ihm allerdings nicht im Traum eingefallen.

Catherine trieb ihr Pferd näher heran und fragte:»Was denkst du gerade?«Sie griff nach seiner Hand.»Du warst ganz weit weg.»

Er lächelte ihr zu. Sie trug ein dunkelgrünes Reitkostüm, hatte ihr Haar geflochten und über den Ohren aufgerollt.»Ich dachte an alles mögliche, aber vor allem daran, wie sehr ich dich liebe. «Er erwiderte ihren Händedruck.

Sie hatten beim Ausritt am Strand in der Steilküste eine Höhle gefunden und sie erforscht. Ein Stein mit einem Ring daran brachte ihm viele Erinnerungen zurück. Hier hatte er als Junge sein Boot festgemacht. Dann war die Flut gekommen, und er hatte nicht mehr wegrudern können. Ein Suchtrupp hatte ihn gefunden, wie er an den Felsen hing, die Füße bereits von den Wellen umspült. Sein Vater war auf See gewesen, sonst hätte er eine fürchterliche Tracht Prügel für seinen Leichtsinn bezogen.

Catherine hatte vorgeschlagen:»Daraus machen wir jetzt unsere Höhle!«Noch immer rauschte sein Blut, wenn er daran dachte, wie sie sich auf dem Sand der Höhle geliebt hatten, bis die Welt um sie versank.

Jetzt sahen sie weit über das friedliche Land. Die Pferde zupften am Gras und rieben gelegentlich die Köpfe aneinander. Über dem steten Summen der Bienen hing das Trillern unsichtbarer Lerchen, und weit weg schlug eine Glocke an.

«Ich mag deine Schwester Nancy«, begann Catherine.»Sie ist sehr lieb und hat mir viel geholfen, obwohl sie eine wie mich bestimmt noch nie kennengelernt hat. «Sie blickte hinab auf das große Haus.»Auch ihr Mann hat mir seine Hilfe angeboten, ohne daß ich darum bitten mußte.»

Das Haus, das Nancy und Lewis Roxby bewohnten, gehörte seit Generationen der Familie des Squires. Doch Bolitho wußte, daß Lewis, von vielen» der König von Cornwall «genannt, statt dessen lieber das Haus der Bolithos bewohnt hätte. Alle seine Vorfahren waren Gutsbesitzer und Friedensrichter gewesen, aber Lewis reichte das nicht. Er besaß inzwischen Zinngruben und hatte sogar ein Fuhrgeschäft gegründet. Wenn seine Unternehmen ihn nicht beanspruchten, ritt er häufig Jagden und trank auch gern. Mit Bolitho verband ihn wenig, doch Nancy liebte er sehr.