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Er war stolz auf sein Schiff und die Mannschaft. Die Matrosen kletterten mit wild flatternden Hosen hinaus auf die Rahen, Segel lösten sich donnernd und füllten sich unter dem Winddruck, so daß die Schräglage des Decks noch zunahm. Achteraus wurde Icarus hinter Dispatch ganz kurz sichtbar.

«An Deck!«Das war ein Leutnant. Savill hatte mit der Entsendung eines erfahrenen Mannes ins Krähennest recht getan.»Signal von Rapid: Drei Linienschiffe im Nordwesten!»

Inch spürte am ganzen Körper ein Prickeln. Also drei. Nun konnte kein Zweifel mehr bestehen. Das waren die Franzosen.

«Signal ans Geschwader, Mr. Savill: Klar zum Gefecht.»

Inch dachte an Bolitho und war stolz, an diesem Tag mit der Führung betraut zu sein.

Trommelwirbel erklang, und als wieder Gischt über den Bug der Helicon fegte, schien die Brutalität von See und Wind einen Vorgeschmack auf das zu bieten, was ihnen bevorstand.

XIII Westwind

Inch schaute zu den Marssegeln auf, als Spritzwasser durch die Wanten trieb wie zerfetzte Banner. Der Rumpf ächzte unter der Belastung.

Doch der Lärm täuschte ihn nicht über die Tatsache hinweg, daß sie nur langsam vorankamen. Wenn der Wind nicht zu ihren Gunsten umsprang — er verbannte die Folgerung aus seinen Gedanken.

«Einen Strich mehr nach Luv, Mr. Savill.»

Er hörte die erstickten Rufe, als seine Männer sich abmühten, dem Befehl Folge zu leisten. Er konnte noch nicht wagen abzufallen, damit mußte er bis zum letzten Augenblick warten, wenn Manövrierfähigkeit am wichtigsten war. Der Zweite Offizier stand oben im Krähennest und beobachtete die näherkommenden Schiffe, was ihm bei dem hartnäckigen Nebel nicht leicht fallen mußte. Das Land lag nur fünf Meilen querab, war aber trotzdem unsichtbar. Binnen einer Stunde hatte sich die See von Haifischblau zu Zinngrau verfärbt und zu zornigen Kämmen aufgetürmt, die vom Wind, der mit gespenstischem Geheul durchs Rigg fuhr, zerfetzt wurden.

Savill kam auf dem schiefen Deck herangetaumelt, Wasser troff ihm von Gesicht und Brust.»Schiff ist klar zum Gefecht, Sir!»

Inch biß sich auf die Lippen. Sie konnten es nicht wagen, die Leepforten des unteren Batteriedecks zu öffnen, da es sonst binnen weniger Minuten überflutet sein würde. Aber er tröstete sich mit dem Gedanken, daß es den drei französischen Schiffen auch nicht anders erging. Drei gegen drei. Die Chancen standen nicht übel. Ob der Feind versuchte, einem Gefecht auszuweichen? Unwahrscheinlich, entschied Inch. Wenn die Franzosen tatsächlich aufs offene Meer zuhielten, würde Helicon mit dem Geschwader wenden, um bei der Verfolgung den Wind besser zu nutzen. Nein, wahrscheinlicher war, daß der französische Admiral weiter auf diesem Bug blieb, da er ihm den Windvorteil bot.

Inch musterte sein Schiff. Back und Poop waren von überflüssigem Gerät befreit, Schutznetze über den Seitendecks aufgeriggt, die Waffenschränke am Großmast geöffnet. Die Stückmannschaften hatten die Oberkörper entblößt, hockten naß von Gischt um ihre Kanonen oder lauschten den Stückführern. Hinter ihnen bewegten sich rastlos die Offiziere und paßten sich balancierend der Schräglage des Decks an, wenn die Helicon durch ein Wellental oder einen Brecher pflügte.

«Gefechtsflagge hissen, Mr. Savill. «Er sah sich nach dem Offizier der Seesoldaten um.»Ah, Major, und Ihre Pfeifer sollen zum Tanz aufspielen.»

Und so hielt Helicon, dicht gefolgt von Dispatch, auf die fernen Schiffe zu. Die kleinen Pfeifer der Royal Marines stampften an Deck auf und ab, spielten einen Marsch nach dem anderen und konnten sich manchmal kaum auf den Beinen halten.

Inch sah, daß seine Besatzung die Miniaturparade grinsend betrachtete. Gut, das lenkte sie von dem Unvermeidlichen ab. Hier und dort starrte ein Mann durch die Netze oder übers Schanzkleid und suchte nach dem Feind. Vermutlich neue Matrosen, dachte er. Oder Leute, die das schon allzu oft erlebt hatten.

Er schaute zu seinem Ersten Offizier hinüber. Ein guter, zuverlässiger Mann, der bei der Mannschaft beliebt war. Das kam bei einem Ersten nicht oft vor.

Wieder erscholl der Ruf des Ausguckpostens.

«Himmel, der hat heut' aber viel zu sagen«, bemerkte Savill. Einige Männer in seiner Nähe lachten.

Doch das Lachen verging ihnen, als der Leutnant oben fortfuhr:»Das erste Schiff ist ein Dreidecker, Sir.»

«Signal an Dispatch und Icarus: Kiellinie bilden!»

Nach einer Weile senkte der Signalgast sein Fernrohr.»Signal bestätigt, Sir.»

Inch ging gedankenversunken auf und ab. Das Ganze dauerte viel zu lange.

Er sah auf, als vereinzeltes Kanonenfeuer die Luft erzittern ließ.

«Was, zum Teufel, ist das?»

Der Ausguck rief: «Rapid unter Feuer, Sir!»

Inch fluchte.»Signal an Rapid: Sie soll sich fernhalten! Was denkt sich der junge Narr eigentlich? Wenn er versucht, diese Matronen zu belästigen, holt er sich nur eine blutige Nase!»

Savill war mit seinem Teleskop in die Wanten geklettert.»Ein Schiff nähert sich Rapid und versucht, sie von uns abzuschneiden!»

Inch starrte ihn an. Obwohl ein Gefecht bevorstand, schien der französische Admiral bereit zu sein, Zeit und Kraft an eine kleine Brigg zu verschwenden. Houstons Worte hallten höhnisch in ihm nach, als seien sie gerade erst ge — sprochen worden: Rapid war ihr einziges Bindeglied. Seit Barracouta fern im Norden stand, spielte die Brigg eine wichtige Rolle.

«Keine Bestätigung von Rapid, Sir.»

«Verflucht!«Inch drehte sich um.»Lassen Sie Ihre Leute aufentern und die Bramsegel setzen, Mr. Savill. Und dann das Großsegel. Aber lebhaft!«Er sah, wie die Matrosen hastig den Kommandos folgten und die wild flatternden Bramsegel gebändigt wurden. Er spürte das Schiff unter dem zusätzlichen Segeldruck erbeben, und als das Großsegel donnernd freikam, sah er, wie sich seine Rah durchbog. Er wußte, daß er alles aufs Spiel setzte, um die Distanz zu verringern, ehe eines der französischen Schiffe Rapid niedermachen konnte.

«Signal ans Geschwader: Mehr Segel setzen!«befahl er.

Savill warf dem Master einen Blick zu und sah ihn bedenklich das Gesicht verziehen.»Aye, aye, Sir.»

Das Einzelfeuer ging weiter. Schon eine dieser schweren Kugeln konnte die Brigg entmasten oder versenken.

«Signal von Dispatch, Sir!«Der Midshipman kreischte fast.»Sie ist in Schwierigkeiten!»

Inch schnappte sich ein Fernrohr und rannte die Leiter hoch zum Poopdeck, wo die Seesoldaten sich wartend auf ihre Musketen stützten. Sein Herz krampfte sich zusammen, als der Umriß des Zweideckers sich veränderte. Er merkte nicht, wie bestürzt seine Stimme klang, als er ausrief:»Ruderbruch!«Winzige Figuren riskierten auf den wild schwankenden Rahen ihr Leben, um die Segel zu reffen, damit das Schiff nicht entmastet wurde. Bei schwerem Sturm kam so etwas öfter vor. Ruderschaden oder ein gebrochenes Steuerseil — das waren normale Pannen, die sich immer beheben ließen. Aber in welcher Frist? Die Entfernung wurde schon größer, und Icarus blieb im Dunst völlig unsichtbar.

Inch hastete die Leiter hinunter und sah Savills besorgtes Gesicht; andere, die noch vor wenigen Augenblicken kampflüstern gewesen waren, schauten ihn nun bestürzt an.

«Es kann eine Ewigkeit dauern, bis Dispatch das repariert hat, Mr. Savill. Wenn wir nichts unternehmen, ist sie so hilflos wie Rapid.»

Savill schien sich zu entspannen.»Sie können sich auf mich verlassen, Sir.»

Inch sah ihn an.»Das habe ich nie bezweifelt. Lassen Sie nun die Kanonen laden, aber rennen Sie sie erst auf meinen Befehl hin aus. «Er wandte sich ab, als die Geschützbedienungen aufsprangen und nach Ansetzern und Handspaken griffen.

Dispatch trieb weiterhin steuerlos ab. Der Feind mußte sich fragen, was hier vor sich ging. Eine Kriegslist oder Falle vielleicht, die dem französischen Admiral bestimmt zu denken gab. Inch runzelte die Stirn. Aber nicht lange.