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Er spähte achtern und bemerkte, daß die Tenacious nach noch auf gleicher Höhe war, obgleich sein Schiff jetzt mehr Segel fuhr. Taktmäßig schlug er mit der Faust auf die Reling, um seine Gedanken zu unterstreichen. Wenn sie nur den Dreck am Kiel hätte loswerden können, dann würde die alte Hyperion ihnen allen etwas zeigen!

«Vielleicht ein Schiff der Blockade?«unterbrach Herrick sein Grübeln.

«Unwahrscheinlich. «Bolitho starrte auf den Dunst, der die Kimm verbarg.»Lord Hood kann sich nicht mehr um die Blockade irgendwelcher Küstenstriche kümmern, er hat jetzt zu viel am Hals. Der Abzug seiner Streitkräfte aus Toulon — das ist tausendmal schlimmer als unser Rückzug aus St. Clar, Thomas.»

«An Deck! Segel in Luv voraus, Sir!»

Sie blickten zu dem schwingenden Masttopp empor, dann sagte Bolitho gelassen:»Nun, wir werden bald mehr wissen. Entern Sie auf, Thomas, und sagen Sie Bescheid, sobald Sie etwas festgestellt haben.»

Midshipman Piper erschien wie hergezaubert.»Sir, die Harvester signalisiert!»

Bolitho nahm ein Teleskop aus der Halterung und spähte an Pipers ausgestrecktem Arm entlang. Die Fregatte lag gut sichtbar an Backbord voraus, und auf einmal hatte er sie scharf und klar in der Linse, denn eine plötzliche Bö fegte den Dunst hinweg wie Rauch.

«>Schiffe in Nordost««, übermittelte Piper das Signal. Er hielt in-ne und blätterte in seinem Handbuch.»»Schätzung: sechs Linienschiffe«.»

Automatisch verarbeitete Bolithos Verstand die Information der Fregatte und ordnete sie in seine eigenen Erkenntnisse ein. Die Schiffe, wer sie auch sein mochten, lagen fast genau auf dem Kurs der Hyperion. Langsamer als diese konnten sie kaum sein, also war anzunehmen, daß sie Gegenkurs fuhren und direkt auf sie zukamen.

Heiser rief Herrick hinunter:»An Deck! Da ist eine Verfolgung im Gange, Sir! Vielleicht fünf oder sechs Linienschiffe in Kiellinie!»

Bolitho warf einen kurzen Blick zur Tenacious hinüber.»Kommen Sie an Deck, Mr. Herrick!«Er winkte Inch und befahl:»Signal an alle Schiffe, Mr. Inch: >Machen Sie gefechtsklar«.»

Während die Signalflaggen hochgingen, landete Herrick über ein Backstag mit einem Knall direkt neben Bolitho. Der blickte ihn ernst an.»Lassen Sie >Klar Schiff zum Gefecht «anschlagen!»

Herrick faßte an den Hut.»Aye, aye, Sir!«Dann grinste er.»Glauben Sie, wir können denen die Prise direkt vor der Nase we g-schnappen, Sir?»

Doch Bolitho lächelte nicht.»Ich fürchte, das Schiff, das da gejagt wird, ist eines von uns, Mr. Herrick.»

Übers Wasser kam der rasselnde Trommelwirbel, mit dem die Tenacious Klarschiff einleitete. Wahrscheinlich dachte Dash, Bo-litho sei verrückt geworden, denn er hielt es wohl ebenso wie He r-rick für unmöglich, daß der Feind bereits in solcher Stärke das offene Meer gewonnen hatte.

Die Trommler der Hyperion nahmen das Signal auf; und während die Männer aus den Niedergängen an Deck strömten und von den Maaten, die noch im Laufen die Namen aufriefen, an ihre Gefechtsstationen dirigiert wurden, blickte Bolitho noch einmal zu Pomfrets Wimpel auf, der lustig am Besan flatterte.

Dann verstummte der betriebsame Lärm. Herrick eilte wieder aufs Achterdeck und meldete:»Schiff klar zum Gefecht, Sir.»

Immer noch blickte Bolitho nachdenklich zum Masttopp empor.»Die Hyperion wurde zu lange abseits gehalten, Thomas. Die Admiralsflagge wird dafür sorgen, daß wir heute im Zentrum des Geschehens sind. «Trotz Herricks beunruhigtem Blick sprach er gelassen weiter:»Da sehen Sie also, daß ich Sir Edmund nicht auf die Tenacious überführen kann, selbst wenn ich es wollte.»

Piper war ins Eselshoofd[12] aufgeentert, um besser sehen zu können.»An Deck!«rief er.»Das vorderste Schiff führt unsere Flagge,

Sir!»

Bolitho schlug die Faust in die andere Handfläche.»Hab ich's nicht gesagt, Thomas?«Innerlich zitterte er vor Spannung.»Lassen Sie die Rahen mit Ketten sichern und die Boote in Schlepp nehmen! Heute darf uns kein überflüssiges Kleinholz um die Ohren fliegen, Thomas!»

Herrick gab den Befehl weiter und trat beiseite, als ein paar Matrosen aus Tomlins Abteilung nach achtern rannten, um die Schleppleine zu belegen. Wenn eine Kanonenkugel ein Boot an Deck traf, dann barst es in einem Hagel mörderischer Splitter. Trotzdem verspürte Herrick Unbehagen, als ein Boot nach dem anderen über Bord gefiert wurde. Es war, als werfe man die letzte Überlebenschance weg.

Bolitho schien an dergleichen nicht zu denken.»Signal an Chan-ticleer: >Position in Lee einnehmen!«Ich will nicht, daß es ihr geht wie der Snipe.«Auch er beobachtete das Abfieren der Boote.»Die Schaluppe kann der Schlacht zusehen und uns moralisch unterstützen«, schloß er.

Herrick starrte ihn verwundert an. Wie schaffte er es bloß, so ruhig, so völlig unbeteiligt zu wirken angesichts der unmittelbaren Gefahr? Aber Bolitho sah gar nicht Herricks Gesicht, aufmerksam musterte er sein Schiff, denn jede Einzelheit mußte geprüft werden. Bald war dazu keine Zeit mehr.

Jedes Geschütz war bemannt, jeder Geschützführer kontrollierte geschäftig Mannschaft und Gerät. Zwischen Pulverkammer und Batterien eilten die kleinen» Pulveraffen «hin und her, Schiffsjungen mit Kartuschen und Ladepfropfen, die Augen weit aufgerissen und die Gesichter vor Konzentration verzerrt: heute war es ihre einzige Aufgabe, jene Rohre mit Nachschub zu versorgen.

Die Seesoldaten standen an den Netzen, Bajonette aufgepflanzt, Musketen schußfertig. Im Vorschiff konnte Bolitho Lieutenant Shanks und seine Abteilung bei den Karronaden sehen, den Rücken zum Feind, den Blick zum Achterdeck gerichtet.

Rooke und der junge Gordon schritten miteinander die Reihen ihrer Geschütze ab; und Bolitho fragte sich flüchtig, was sie wohl so angelegentlich zu diskutieren hätten. Zuletzt musterte er das Achterdeck, das Nervenzentrum des Schiffes, wo die Entscheidung über alles Leben an Bord fiel. Caswell stand bei den Neunpfündern, doch seine Augen hingen an Piper und Seton, die bei den Signalleinen warteten. Das alles erinnerte ihn an seine eigene Vergangenheit, und das Warten wurde ihm unerträglich.

«Ich gehe nach unten, Mr. Herrick«, sagte er,»um den Admiral aufzusuchen. «Er warf einen Blick auf den Verklicker[13] oben.»Es wird noch eine Stunde dauern, bis wir Feindberührung haben. «Das abgerissene Geschützfeuer klang noch wie ferner Donner.

Unten stockten die routinemäßigen Arbeiten zur Gefechtsvorbereitung sekundenlang, als er erschien. Ein paar einzelne Gesichter fielen ihm auf, die ihn an frühere Gefechte erinnerten. Ein grauhaariger Geschützführer tippte sich grüßend an die Stirn und sagte:»Denen zeigen wir's heute, Sir!«Er legte die schwielige Hand auf den Verschluß seines Zwölfpfünders.»Unsere olle Maggie hier wartet schon darauf. «Seine Männer nickten grinsend dazu.

Bolitho verhielt einen Augenblick.»Tut euer Bestes, Leute!«Gewaltsam verdrängte er den Gedanken, daß in ein paar Stunden manche von diesen Männern tot sein und andere um ein schnelles Sterben beten würden.»Und paßt auf«, sagte er zu dem Geschützführer,»daß die Leute ihre Halstücher um die Ohren binden. Sie sollen es noch hören können, wie die Landratten in England Hurra schreien, wenn wir nach Hause kommen!«Im Weggehen hörte er sie lachen und rufen und fühlte sich beschämt.

Fast blindlings stieg er den nächsten Niedergang hinab und blieb einen Moment stehen, um die Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Im unteren Batteriedeck war es Nacht im Vergleich zum Dämmerlicht der oberen Batterie. Doch bald würden die Stückpforten offen stehen, und dieses niedere, balkendurchzogene Gewölbe würde wie unter den Schlägen höllischer Vorschlaghämmer erzit-

tern. Inch war jetzt bei seinen Vierundzwanzigpfündern und grinste tatsächlich, als er auf seinen Kommandanten zuging.

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12

Mast und Stenge des Großmasten.

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13

Wimpel, der Windrichtung und — stärke anzeigt.