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«Ich habe mein Wort gehalten, Capitaine«, hatte Charlois geschlossen.»Sie bekamen Wasser und die Besatzung der Fairfax.«Dabei hatte er etwas verlegen gelächelt.»Die Schaluppe selbst mußten wir einstweilen behalten, das verstehen Sie doch? Es wäre nicht gut, unsere Karten ganz aufzudecken — eh?»

Bolitho verstand durchaus. Wenn Lord Hood einen weiteren Angriff auf das Festland scheute, dann mochte die Schaluppe den Bürgern von St. Clar als einziges Zeugnis ihrer Loyalität vor einem rachedürstenden Revolutionsgerichtshof dienen.

In der hellen Morgensonne hatte die Hyperion Anker gelichtet und war vor den auffrischenden Wind gegangen. Die Franzosen hatten nicht nur die Besatzung der Schaluppe überstellt und Trinkwasser geliefert, sondern sogar die verbrauchten und halbverfaulten Wasserfässer der Hyperion durch neue ersetzt. Das war eine Geste des guten Willens; sie hatten auch noch berittene Wächter ein Stück landeinwärts geschickt, damit sie sicher sein konnten, daß die Anwesenheit der Hyperion unentdeckt geblieben war.

Im Frühlicht, als die Wasserleichter abgelegt hatten, war Rooke aber doch die Bemerkung entfahren:»Ich bezweifle, daß die Frogs diesen Handel lange geheimhalten können. Irgendein verdammtes Fischerboot wird die Nachricht an die nächste Garnison verkaufen.»

Kalt hatte ihm Bolitho erwidert:»Mag sein, daß Sie solchen Verrat schon erlebt haben, Mr. Rooke. Doch bei mir zu Hause in Cornwall ist die Loyalität ganzer Städte und Dörfer durchaus nichts Ungewöhnliches. «Darauf hatte Rooke geschwiegen. Vielleicht hatte er im bleichen Morgenlicht eine Warnung in den Augen seines Kommandanten gelesen.

Mißmutig starrte Bolitho jetzt das Schriftstück an, das vor ihm auf dem Tisch lag. Noch ein paar Zeilen, und er war fertig. Wenn er von Lord Hood Rat und volle Unterstützung bekam, war eine richtige Invasion immer noch möglich. So oder so würde St. Clar zum Kampfgebiet werden.

Er streckte die Hand aus und griff nach dem unvollendeten Bericht. Dieser eine Punkt war ein Fleck auf dem Ganzen und erfüllte ihn mit tiefem Mißmut. Er mußte mit Quarme sprechen, ihm sagen, er solle den Mund halten. Dann ließ es sich vielleicht irgendwie arrangieren, ihn nach England zu schicken. Jetzt, da sich das Land wieder im Krieg befand, war es unwahrscheinlich, daß der Ausrutscher eines kleinen Leutnants viel Aufsehen erregen würde. Quar-me konnte von neuem anfangen. Wenn er ihn auf eigene Verantwortung fortschickte, konnte er ihn vor dem Kriegsgericht retten, mit dem Risiko allerdings, selbst den Prozeß gemacht zu bekommen. Blieb nur noch Rooke. Stirnrunzelnd biß er sich auf die Lippe. Aber in erster Linie kam es auf Quarme an und wie er es verkraftet hatte, so lange mit seinen Gedanken allein zu bleiben.

Es klopfte, doch als er aufblickte, sah er nicht Quarme, sondern den Steuermann.

«Tut mir leid, Mr. Gossett, aber wenn es nicht sehr wichtig ist, müssen Sie später kommen.»

Gossett schien schwer erschüttert. Sein mächtiger Körper schwankte mit dem Schiff wie ein Baum im Wind.

«Ich habe den jungen Mr. Piper getroffen, Sir. Er war sehr aufgeregt, und da dachte ich, ich sag' Ihnen lieber selbst, was passiert ist.»

Bolitho starrte ihn an. Plötzlich überlief es ihn eiskalt.

Langsam nickte Gossett.»Mr. Quarme ist tot, Sir. Hat sich in seiner Kajüte erhängt.»

«So. Erhängt. «Bolitho wandte sich ab, um sein Entsetzen zu verbergen. Gossett räusperte sich laut.»Der arme Kerl. Hat in letzter Zeit große Sorgen gehabt.»

Bolitho wandte sich um und blickte dem Steuermann ins Gesicht.»Als ich Cozar mit der Chanticleer nahm, konnte ich beobachten, wie die Hyperion ihre Scheinangriffe fuhr und das Feuer der Batterie auf sich zog. Das war erstklassige Seemannschaft. «Er ließ seine Worte wirken und merkte, daß Gossetts Augen erschrocken aufflackerten.»Seemannschaft«, fuhr er fort,»die in jahrelangem Dienst und in feindlichem Feuer erworben sein mußte.»

Gossett trat von einem Fuß auf den anderen.»Wird schon so sein,

Sir.»

«Sie haben die Hyperion an jenem Tage gesegelt, nicht wahr? Ich will die Wahrheit wissen.»

Fast trotzig hob der Steuermann den Kopf.»Jawohl, Sir. Mr. Quarme war 'n guter Offizier. Aber, wenn Sie mir die Freiheit erlauben, er hatte 'ne Menge Ärger mit seiner Frau. Die stammte aus vornehmer Familie und wollte 'n feines Leben führen. «Resigniert hob er die Schultern.»Aber Mr. Quarme war eben Leutnant und weiter nichts, Sir.»

«Sie meinen, er hatte kein Geld?«fragte Bolitho tonlos.

«So ist es, Sir. «Wütend verzog der Steuermann das tiefbraune Gesicht.»Und dann dieses dreckige Gerede, daß er irgendwelche Gelder unterschlagen haben soll, die er in Verwahrung hatte.»

Bolitho hob die Hand.»Warum hat man mir das nicht gesagt?»

Gossett sah verlegen zur Seite.»Wir alle wußten doch, er würde nie was von seinem eigenen Schiff klauen, Sir. Nich' wie manche andere, die ich auch nennen könnte. Er hatte vor, die Sache mit

Cap'n Turner durchzusprechen und Klarheit zu schaffen. Hat mir sogar erzählt, daß Cap'n Turner wußte, wer das Geld wirklich geklaut hat.»

Ruhig erwiderte Bolitho:»Aber Captain Turner starb an Herzschlag. «Er dachte an den Ausbruch Rowlstones bei der ersten Dienstbesprechung und an die aggressive Art, mit der Rooke dem Doktor über den Mund gefahren war.

Verlegen erwiderte Gossett:»Tut mir leid, daß ich' s Ihnen nicht gesagt habe, Sir, nach allem, was Sie für das Schiff getan haben. Aber ich hatte das Gefühl, daß ich ihm das schuldig war, wissen Sie.»

«Ja, verstehe. «Bolitho legte die Hand flach auf den unvollendeten Bericht.»Aber das ist keine Entschuldigung, Mr. Gossett. Ihre Loyalität schulden Sie dem Schiff, nicht einem einzelnen. Trotzdem danke, daß Sie es mir erzählt haben. Ich hätte es wohl auch so gemacht. «Er fügte hinzu:»Das bleibt aber unter uns, Mr. Gossett.»

Heftig nickte der Steuermann.»Bleibt es, Sir.»

Noch lange, nachdem Gossett gegangen war, saß Bolitho reglos am Fenster. Dann trat er an den Tisch, nahm die Feder auf und schrieb rasch den Schluß des Berichts:

«…jener tapfere Offizier, der, wie oben erwähnt, das Schiff unter ständigem feindlichen Feuer mit großer Kühnheit und unter Hintansetzung seiner persönlichen Sicherheit geführt hat, nahm sich später unter tragischen Umständen das Leben. Er war meiner Überzeugung nach ein kranker Mann, der sich, hätte er nicht seine Gesundheit dem Wohle des Schiffes geopfert, einen Platz in der Kriegsmarine errungen hätte, an dem sein Name noch lange in Erinnerung geblieben wäre. «Er unterschrieb den Bericht und starrte minutenlang darauf nieder.

Es ist wenig genug, dachte er bitter, und nützt Quarme gar nichts. Aber in England würde es denen, die Quarme noch als den Mann gekannt hatten, den Gossett vor Unheil zu schützen versucht hatte, ein gewisser Trost sein.

Dennoch wußte Bolitho mit Sicherheit: Wenn Unheil angriff, dann meist von innen her. Und dagegen gab es keine Verteidigung.