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Da rief Quarme:»Jetzt erkenne ich sie ganz genau, Sir. Sieht wie eine Schaluppe aus. Hält Ostkurs.»

«Sie wird Depeschen und Post für die Gibraltar-Flotte an Bord haben«, sagte Rooke. Die anderen blieben stumm, waren aber wohl der gleichen Meinung. Bolitho blickte zu Gossetts massiger Gestalt herüber.»Sie kennen diese Gewässer, Mr. Gossett. Wird sich das Wetter halten?»

Der Master runzelte die Stirn, bis seine Augen fast in dem gebräunten Gesicht verschwanden.»Nicht lange, Sir. Diese leichten Böen kommen und gehen, aber ich schätze, noch vor acht Glasen frischt der Wind auf. «Er wollte sich damit keineswegs großtun; sein Urteil gründete sich auf lange Erfahrung.

Bolitho nickte.»Sehr schön, Mr. Gossett. Pfeifen Sie >Alle Mann<. Fertigmachen zum Halsen. Wir ändern den Kurs und fangen diese Schaluppe ab.»

Keuchend erschien Quarme an Bolithos Seite.»Wir können ihr doch signalisieren, daß sie uns ansegeln soll, Sir. «Er schien fast empört darüber, daß ein Linienschiff einem so kleinen Fahrzeug entgegenkommen sollte.

Bolitho blickte ihn ernst an.»Sobald wir nahe genug sind, signalisieren Sie bitte. Ich will sie jetzt nicht mehr außer Sicht verlieren.»

Quarme begriff nicht.»Was soll ich signalisieren, Sir?»

Die Bootsmannspfeifen riefen an die Brassen. Unten auf dem Hauptdeck rissen sich die Matrosen aus ihrer Schlaffheit und eilten auf Stationen.»Signalisieren Sie: >Beidrehen und Befehle abwarten««, sagte Bolitho ruhig.

«Verstehe. Sie wollen also doch Depeschen an Lord Hood schik-ken, Sir. «Quarme biß sich auf die Lippen und nickte bedeutsam.»Meiner Ansicht nach die beste Entscheidung. Keiner kann Ihnen einen Vorwurf machen, Sir.»

Bolitho beobachtete die Marine-Infanteristen, die wie stets im Gleichschritt und ganz unseemännisch an die Besanbrassen marschierten.»Ich habe nicht die Absicht, Lord Hood zu berichten, Mr. Quarme. Jedenfalls nicht eher, als bis es tatsächlich etwas zu berichten gibt.»

Es dauerte fast zwei Stunden, bis die Schaluppe auf Signaldistanz war; doch eine Stunde vor Ende der Nachmittags wache hatten beide Schiffe gehalst. Sie lagen jetzt auf Südkurs und bewegten sich von der nebelverhangenen Insel weg. Bolitho ließ dem Kommandanten der Schaluppe signalisieren, er solle an Bord kommen. Als beide Schiffe Segel gekürzt hatten, begab er sich wieder in seine Kajüte und schickte nach Quarme.

«Eine Viertelstunde nach der Ankunft des Kommandanten bitte ich alle Offiziere in meine Kajüte, Mr. Quarme. «Er kümmerte sich nicht um das erstaunte Gesicht des Ersten, sondern fuhr knappen Tones fort:»Auch alle Deckoffiziere der Freiwache, ist das klar?»

«Aye, aye, Sir. «Quarmes Augen schweiften zum Heckfenster, wo die kleine Schaluppe hurtig auf den Wellen ritt.»Darf ich fragen, was Sie vorhaben, Sir?»

Unbewegt sah Bolitho ihm ins Gesicht.»In fünfzehn Minuten, Mr. Quarme.»

Er bezwang die nagende Ungeduld, bis er hörte, wie das Boot längsseit kam und die schrillen Querpfeifen die Ankunft des Kommandanten verkündeten. Aber als Lieutenant Bellamy, Kommandant Seiner Majestät Schaluppe Chanticleer, dem das alles genauso unverständlich war wie Mr. Quarme, endlich in die Kajüte trat, war Bolitho wenigstens äußerlich wieder vollkommen ruhig.

Bellamy war ein junger, schlacksiger, besorgt blickender Offizier, der ständig auf das Schlimmste gefaßt schien.

Bolitho kam sofort zur Sache.»Tut mir leid, daß ich Sie so unvermittelt an Bord rufen mußte, Bellamy; aber als dienstältester Offizier dieses Geschwaders brauche ich Ihre sofortige Hilfe.»

Bellamy verarbeitete diesen Anfang zunächst ziemlich gefaßt. Auch stellte er Bolithos Recht, sein Schiff zu stoppen, nicht in Abrede; Bolitho nahm an, daß ihm die Bezeichnung» dienstältester Offizier «imponiert hatte.

Er fuhr fort:»Dort drüben liegt Cozar, das, wie Sie vielleicht wissen, jetzt in der Hand des Feindes ist. Ich beabsichtige, diesen Zustand zu ändern, und zwar unverzüglich. «Er blickte den Leutnant forschend an.»Jedoch ist Ihre Mitwirkung dabei unerläßlich, verstehen Sie?»

Offensichtlich verstand Bellamy nicht. Wenn schon ein Vierundsiebziger sich nichts zutraute, dann schien es ihm ziemlich unwahrscheinlich, daß seine kleine, leichtgebaute Schaluppe viel ausrichten konnte. Aber trotzdem nickte er. Vielleicht nur, um Bolitho bei Laune zu halten, diesen Geschwaderkommandeur, der allem Anschein nach nur über ein einziges Schiff verfügte.

Bolitho lächelte.»Also gut — ich will Ihnen sagen, was ich vorhabe.»

Fünfzehn Minuten später öffnete Quarme wortlos die Tür und ließ die Offiziere der Hyperion an sich vorbei in die Kajüte treten. Ihre Blicke, die zunächst geschäftig in diesem geheiligten Quartier umherirrten, hefteten sich schließlich auf den fremden Leutnant.

Gelassen blickte Bolitho ihnen entgegen.»Also, meine Herren, wenigstens haben wir jetzt einen Plan. «Nun blickten sie alle Bo-litho an und ließen ihn auch nicht mehr aus den Augen.

«In einer Stunde gehen wir auf Nordkurs und kreuzen in Richtung Festland. Die Zeit wird knapp, und es gibt eine Menge zu tun. Die Franzosen werden wohl kaum versuchen, während der Nacht Cozar anzusegeln. Erstens ist das nicht ganz ungefährlich, und zweitens könnten sie auf die Princesa stoßen. «Er entrollte eine Seekarte auf dem Tisch.»Ich beabsichtige, morgen früh bei Sonnenaufgang hier auf dieser Position zu stehen, nordwestlich der Insel; und sobald uns die Garnison gesichtet hat, wird Leutnant Bellamy seine Sloop direkt in den Hafen segeln.»

Hätte er das persönliche Erscheinen Gottvaters angekündigt, so hätte die Wirkung nicht größer sein können. Einige Offiziere starrten Bellamy so ungläubig an, als ob sie von diesem eine Erklärung oder Bestätigung erwarteten; doch der blickte nur stumm auf seine Füße hinunter. Andere wechselten erschrockene Blicke und musterten Bolitho, als wollten sie sich vergewissern, daß er nicht verrückt geworden sei.

Mit leichtem Lächeln fuhr Bolitho fort:»In der nächsten Stunde wird eine unserer Karronaden auf die Chanticleer geschafft. «Er biß die Zähne zusammen, denn mit diesen Worten hatte er sich und jeden Anwesenden festgelegt.»Außerdem nimmt sie einhundert Matrosen und alle Marine-Infanteristen an Bord.»

Hauptmann Ashby konnte sich nicht länger beherrschen.»Aber was soll daraus werden, Sir? Ich meine, verdammt noch mal, Sir. «Er verfiel in hilfloses Schweigen. Dann erklang Rookes elegant-nachlässige Stimme von der anderen Seite der Kajüte:»Die Frogs sollen also denken, die Schaluppe sei die Fairfax, die wieder im Hafen einläuft, Sir?»

Wortlos nickte Bolitho. Der schlaue Rooke war jedenfalls den anderen ein ganzes Stück voraus.»Genau.»

Es gab ein großes Durcheinander, allerlei Gemurmel und vielerlei Fragen; starrköpfig wandte Quarme ein:»Aber wie soll das klappen, Sir? Ich meine, die Chanticleer ist zwar eine Schaluppe, aber doch mit der Fairfax gar nicht zu verwechseln. Sie ist älter und kleiner!«Und mancher in seiner Nähe nickte dazu.

«Eine gute Frage, Mr. Quarme. «Bolitho verschränkte die Hände hinter dem Rücken.»Dennoch weiß ich aus Erfahrung, daß die Menschen gewöhnlich das sehen, was sie erwarten. «Ganz langsam blickte er sich im Kreise um.»Und der Feind wird eine Schaluppe sehen, die von der Hyperion gejagt wird. Sie werden auf uns feuern, um ihr Deckung zum Einlaufen zu geben. Wenn sie merken, was wirklich gespielt wird, ist die Schaluppe bereits im Hafen und so dicht am Pier, daß sie sich im toten Winkel der französischen Geschütze befindet.»

Jeder hörte ihm jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Selbst die Midshipmen reckten die Hälse, um ihn besser zu verstehen.

«Es muß allerdings schnell gehen, meine Herren«, fuhr er fort.»Die Franzosen können jetzt jeden Moment Verstärkung senden. Und ein scharfäugiger Ausguck könnte den Unterschied zwischen den beiden Schaluppen erkennen, ehe wir im Hafen sind. Aber die Garnison hier besteht aus Landsoldaten. Brauche ich noch mehr zu sagen?«Überraschenderweise gab es tatsächlich hier und da Gelächter. Das war wenigstens ein Anfang.