Man bat Valera und Alena höflich den Speisesaal zu verlassen und sie kamen, Hand in Hand, zu Alena, die einen Zimmer zusammen mit einem anderen Mädchen mietete, das glücklicherweise dieser Nacht nicht zu Hause war. XXXX XXXXXX XXXXXX XXXXXX XXXXXX XXXXXX XXXX XXXX. Am nächsten Morgen flog Valera zurück nach Rostow mit der Telefonnummer von Alena. So begann für ihn die Liebe per Telefon. Valera rief Alena jeden Tag an. Gott sei Dank prüfte damals niemand im Institut die Telefonrechnungen! Sie sprachen stundenlang. Dann rief Valera dreimal pro Woche, danach zweimal und Alena war nicht jedes Mal da. Eines Tages rief Valera an und sprach statt Alena mit ihrer Mitbewohnerin, die teilte ihm mit, dass Alena nicht mehr dort wohnte und dass sie vor kurzem schwanger war und dass sie neulich Zwillinge gebar. Valera war wie vom Blitz getroffen. Er wurde zum Vater! Er wusste nicht, was er tun sollte. Er konnte aber sich selber nicht als Vater vorstellen. Valera verlor den Schlaf. Er dachte ganze Nächte durch über die Situation. Er übernimmt die materielle Verantwortung. Er unterstützte Alena mit Geld. Er würde seine Kinder besuchen. Aber wo findet er Alena? Alle seine Versuche sie zu finden waren umsonst. Nach einigen Wochen kam Valera zur Entscheidung, dass Alena selbst ihn finden musste, was aber nicht passierte. In den danach laufenden Jahren spielte Valera manchmal mit Gedanken, dass es irgendwo in der Welt zwei seine Kopien gäbe. Zehn Jahre später war Valera dienstlich in Minsk und begegnete Alena in einem Laden. Beide waren überrascht und freuten sich zugleich. Alena war schon verheiratet und hatte ein Kind. Valera erzählte ihr von seinem Anruf. Alena lachte darüber und sagte, dass das bestimmt ein Scherz von ihrer Mitbewohnerin war. Sie sahen sich niemals wieder. XXXX XXXXX XXXX XXXX XXXXX XXXXXXXXXXXXX XXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXXXX XX.
Sieben Jahren später promovierte Valera zum Doktor der Wissenschaft. Dieser wissenschaftliche Grad ist der restlichen Welt nicht bekannt. Der Doktor der Wissenschaft soll seine eigene wissenschaftliche Schule haben und eine neue Richtung in der Wissenschaft schaffen. Dieser wissenschaftliche Grad wurde von Genosse Stalin eingeführt, der neigte dazu, Menschen zu rangieren. Damals war ein Gehalt eines Doktors der Wissenschaft hoher als ein Gehalt eines Fabrikdirektors. Um einen Professor zu sein, musste man zuerst in der UdSSR zum Doktor der Wissenschaft promovieren, was aber sich lohnte, weil ein Professor fast automatisch zum lebenslänglichen Leiter des Lehrstuhls wurde. Hier aber berücksichtigte Genosse Stalin die menschliche Psychologie nicht. Solch einem Anreiz konnte niemand widersprechen und Quantität der Doktoren der Wissenschaft begann exponentiell zu wachsen. Es konnte so viele wissenschaftliche Richtungen doch nicht existieren! Wie schön man sagt – Tendenz stieg. In Zeiten der Perestroika sprach man ernst von Abschaffung des Doktors der Wissenschaft und Privilegien der Akademiker, aber die Menschen, die diese Entscheidung treffen sollten, waren selbst Doktoren der Wissenschaft und Akademiker, so waren alle Gespräche nur Lippenbekenntnisse. Apropos, als Akademiker gilt in allen Ländern der ehemaligen UdSSR ein Mitglied der Akademie der Wissenschaft. Diese Mitgliedschaft war eine Arbeitsstelle mit Privilegien und Gehälter des Ministers.
Also war Valera Doktor der Wissenschaft, wollte aber nicht zum Professor werden, weil er es, den Studenten zu unterrichten hasste. Er wurde zu Senior wissenschaftlicher Mitarbeiter, was eigentlich dasselbe war. Sein Lohn war hoch, reichte ihm aber nicht, weil Valera um seine Familie sorgte. Genauer gesagt, war das nicht ganz seine Familie, sondern seiner Schwester. Valera sorgte immer um seine Schwester. Als sie Erwachsene wurde und heiratete, sorgte er um ihre Familie, weil seine Schwester und ihr Mann als die freien Künstler fungierten, sogar avantgardistische Maler, und niemand in der UdSSR, Valera einschließlich, konnte ihre Kunst verstehen. Die Beide waren seiner Sache gewiss, dass nach ihrem Tod ihre Gemälde sehr teuer würden. Bis dahin musste Valera um sie kümmern. Was er auch machte. Er liebte es, neben seiner Schwester und seinem Schwager zu sitzen und ihren Gesprächen über moderne Kunst zuzuhören. Um ehrlich zu sein, sie sprachen die ganzen Tage über Kunst und malten sehr selten, aber die Ausgabe für Farben und Lein waren immens. Deshalb arbeitete Valera schon seit Studentenzeiten nachts als Heizer in einer naheliegenden Kesselanlage.
Valera arbeitete in dieser Kesselanlage mit einem anderen Heizer namens Fomitsch zusammen. Fomitsch war ein alter Söffel, der Valera überhaupt nicht störte. Früher kam er zur Schicht mit einer Flasche Portwein „777“, trank sie aus und schlief den Rausch durch die Nacht aus. Jetzt war Fomitsch gar nicht derselbe. Ihm genügt eine Flasche für drei Tagen. Manchmal verwöhnte Valera ihn und kaufte Fomitsch eine Flasche Wodka, die er nachher die ganze Woche trank. Auf dieser Art und Weise koexistierten sie friedlich – Fomitsch schlief und Valera lernte oder schrieb wissenschaftliche Artikel. Am Anfang versuchte Fomitsch mit Valera zu reden, aber als es sich offensichtlich darstellte, dass Valera keinen Wein trank, verlor Fomitsch das Interesse an ihm und sie sprachen danach nie mehr miteinander. Fomitsch betrachtete Valera als einen Fehler der Natur, den man bemitleiden sollte.
Valera konnte diese Arbeit nicht weglassen, um das Leben seiner Künstler auf ihnen gebührendem Niveau zu halten, besonders weil diese Künstler ein sehr anstrengendes gesellschaftliches Leben zu pflegen versuchten. Abends, als Valera zu seiner Kesselanlage kam, sammelten unzählige andere verkannte avantgardistische Künstler in seiner Wohnung und diskutierte über das Schicksal der avantgardistischen Kunst in der UdSSR. Sie tranken Plodovo-jagodnoe und aßen die billigsten Fischkonserven Kilka w tomate (Strömling in Tomatentunke), aber es war so viel von ihnen! Und Valera blieb nichts anderes übrig, als die Rechnungen zu begleichen... Er versuchte nie, diese Meetings zu verbieten oder bloß zu reduzieren. Er wusste, dass es für die Künstler sehr wichtig war, mit Gleichgesinnten zu kommunizieren. Es geschah viel später, nach der Perestroika, als in Russland Hunger passierte. Da kam Valera vor den gesammelten Avantgardisten und sang ganz falsch das populärste damals Lied Приходи ко мне Глафира, приноси кусочек сыра (Komm zu mir zu Besuch Glafira, nimm doch ein Stückchen von Käse mit). Danach sah er jedem Künstler in die Augen. Die beschämten Künstler gingen schweigend aus der Wohnung und kamen nie mehr. Aber das geschah viel, viel später. Momentan beschäftigte sich Valera mit ganz anderen Problemen.
Valera wohnte in einer Wohnung, die man auf Russisch kommunalka nennt. Solche Wohnungen existierten nicht nur in Rostow, sondern in allen anderen Städten der UdSSR, die alt genug waren, um die vor der Revolution gebauten Gebäude zu haben. In zaristischen Zeiten wohnten dort sehr vermögende Bürger und die Wohnungen waren entsprechend groß. Nach der Revolution besiedelten diese Wohnungen viele Familien der Normalsterblichen. Sie bekamen ein oder zwei Zimmer. Toilette, Badezimmer und Küche teilten sie mit anderen Familien. Dort passierten tragische und komische Ereignisse und unzählige sowjetische Bücher erzählten davon. Wie dem auch sei, alle Bewohner der Kommunalkas wollten unbedingt aus diesen Wohnungen weg, was auch passierte, aber viel später, nach der Perestroika, als neue sehr vermögende Bürger diese Wohnungen kauften, um in Zentrum der Stadt zu wohnen.
Eine Baufirma kaufte leerstehenden Platz neben dem Gebäude, wo Valera residierte. Da wollten diese kapitalistischen Haie ein Hochhaus auf diesem Platz bauen. Genau die Idee gefiel Valera nicht. Früher stand am diesen Platzt eine Bude, wo man Bier verkaufte. Viele aus alten Erbfamilien der Picheler konnten bis heute an diese Bude erinnern. Das Bier war vielleicht etwa schlecht und dünn, weil die Verkäuferin Tötja Motja, wie man sie liebend nannte, es gnadenlos mit Wasser verdunstete. Aber was für die Menschen sammelten sich da! Welche lebhaften Diskussionen fanden dort statt! Man debattierte Fußball und die Wodkapreise, die politische Situation in der Welt und mit wem schlief Tötja Motja. Selbstverständlich waren die Disputierten nicht immer der gleichen Meinung und manchmal schlugen sie einander, aber die Milizstation war gleich in der Nähe, genauso wie Ausnüchterungsanstalt. Diese Bude war auch deshalb beliebt, weil man hinter der Bude ruhig und ungestört an Valeras Hauswand anpissen konnte. Bis zur nächste öffentliche Toilette sollte man vierzig Minuten zu Fuß laufen, was aber bestimmt nicht ausgesprochen bequem war. Deswegen kamen zur Valeras Hauswand sogar Suchende der Erleichterung von anderen naheliegenden Bierbuden. Die Valeras Hauswand befand sich wesentlich näher für Leidenden, als die Toiletten.