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»Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, brauche ich Sie jetzt«, sagte Hickman.

»Was ist zu tun?«, fragte Lassiter, während er einen Mann wütend anfunkelte, der auf dem Deck an ihnen vorbeiging. Dieser Mann kehrte schnellstens ins Schiff zurück.

»Sie müssen ein Paket abholen und es für mich nach London bringen.«

»Das ist aber ein großer Umweg für mich«, log Lassiter.

»Ganz gewiss nicht, wenn man dem Mann glauben kann, den ich in Schweden auf Sie angesetzt hatte«, sagte Hickman. »Er ließ die Bemerkung fallen, dass Sie vor wenigen Stunden die Fähre zur Ostküste Englands bestiegen haben. Oder war das jemand anders?«

Lassiter ersparte sich die Mühe zu antworten. Wenn sich zwei Lügner unterhalten, sollten sie sich möglichst kurz fassen.

»Wo ist das Paket?« Er kam ohne Umschweife zum Geschäft.

»Sie müssen es vom Bahnhof holen«, sagte Hickman. »Es wird dort in einem Schließfach liegen.«

»Soll ich fliegen oder fahren?«

»Fahren«, sagte Hickman.

»Dann handelt sich um etwas, das einer Röntgenkontrolle nicht standhält«, sagte Lassiter. »Damit erhöht sich das Risiko.«

»Fünfzigtausend«, sagte Hickman, »bei Ablieferung.«

»Die Hälfte jetzt«, sagte Lassiter, »die andere Hälfte danach.«

»Ein Drittel, zwei Drittel«, sagte Hickman. »Ich will mich darauf verlassen können, dass Sie pünktlich liefern.«

Lassiter überlegte einen Moment lang. »Wann bekomme ich mein erstes Drittel?«

»Ich kann das Geld sofort telegrafisch überweisen«, sagte Hickman. »Auf welches Konto?«

Lassiter rasselte eine Kontonummer bei einer Bank auf den Channel Islands herunter. »Ich werde erst morgen früh nachprüfen können, ob das Geld eingetroffen ist. Kann ich Ihnen trauen?«

»Sobald Sie morgen früh kurz vor London sind«, sagte Hickman, »können Sie Ihre Bank anrufen. Dann erfahren Sie noch vor dem Liefertermin, ob Sie bezahlt wurden.«

»Und wie komme ich an die letzten beiden Drittel?«

»Die übergebe ich Ihnen persönlich«, sagte Hickman.

»Wenn Sie Sonne und Sand gegen die trüben britischen Inseln eintauschen«, sagte Lassiter, »muss es eine ganz große Sache sein.«

»Kümmern Sie sich nur um Ihre Rolle«, sagte Hickman. »Ich kümmere mich um meine.«

»Wir haben einen englischen Funkspruch aufgefangen«, erklärte Hickman dem Mann im Zug. »Sie halten den Zug in Middlesborough an.«

»Haben sie den Wechsel also mitgekriegt?«, wollte der Mann wissen.

»Sie haben Ihren Partner erwischt, als er nach Edinburgh kam«, sagte Hickman. »Er muss Sie ans Messer geliefert haben.«

Der Mann ließ sich das einige Sekunden lang durch den Kopf gehen. »Das bezweifle ich«, sagte er schließlich, »zumindest nicht so früh. Jemand scheint uns zu verfolgen.«

Hickman erzählte nichts von dem Einbruch in sein Büro. Je weniger der Mann wusste, desto besser war es. Bisher hatte er das Team auf der Free Enterprise sowie einen Mann in Großbritannien verloren. Hickman gingen allmählich die Hilfsmittel aus, die er benutzen konnte. Und den Mann in Maidenhead würde er noch dringend brauchen.

»Was immer der Fall sein mag«, sagte Hickman, »ich habe mich des Problems angenommen. Sie steigen in Newcastle upon Tyne aus und deponieren das Paket in einem Schließfach. Dann gehen Sie zur nächsten Toilette und verstecken den Schließfachschlüssel im Wasserkasten der Toilette, die am weitesten vom Eingang entfernt ist. Ich habe bereits alles Notwendige arrangiert: Jemand wird das Paket abholen und zu seinem Bestimmungsort bringen.«

»Was soll ich dann tun?«, fragte der Mann, während er aus dem Zugfenster schaute. Das Schild verkündete Bedlington. Er war noch knapp fünfzig Kilometer von seinem neuen Zwischenstopp entfernt.

»Fahren Sie mit einem Mietwagen zu dem vereinbarten Ort in Maidenhead«, sagte Hickman und las von einem Zettel eine Adresse ab, »und warten Sie dort mit den restlichen Leuten aus Calais auf mich.«

»Klingt richtig gut«, sagte der Mann.

»Das ist es auch«, stimmte Hickman zu.

Zur gleichen Zeit, als George Adams und Juan Cabrillo nach London flogen, überquerte die Oregon den fünfundfünfzigsten Breitengrad vor Newcastle upon Tyne. Michael Halpert saß in seinem Büro und betrachtete einen Stapel Dokumente, die aus den Dateien stammten, die Dick Truitt ihm geschickt hatte. Halpert unterstrich verschiedene Sätze mit einem leuchtend gelben Marker, als plötzlich einer der Computer in seinem Büro einen Piepton von sich gab und der Drucker startete.

Halpert wartete, bis er seine Arbeit beendet hatte, dann holte er das Dokument aus dem Ausgabefach und las es.

Die Bilder, die Truitt gestohlen hatte, hatten in einer militärischen Datenbank einen Treffer erzielt. Das Gesicht gehörte einem gewissen Christopher Hunt aus Beverly Hills, Kalifornien. Hunt war Offizier in der U.S. Army gewesen, bis er in Afghanistan gefallen war. Warum hatte Hickman das Foto eines toten Soldaten in seinem Büro? In welcher Verbindung konnte es zu dem Diebstahl des Meteoriten stehen?

Michael Halpert beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen, ehe er sich mit Max Hanley in Verbindung setzte.

Nebile Lababiti betrachtete voller Schadenfreude die Bombe, die ins Licht einer Taschenlampe getaucht war. Sie stand auf dem Fußboden eines im Parterre gelegenen Ausstellungsraums am Strand, der sich unter Lababitis Apartment befand. Der Raum stand seit einigen Monaten leer, Lababiti hatte das Schloss in der vergangenen Woche aufgebrochen und es dann ausgewechselt, so dass er den einzigen Schlüssel dazu besaß. Solange niemand auf die Idee käme, den Ausstellungsraum einem potenziellen Mieter zeigen zu wollen, war er aus dem Schneider.

Der Raum verfügte über eine eigene Garage mit Laderampe. Es war der ideale Ort, um die Bombe für den Transport zum Park in ein Fahrzeug einzuladen. Vor neugierigen Blicken geschützt, aber leicht und schnell zugänglich. Alles passte perfekt zusammen, dachte er.

Er knipste die Taschenlampe aus, verließ den Ausstellungsraum und ging über die Straße zu einem Pub in der Nähe des Savoy Hotels. Dort bestellte er sich ein Glas Bier und träumte von Tod und Vernichtung.

35

Es war der 30. Dezember 2005. Bob Meadows und Eddie Seng waren per Auto unterwegs nach London. Es herrschte dichter Verkehr, und die Straßen waren glatt vom Regen. Seng suchte im Radio eine Station mit einem aktuellen Wetterbericht und hörte dann aufmerksam zu, als der Ansager eine detaillierte Vorhersage verlas. Das Armaturenbrett des Range Rover erstrahlte in mattem Licht, das Heizgebläse lief auf vollen Touren.

Eddie Seng schaltete das Radio aus.

»In einer Stunde soll aus dem Regen Schnee werden«, verkündete er. »Wie schaffen es Menschen, hier zu leben?«

»Es ist ziemlich trostlos, das ist schon wahr.« Bob Meadows blickte in die zunehmende Dunkelheit hinaus. »Aber sieh dir nur mal an, wie erstaunlich beschwingt die Leute sind.«

Eddie Seng ignorierte diesen Kommentar. »Der typische Freitagabendverkehr«, sagte er, »alles fährt nach London, um ins Theater zu gehen oder sich sonst wie die Zeit zu vertreiben.«

»Mich wundert, dass Max noch nicht zurückgerufen hat«, sagte Bob Meadows.

Nach Verlassen des Pubs hatte Meadows Max Hanley angerufen, um ihm ihre gewonnenen Erkenntnisse zu übermitteln.

»Die Oregon hat im Augenblick sicherlich mit einer ziemlich rauen See zu kämpfen«, sagte Eddie Seng, während er behutsam bremste und sich im Schritttempo dem Ende einer Autoschlange näherte, die einige Kilometer lang war.

Es war kalt auf der Nordsee, aber nicht so rau, wie man es eigentlich hätte erwarten können. Der Sturm, der von Norden heranzog, drückte auf das Wasser, und abgesehen von einem deutlichen Temperaturabfall während der letzten Stunde hatten die Leute auf der Oregon keine wesentlichen Veränderungen bemerken können.