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»Nicht gerade eine liebenswerte Begleiterin für einen Sonntagabend«, bemerkte ich.

George Thousand Names sah mich mit einem tiefen Blick an, der besagen sollte, dass er gerade nicht für dumme Witze aufgelegt war. »Es ist möglich, dass die Figur von diesem Wallis, die er in Fremont gefunden hat, genügte, um Coyote wieder ins Leben heraufzubeschwören. Sie kann mit einem Zauber versehen sein, wie ein kleines Totem. Hat er irgendwelche Probleme oder Schwierigkeiten in Fremont erwähnt? Irgendeine Krankheit oder einen Streit oder unerklärliche Ereignisse?«

»Ja. Sie bauten eine Fußgängerbrücke in einem Park und offensichtlich lief es mit dem verdammten Ding von Anfang bis Ende schief.«

»Dann ist es das«, sagte er. »Die Statue der Bärenfrau war mehr als nur eine antike Kuriosität. Sie war das ursprüngliche magische Totem, das Coyote die Kraft und den Willen verleihen konnte, um aus seinem Schlaf in der Unterwelt zu erwachen. Und Seymour Wallis hat sie in das Haus gebracht?«

»Glauben Sie, dass das rein zufällig geschah?«, fragte Jane. »Ich meine, es scheint ja ein unglaublicher Zufall, dass er gerade dieses Haus gekauft hat.«

George Thousand Names schüttelte den Kopf. »Von dem Moment an, in dem Seymour Wallis die Figur ausgegraben hatte, war er Coyotes Einfluss ausgesetzt. Er sagte Ihnen doch, dass er sich vom Pech verfolgt fühlte, nicht wahr? Es war kein wirkliches Pech. Es lag an Coyote, der ihn näher und näher an Pilarcitos Street heranführte. Ich wette um jeden Preis.«

»Was meinen Sie?«

»Pilarcitos Street ist die erste Abzweigung nach der Fifth Street hinter Mission.«

Ich nickte: »Das ist richtig.«

Er hielt die Finger von beiden Händen in die Höhe. »Fünf plus eins ist sechs. Dann haben Sie die Nummer 1551. Eins plus fünf ist sechs und fünf plus eins ist sechs. Drei Sechsen – 666. Die Zahl des größten aller Dämonen, egal von welcher Kultur wir sprechen. Das Zeichen der Bestie.«

Mir war plötzlich ganz kalt hier draußen auf der Terrasse. Auch Jane schlotterte im Türrahmen.

»Was sollen wir jetzt nur tun?«, fragte ich.

George Thousand Names kratzte sich im Nacken. »Mit zwei praktischen Schritten sollten wir beginnen. Zunächst müssen Sie Ihren Freund im Elmwood Hospital anrufen, damit er die drei Opfer von Coyote trennt und in verschiedene Krankenhäuser schafft. Das ist lebenswichtig. Zweitens, verschaffen Sie sich diese Bilder vom Mount Taylor und Cabezon Peak und versuchen, das Versteck der abgeschnittenen Haare herauszubekommen. Wenn Sie dievon Coyote fernhalten, besteht vielleicht eine kleine Chance.«

Dann fügte er noch hinzu: »Drittens, und das wird schwieriger sein, halten Sie alle Schwestern oder weiblichen Ärzte, überhaupt jede Frau, von den verschiedenen Teilen Coyotes fern. Coyote hungert nach weiblichem Fleisch und darauf ist er möglicherweise jetzt gerade aus.«

Ich atmete tief ein. Wie seltsam und weit hergeholt diese ganze Geschichte auch zu sein schien, ich wusste, dass ich um meines eigenen ruhigen Gewissens willen Dr. Jarvis anrufen und ihm davon erzählen musste. Jim Jarvis war intelligent und er war Vorschlägen gegenüber offen, doch ich fragte mich, was er wohl sagen würde, wenn ich George Thousand Names’ Anweisungen durchgab.

»Mr. Thousand Names, darf ich Ihr Telefon benutzen?«, fragte ich.

»Selbstverständlich. Was halten Sie jetzt von einem Schluck Feuerwasser?«

»Sehr viel. Wie wäre es mit russischem Feuerwasser und Tonic?«

Ich ging über die glänzenden Holzdielen zurück ins Haus und nahm den Hörer ab. George Thousand Names folgte mir und bat das Mädchen um einige Drinks für uns drei. Anschließend setzte er sich im Schneidersitz auf sein kleines Sofa und öffnete seine Tabaksdose. Neben ihm auf dem Kaffeetisch stand ein Pfeifenständer. Keine davon sah aus wie eine Friedenspfeife – es waren zwei teure Meerschaumpfeifen und drei englische Bruyèerepfeifen.

Der Telefonist des Round-Valley-Reservats verband mich mit San Francisco und San Francisco stellte zum Elmwood Foundation Hospital durch. Dr. Jarvis war glücklicherweise zu sprechen.

»Jim? Hier spricht John Hyatt. Ich rufe aus dem Round Valley an.«

»Gott sei Dank, ich habe versucht, dich zu erreichen. Hier ist die Hölle los.«

»Was ist denn los?«

»Hier drehen alle durch. Dein Freund Dan Machin ist aus seinem Koma erwacht und er hat sich mit Bryan Corder eingeschlossen. Wir haben versucht, die Tür aufzubrechen, aber ohne Erfolg. Dr. Crane hat gerade die Polizei angerufen, damit sie die Tür aufbrechen.«

Wieder diese Woge der Angst.

»Er hat sich selbst eingeschlossen? Du willst sagen, sie sind zusammen?«

»Richtig. Ich weiß nicht, was die …«

Plötzlich war die Verbindung unterbrochen. Ich schüttelte das Telefon, aber die Leitung war absolut tot.

George Thousand Names sagte: »Tut mir leid, das passiert hier manchmal. Ist irgendetwas nicht in Ordnung?«

Ich legte den nutzlos gewordenen Hörer hin. »Ich glaube ja. Dan Machin hat sich mit Bryan Corder in einem Zimmer eingeschlossen. Die Belegschaft des Krankenhauses kommt nicht an sie heran.«

George Thousand Names stopfte weiter seine Pfeife und griff nach den Streichhölzern. »Das klingt, als ob es losgeht«, sagte er. »Vielleicht fahren wir besser hinunter.«

»Wir?«

Das Indianermädchen brachte die Getränke und George Thousand Names hob sein Bourbonglas.

»Sie glauben doch wohl nicht, dass ich den Weißen den größten indianischen Dämon allein überlassen werde, oder? Über dieses Ereignis werden die roten Männer noch in Generationen sprechen. Jetzt trinken wir erst einmal auf die Verwirrung unserer Feinde.«

Ich hob meinen Wodka. »Ich weiß nichts über die Verwirrung unserer Feinde«, meinte ich trocken. »Ich weiß aber verdammt genau, dass ichvöllig verwirrt bin.«

In dieser Nacht fuhren wir mit über 90 Meilen pro Stunde nach San Francisco zurück, während Insekten auf der Windschutzscheibe zerklatschten und unsere Gesichter grün im Licht der Armaturenbeleuchtung des Jaguars schimmerten. Mit quietschenden Reifen nahmen wir die Kurven den Berg hinunter, bis wir auf die 101 trafen, auf der wir uns durch Willits, Ukiah, Cloverdale und zurück ins Sonoma County schlängelten. Es war kurz nach Mitternacht, als wir in Marin County ankamen, und erst als ich das Glitzern der Lichter über der dunklen Bucht von San Francisco sah, nahm ich den Fuß vom Gaspedal und fuhr mit 40 über die Golden Gate Bridge.

George Thousand Names hatte bequem auf dem Rücksitz geschnarcht, erwachte aber mit einem Satz, als wir vom Presidio Drive abbogen und in Richtung Krankenhaus fuhren. Er streckte sich und sagte: »Die verflixten englischen Wagen zwingen einen, die ganze Zeit aufrecht zu sitzen. Für wen halten Sie mich eigentlich, für einen Adligen vom Lande?«

»Sie hätten ja nicht mitfahren brauchen«, erinnerte ich ihn, während wir in die Einfahrt bogen und in den Hof des Krankenhauses einfuhren.

»Das wäre ja so, als hätte man versucht, Custer davon abzuhalten, zum Little Big Horn zu reiten.«

»Sind Sie so pessimistisch?«, fragte Jane.

George Thousand Names schnäuzte sich ziemlich laut. »Pessimismus ist nicht gerade eine indianische Eigenschaft. Ich habe das Omen des heutigen Tages befragt, bevor wir losfuhren, und das scheint in Ordnung, obwohl ich hinzufügen muss, dass eine Wolke am Horizont steht, nicht größer als die Faust eines Mannes.«

»Das sind die Vögel«, sagte ich und zeigte nach oben. »Es scheint so, als ob das Gesundheitsamt den Versuch aufgegeben hat, sie fortzujagen.«

Die Scheinwerfer glitten über die Reihen der grauen Vögel, als wir die Einfahrt hochfuhren. Dann parkte ich den Jaguar und wir stiegen aus. George Thousand Names stand in der frischen Nachtluft und starrte auf die stummen, gefiederten Zeugen von Coyotes Wiedergeburt.

»Und?«, fragte ich.

Er nickte. »Es gibt keinen Zweifel. Dies sind die seltenen Vögel, die wir die ›Graue Traurigkeit‹ nennen. Man hat sie in großen Ansammlungen bei Wounded Knee und beim Begräbnis von Sitting Bull gesehen, ebenso als Rain-in-the-Face starb. Es sind die Vögel der Trauer und des Unglücks.«