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Als Bolitho an Bord der Miranda kletterte, begrüßte Tyacke ihn an der Reling. Über das dunkle Wasser hinweg sahen sie die Albacora im Schein der untergehenden Sonne daliegen.

Der schmutzige Schoner sah aus, als ob er schon in Flammen stünde.

«Wir haben unser Bestes getan, Sir Richard«, berichtete Tyacke.»Sie hat keine Stückpforten, also haben wir Löcher ins Deck geschnitten. Trotzdem wird sie brennen wie eine Fackel, wenn's so weit ist. «Beide Schoner würden Anker lichten, sobald es dunkel genug war, und sich davonstehlen wie Diebe in der Nacht.»Früh morgens sollten wir dann auf die Truculent stoßen«, fuhr Tyacke fort.»Da werden Sie es dann bequemer haben als hier.»

Im rötlichen Sonnenlicht sah Tyackes entstelltes Gesicht aus, als blute es.»Ich brauche keine Bequemlichkeit«, antwortete Bolitho.»Ich habe hier gefunden, was ich suchte. Wenn alle Schiffe so geführt würden wie Ihres.»

Abrupt drehte sich Tyacke um.»Es gibt noch viel für mich zu tun, Sir. Bitte entschuldigen Sie mich.»

Die riesige rote Sonnenscheibe rutschte unter die Kimm. Eigentlich müßten dort Dampfwolken aufsteigen oder der Rauch einer Explosion, dachte Midshipman Segrave. Er stand am Niedergang, als Simcox ihn fand.»Heute wird es eng an Bord«, scherzte er.»Mal sehen, ob wir einen Platz für Sie finden. «Dann wurde er ernst.«»Bob Jay hat mir von Ihren alten Narben erzählt. «Und als der Junge ihn wütend anstarrte:»Das war seine verdammte

Pflicht mir gegenüber.»

Segrave ballte die Fäuste.»Dazu haben Sie kein Recht!»

«Wollen Sie mir meine Rechte erklären, Mr. Segrave? Ich trage des Königs Rock ein paar Jahre länger als Sie. Sagen Sie mir also nicht, was ich darf und was nicht. «Simcox' Gesicht war nur eine Handbreit von dem Segraves entfernt.»Man hat Sie auf Ihrem alten Schiff ausgepeitscht wie einen tollen Hund, daher die Narben. Irgendjemand wollte Ihnen zeigen, welche Macht er hat und wie schwach Sie sind. «Der Junge nickte betroffen.»Das ist jetzt vorbei. Jay wird nie vergessen, daß Sie ihm das Leben gerettet haben. «Er legte ihm die Hand auf die Schulter.»Ich mußte übrigens auch das dem Kommandanten melden.»

Segrave wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel.»Es war wohl Ihre Pflicht«, sagte er mit zitternder Stimme.

«Alles klar jetzt?«fragte Simcox.

«Nein. «Der Junge schüttelte verzweifelt den Kopf.»Ich habe auf der Themis gehört, daß ich auf mein altes Schiff zurück muß, wenn wir Kapstadt hinter uns haben. «Er stieg den Niedergang hinunter.»Verstehen Sie jetzt?»

Als die Dunkelheit fiel und die Sterne am dunklen Himmel hervortraten, saß Bolitho in seiner Kajüte am Tisch. Er hörte an Deck Kommandos und das Quietschen der Ankerwinde, als der Anker kurzstag gehievt wurde. Jay, der Mastergehilfe, war mit einer kleinen. Prisenmannschaft drüben auf der Albacora. Auf der Miranda mußte die reduzierte Mannschaft deshalb härter als sonst arbeiten und Wache um Wache gehen.

Tyacke schaute herein.»Wir können ankeraufgehen, Sir. Haben Sie noch Befehle?«Das klang anders als sonst.

«Gibt's Probleme?«fragte Bolitho.

«Ja. Ich habe neue Befehle bekommen: Segrave und Simcox müssen die Miranda verlassen, wenn das alles vorbei ist. «Tyacke versuchte zu lächeln, aber es mißlang ihm.»Ben Simcox ist ein alter Freund von mir. Und über den Midshipman denke ich jetzt auch anders.»

«Ich weiß. «Bolitho sah die Überraschung auf Tyackes entstelltem Gesicht. Als er weitersprach, bemerkte Tyacke zum erstenmal die fürchterliche Narbe auf Bolithos Stirn, die eine Strähne nur halb verdeckte.»Einer meiner Flaggleutnants bezeichnete meine Kommandanten und mich einmal als >eine kleine Schar Beglückten. Aber wir wurden immer weniger. Ich weiß, was es heißt, einen Freund zu gewinnen und ihn sofort wieder zu verlieren. Man könnte manchmal meinen, es sei besser, mit niemandem befreundet zu sein.»

Oben rief eine Stimme: «Albacora nimmt Fahrt auf!»

«Tut mir leid«, entschuldigte sich Tyacke,»ich wollte nicht an alte Wunden rühren.»

«Verstehe«, lächelte Bolitho.»Übrigens werde ich morgen Freiwillige brauchen.»

Tyacke drehte sich an der Tür um.»Keine Sorge, Sir Richard. Auf diesem Schiff werden Sie genügend Freiwillige finden. «Dann war er verschwunden. Sekunden später erklang der Ruf von Deck:»Anker auf!»

Bolitho blieb nachdenklich sitzen und hörte den Lärm oben nicht. Er brauchte Männer wie Tyacke und seine Besatzung nicht nur für den Kampf. Aber ob sie das je verstehen würden?

Dann öffnete er bedachtsam Catherines Brief. Ein Efeublatt fiel heraus. Er hielt den Brief dicht unter die schwingende Lampe und las: «Mein Geliebter. Dieses Blatt stammt von Deinem Haus, meinem neuen Heim ...»

Da legte er den Brief zur Seite, denn die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen.

VI Die Tapferen und die anderen

Leutnant James Tyacke umklammerte die Luvreling und starrte durch die Gischt voraus, als Bolitho nach oben kam.»Segel in Sicht, Sir!»

Bolitho griff haltsuchend nach einer Pardune.»Ich habe die Meldung gehört. Sie haben einen guten Mann oben, Mr. Tyacke.»

Der Ausguckposten hatte das fremde Schiff bei Beginn der Morgendämmerung gemeldet. In der Nacht hatte der Wind gedreht und kam jetzt aus Nord. Die Miranda lief rechtweisend Ost und lag so hart über, daß die Leereling oft genug durchs Wasser rauschte. Die Gischt war eiskalt.

Noch sah man die Kimm nicht, nur die Wellenkämme und die heranrauschenden Seen. Die Annäherung an den Feind würde für beide Schoner nicht leicht sein. Voraus entdeckte Bolitho einen Lichtpunkt, weniger als eine Kabellänge entfernt: das Heck der Albacora. Tyackes und Jays gute Seemannschaft hatte die beiden Schoner auch nachts zusammenbleiben lassen. Aber wenn jetzt die Sonne aufging, würden die Männer auf beiden Schiffen ihre Erschöpfung spüren, denn eine ganze Nacht Segeltrimmen und Manöverfahren zehrte an den Kräften.

«Wir schließen jetzt zur Albacora auf, Sir«, rief Tyacke Bolitho zu, dessen Augen sich noch nicht an das Zwielicht gewöhnt hatten. Erstaunlich, daß der Ausguck schon das ferne Segel sah. Es mußte die Truculent sein. Oder war es ein Feind?

«An Deck! Fregatte voraus — beigedreht!»

Also war es die Truculent. Bolitho hörte Simcox aufatmen. Kapitän Poland war wieder einmal zur rechten Zeit in der gewünschten Position.

Jemand meldete, daß die Albacora ein Boot zu Wasser gelassen hätte.»Was haben Sie wegen der Freiwilligen vor?«fragte Bolitho leise Tyacke.

«Das Flaggschiff hat uns den Deserteur geschickt. Und dann hat sich ein Seesoldat gemeldet — was immer der wert sein mag. «Aus seinen Worten klang die übliche Mißachtung des Seemanns für die Marineinfanterie.

«Sind das alle?»

«Der Rest kommt von der Miranda.«Erstes Licht schlich über die Kimm.»Ich habe mit meinen Männern geredet und kann mich auf sie verlassen.»

«Mr. Simcox weiß, was er auf der Albacora zu tun hat?»

Tyacke antwortete nicht sofort. Er beobachtete das Beiboot, das hart pullend über die See glitt, um in Lee der Miranda Schutz zu finden.»Mr. Simcox bleibt hier an Bord«, sagte er dann.

Bolitho verbarg seine Überraschung.»Sie führen hier das Kommando. Es ist also Ihre Entscheidung.»

Plötzlich stand Simcox zwischen ihnen.»Ich protestiere! Ich kenne die Gewässer besser, und überhaupt.»

Tyacke packte ihn am Arm.»Sie tun, was ich Ihnen sage, ich bin hier der Kommandant. Und jetzt kümmern Sie sich um das Beiboot da unten!»

Bolitho konnte Simcox' Gesicht nicht erkennen, aber er spürte, wie sehr dieser Befehl den Mann verletzt hatte.

«Ben ist ein großartiger Seemann, Sir«, erläuterte Tyacke.»Wenn er diesen verdammten Krieg überlebt, wird noch mehr aus ihm. «Wütend wandte sich der Kommandant dann an die Gruppe im Heck des Schoners:»Morgan, holen Sie diese Leine dicht, oder wollen Sie, daß das Beiboot zerschmettert wird?»