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Und dann fiel auch er, blutüberströmt, sterbend, und konnte ebensowenig wie Kipling sehen, daß die schweren Geschütze aus der stolzen Fregatte ein entmastetes Wrack gemacht hatten.

Eine heftige Explosion ließ die Segel wie unter einem heißen Windstoß erzittern. In Sekundenschnelle hüllte eine mächtige Rauchwolke die kämpfenden Schiffe ein, und die Sonne war nur noch wie eine Laterne im Nebel.

Das vorderste französische Schiff trieb noch vor dem Wind, in seiner Umgebung schwammen Treibgut und Leichen. Achtern fiel das zweite zurück; es besaß nur noch ein intaktes Buggeschütz. Doch auf der Immortalite mußte eine Pulverkammer explodiert sein. Javal hatte einen der Franzosen an den Enterhaken, und während der andere versuchte, an seinem Heck vorbeizukommen und ihn in Längsrichtung zu beschießen, war Feuer ausgebrochen. War eine Laterne vom Haken gefallen, hatte ein von Panik gepackter Mann durch einen unglücklichen Zufall das Pulver entzündet — niemand würde es je erfahren. Von dem eroberten Schiff war nicht mehr viel zu sehen. Die Masten waren gefallen; es schien nur noch aus einer Flammenwand zu bestehen, die mit jeder Sekunde wuchs und sich ausbreitete. Der Wind wehte Funken auf das längsseit liegende Schiff, dessen Segel bereits loderten; Segel und Laufbrükken brannten ebenfalls — auch dieses Schiff war verloren.

Bolitho wischte sich die Augen, die nicht nur vom Rauch, sondern auch vom Schmerz über den Tod Javals und seiner Männer voller Tränen standen.

Dann, als der Rauch wegwirbelte, hörte er Grubb rufen:»Das Ruder, Sir!»

Er ging quer übers Deck und kümmerte sich nicht um die Kugeln, die hier und da zu seinen Füßen in die Planken schlugen. Er starrte nur auf die Rudergasten, die das mächtige Rad im Leerlauf herumwirbelten.

«Der Mistkerl hat uns mit seinem Buggeschütz die Ruderzüge weggeschossen!«keuchte Grubb wütend.»Wir treiben ab!«Und er zeigte auf die Fock.

«Einige Mann nach achtern!«brüllte Bolitho.»Neue Leinen anschlagen, so schnell wie möglich!«Plowman holte bereits Leute von den nächsten Geschützen zusammen.

Verzweifelt starrte Herrick auf die killenden Segel.»Wir müssen sofort Segel wegnehmen!»

«Aye, Thomas.»

Nur nicht an den Franzosen denken, der hinter ihnen herkam! Mit einem Glückstreffer hatte er das Steuer der Lysander beschädigt; und jetzt, da sie langsam abtrieb, drehte der Wind sie quer und bot dem Feind ihr Heck. Genau wie damals die Osiris! Beinahe hätte Bolitho laut geflucht. Diesmal war keine Lysander da, die sie retten konnte.

An Backbord und Steuerbord trieben, brennend oder schwer beschädigt, die französischen Versorgungsschiffe. Brueys' Hauptflotte mochte reichlich Infanterie und bespannte Artillerie an Bord haben, aber kein einziges von den schweren Belagerungsgeschützen, die nun alle versenkt waren!

Damals wie heute hatte sich die Nicator herausgehalten. Das tat ein Mann, der so verbittert war, so besessen von seinem Haß, daß er lieber seine eigenen Landsleute sterben sah, als ihnen zu Hilfe zu kommen.

Unten krachte es noch mehrmals; unter einem Chor von wilden Schreien kam die Großbramstenge der Lysander splitternd durch den Rauch gestürzt und schleuderte Männer und Segel mit mächtigem Aufklatschen ins Meer.

Matrosen rannten mit Äxten herzu, um sie zu kappen; Bolitho sah Saxby zu den Wanten rennen, einen neuen Kommodorestander wie eine Schärpe um den Leib gewickelt.»Sehen Sie, Sir«, schrie er, als er in die Webeleinen griff,»hab ich mir doch gedacht, daß ich heute noch einen extra brauchen würde!«Er lachte und weinte zugleich; seine Angst war unter den Schrecknissen verschwunden, die ihn umgaben. Später würde er, falls er am Leben blieb, um so schwerer daran zu tragen haben.

Bolitho sah über ihn hinaus auf Marssegel und Galion des Franzosen, die an Backbord turmhoch über ihrem Heck standen. Immer noch zerhämmerten sie einander mit den Kanonen, und es gab tatsächlich noch Männer, die hurra schrien, wenn die Lysander einen Treffer anbrachte.

Doch es hatte alles keinen Zweck mehr. Hilflos trieb die Lysander quer, durch die zerfetzten Segel strömte der Qualm, die Geschütze feuerten kaum noch, weil keine Bedienungen mehr vorhanden waren. Der wirbelnde Rauch färbte sich rot. Bolitho mußte sich irgendwo festhalten, denn die erste feindliche Kugel schmetterte in die Kampanje. Seesoldaten und Matrosen fielen tot oder sterbend auf seinen Weg. Leutnant Nepean ließ seinen Säbel fallen und stürzte, an seinem Blut erstickend. Leroux schrie nach seinem Sergeanten, aber der meldete sich nicht mehr. Er saß am Boden und hielt sich den Leib, und seine Augen verglasten, während er versuchte, seinem Major zu antworten, wie er ihm immer geantwortet hatte.

Allday riß seinen Entersäbel heraus und stellte sich vor Bolitho, um ihn mit seinem eigenen Körper zu schützen.

«Noch eine Breitseite«, knirschte er,»und die versuchen, uns zu entern. «Er schob einen sterbenden Seesoldaten beiseite und deutete mit dem Entersäbel durch den Rauch.»Es gibt nur einen Mann, den ich heute lieber umbringen möchte als jeden Franzosen!»

Mit steinernem Gesicht, die Hände auf dem Rücken, schritt Herrick vorbei.»Mr. Plowman sagt, gut zehn Minuten dauert es noch,

Sir.»

Es könnte ebensogut eine Stunde dauern, dachte Bolitho.

Herrick wandte sich nach Allday um.»Und wer ist das?»

«Dieser blutiggottverdammte Probyn, den meine ich!»

Das französische Schiff war schon dicht an ihrem Heck. Was die Rohre hergeben wollten, feuerte der Franzose in die Kampanje und den unteren Rumpf der Lysander, und vom Bugspriet und der Vormarsrah schossen Scharfschützen, so schnell sie laden konnten, auf das Achterdeck der Lysander.

«Was ist mit den Versorgungschiffen, Thomas?«schrie Bolitho.

Herrick zeigte die Zähne.»Sechs sind zerstört, und vielleicht ebenso viele manövrierunfähig.»

Bolitho wandte sich um, denn soeben wurde ein Toter von der Kampanje weggezerrt: Moffitt, sein Schreiber, einen hellroten Fleck in dem dünnen grauen Haar, wo ein Splitter ihn getroffen hatte. Wie Gilchrists Vater hatte er das Elend der Schuldgefängnisse kennengelernt. Und jetzt war er tot.

Bolitho brachte die Worte kaum heraus.»Ich befehle Ihnen hiermit, unsere Flagge niederzuholen, Thomas.»

Mit fest zusammengepreßten Lippen starrte Herrick ihn an.»Die Flagge streichen, Sir?»

Bolitho schritt an ihm vorbei. Allday war dicht hinter ihm und schützte ihn. Wie immer.

«Aye. «Er sah die umgestürzten Kanonen, das Blut, das bis auf den zerfetzten Klüver gespritzt war.»Wir haben erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Ich lasse keinen Mann mehr sterben, nur um meiner Ehre Genüge zu tun!»

«Aber, Sir!»

Herrick zögerte noch, denn Veitch kam herbeigerannt, sein Ärmel war blutdurchtränkt, das Gesicht wachsbleich.»Wir können doch noch kämpfen, Sir«, keuchte er,»wir haben immer noch ein paar tüchtige Jungs!»

Müde sah Bolitho ihn an.»Ich weiß, daß Sie kämpfen würden. Aber dann fallen unsere Männer für nichts. «Er drehte sich zum

Feind um und hielt dann nach Saxby Ausschau. Der kniete am Schanzkleid.

«Holen Sie die Flagge ein!«rief er laut.»Das ist ein Befehl!»

Die Kanonen schwiegen jetzt, und über dem Prasseln eines brennenden Versorgungsschiffes hörte man zögernde französische Hurrarufe.

Sie machen sich fertig zum Entern. Bolitho stieß den Degen in die Scheide und sah sich unter seinen Leuten um. Wenigstens die, die noch am Leben waren, brauchten jetzt nicht mehr zu sterben.

Wieder stieg der Rauch hoch, und mit ihm ein furchtbarer Kanonendonner; Bolitho glaubte eine Sekunde lang, daß die Franzosen ihren Sieg durch eine letzte mörderische Breitseite auf allerkürzeste Entfernung besiegeln wollten. Ein paar Wanten der Lysander wurden von Kugeln, die über das Deck fegten, weggefetzt wie Gras.

Wild schrie Herrick:»Das ist die Nicator, Sir! Sie feuert von der anderen Seite auf den Franzosen!»