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Zögernd trat Quarme herzu.»Die Geschichte tut mir leid, Sir. Er wird manchmal ein bißchen deutlich.»

Bolitho blickte ihm ins Gesicht.»Schade, daß Sie nicht etwas deutlicher geworden sind, Mr. Quarme. Es paßt mir nicht, daß ich Ihre Arbeit tun muß.»

Quarme sah ihn an, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen.»Meine Arbeit, Sir?»

«Ja. Ich habe nicht erwartet, daß ich meinen Offizieren Menschenführung erst beibringen muß. Schließlich sind Sie Mr. Rookes unmittelbarer Vorgesetzter. «Er ließ die Worte wirken.»Erledigt«, schloß er dann.»Ich möchte nichts weiter dazu sagen. «Aber als er an der gegenüberliegenden Deckseite auf und ab schritt, wurde ihm klar, daß die Sache noch lange nicht erledigt war.

Die nächsten Tage unterschieden sich nur wenig von den vorangegangenen: Segel- und Geschützexerzieren hatten den Vorrang vor dem sonstigen Dienstbetrieb an Bord. Die Hyperion hatte den letzten Landvorsprung Kataloniens gerundet und kreuzte mit Nordostkurs in den Golfe du Lion. Es war eine monotone Etappe, wenig geeignet, die allgemeine Gereiztheit und Nervosität zu beheben. Während seiner täglichen Spaziergänge an Deck war sich Bolitho seiner Isolation bewußt und der Schranke, die er selbst zwischen sich und den Offizieren aufgerichtet hatte. Doch sie mußte sein, das war ihm jetzt klarer denn je. Wenn sie wollten, konnten sie ihn ablehnen, sogar hassen; aber sie mußten zusammengeschweißt, zu einer Waffe geschmiedet werden, die er gebrauchen konnte, wenn die Zeit kam.

Quarmes Haltung Rooke gegenüber begriff er immer noch nicht ganz. Sah er die beiden zusammen, dann kam ihm Quarme, der sonst in allen Dienstangelegenheiten sehr tüchtig und fleißig war, immer so merkwürdig nervös und unsicher vor. Vielleicht imponierte ihm Rookes adelige Herkunft. Es war sogar bei Stabsoffizieren (von ehrgeizigen Ersten Leutnants ganz zu schweigen) nichts Ungewöhnliches, daß sie sich bis zur Servilität von einem Untergebenen beeindrucken ließen, der vielleicht Einfluß bei Hofe oder im Parlament hatte und ihnen unter Umständen zu einer rascheren Beförderung verhelfen konnte. Aber das war hier wahrscheinlich nicht der Fall. Die beiden dienten zu lange auf dem gleichen Schiff, da hätte sich so etwas eigentlich schon ergeben müssen.

Bolitho saß an seinem Tisch und stocherte lustlos in dem von Gimlett servierten Essen herum. Durch die Heckfenster sah er ihr kurzes Kielwasser und hörte das Schlagen und Quietschen des Rudergeschirrs, während das Schiff schwerfällig vor dem stetigen Wind segelte, der keinen Strich abwich. In der Abendsonne tanzten Millionen Lichtreflexe auf der See, und beim Anblick der endlosen Reihen kleiner kabbliger, weißköpfiger Wellen fühlte er sich noch einsamer.

Da klopfte es an die Tür, und Midshipman Piper trat vorsichtig über das Süll in die Kajüte. Unter Vollzeug schien die Hyperion wie ein Brett mit immer gleicher Krängung zu liegen, so daß es gegen die offene Tür aussah, als stemme Piper sich schräg gegen einen starken Wind.»Mr. - Mr. Inch läßt respektvoll melden, er glaubt, daß wir das Geschwader gesichtet haben, Sir.»

«So — glaubt er das?«Bolitho spürte merkwürdige Erleichterung. Endlich passierte etwas, das die allgemeine Apathie brach.

«Sir?»

Bolitho lächelte. Inch war der jüngste Leutnant, ein eifriger, wenn auch wenig selbstsicherer junger Mann, der es natürlich vermied, sich eindeutig festzulegen.

«Wie hat sich Mr. Seton eingelebt?«fragte er.

Piper verzog das Gesicht, so daß er aussah wie ein runzliges Äff-chen.»Er fühlt sich nicht ganz wohl, Sir«, seufzte er.»Hat sich noch nicht an die Bordroutine gewöhnt.»

Bolitho verbarg ein Lächeln. Auch Piper war erst sechzehn, redete aber so selbstsicher wie ein Admiral.

Er schritt an dem Posten stehenden Seesoldaten vorbei auf das Achterdeck hinaus. Der Wind war immer noch sehr frisch; aber voraus war über dem stampfenden Bugspriet schon eine Landzunge zu erkennen. Sie hatten den ganzen Tag daraufzugehalten, einmal, als sie durch eine größere offene Bucht segelten, hatten sie sie aus dem Auge verloren, doch als sie das äußere Vorland gerundet hatten, war sie sofort wieder in Sicht gekommen.

«Ausguck meldet sechs Segel in Backbord voraus, Sir«, sagte Quarme förmlich. Über die Schulter des Ersten hinweg sah Bolitho Inchs langes Gesicht zu Quarmes Worten unbestimmt nicken.

«Recht so. Zwei Strich anluven, damit wir ihren Kurs schneiden.»

Er schritt über das Deck. Die Bootsmannsmaaten brüllten:»Alle Mann an die Brassen!«Und die Matrosen strömten aus dem Logis an Deck. Wie festgerammt stand Gossett neben dem Ruder und biß sich auf die Unterlippe, als die mächtigen Rahen rundkamen.»Stützen, Mann!«knurrte er den Rudergast an.»Voll und bei!«Dann warf er einen Blick nach oben auf die donnernden Segel, und langsam breitete sich ein Lächeln über seine Züge. Dieses Lächeln kannte Bolitho — Gossett war zufrieden.

Er nahm sein Teleskop und fing mit den Beinen das unregelmäßige Rollen des Schiffes ab, denn die Hyperion segelte jetzt höher am Wind, der peitschend übers Vorschiff fegte.

«Hinauf mit Ihnen, Mr. Piper«, blaffte Quarme,»und machen Sie gefälligst eine genaue Ansprache!»

Bolitho sah voraus die hohen, gleichmäßig verteilten Segelpyramiden wie polierte Muschelschalen im Sonnenlicht glänzen. Selbst von Deck aus waren sie nicht zu verkennen.

«Auf Signale achten und sofort Meldung machen!«befahl er.

Da tönte auch schon, vom Winde getragen wie ein Flötenton, Pipers Stimme vom Großmast herab:»Sechs Linienschiffe, Sir! Das vorderste führt die Admiralsflagge!»

Die sechs Schiffe lagen auf dem anderen Bug; Bolitho sah sie im Teleskop immer größer und in den Einzelheiten deutlicher werden, bis das vorderste, ein mächtiger Dreidecker mit der Admiralsflagge am Großtopp, die ganze Linse ausfüllte, so daß er den gischtbesprühten Rumpf mit der rot und goldenen Galionsfigur deutlich erkennen konnte. Angestrengt ausspähend, wartete er: an der Rah stiegen drüben winzige schwarze Bälle empor und öffneten sich dann flatternd zu bunten Streifen.

«Flaggschiff signalisiert, Sir!«rief Inch. Er hüpfte vor Aufregung, als hätte er persönlich das Geschwader an die Kimm gezaubert.

Caswell, der Signal-Midshipman, hockte bereits im Besan und hatte sein riesiges Glas auf einen Block gestützt, daß es so fest lag wie ein Kanonenrohr.»Sie setzt unser Rufzeichen, Sir!«Langsam bewegten sich seine Lippen, als er ablas: «Victory an Hyperion: Position in Luv einnehmen!»

Rasch warf Quarme ein:»Der Admiral wird Sie an Bord bestellen, Sir!»

«Glaube ich auch. «Bolitho preßte die Hände auf dem Rücken zusammen, um seine Erregung zu meistern.»Gehen Sie über Stag!«befahl er.»Dann lassen Sie mein Boot klarmachen.»

Quarme nickte, hob seine Sprechtrompete und befahl:»Achtung! Klar zur Wende!»

Vom Ruder her erklang Gossetts bellende Stimme:»Klar ist!«Und als die Matrosen an die Brassen rannten, befahl er:»Leeruder!«Im Vorschiff wurden die Brassen losgeworfen, und die Hyperion schwang langsam durch den Wind; jeder Block, jedes Segel schlug und killte wie in Wut über den plötzlichen Kurswechsel.

Vom Hauptdeck her erklang erst ein schmerzlicher Aufschrei und dann die scharfe Stimme eines Bootsmanns:»Beeilung, du Tölpel! Lord Hood sieht dir zu!»

Atemlos und stöhnend stemmten die Männer an den Brassen die Fersen ein und holten die mächtigen Rahen rund, immer weiter, immer mehr, bis die Segel mit jubilierendem Gebrüll überkamen und sich dann wieder füllten, während das Schiff unter ihnen sich langsam auf den anderen Bug legte. Bolitho sah Gossetts befriedigtes Grienen und sagte:»Sie reagiert gut, Mr. Gossett. Langsam, aber sehr zuverlässig. «Und zum Ersten Offizier gewandt:»Wir wollen die Royals wegnehmen, Mr. Quarme.»

Auf den neuen Befehl hin enterten noch mehr Matrosen auf, und während die Segel unter den Händen der Toppgasten kürzer wurden und schließlich verschwanden, rief Midshipman Caswell, der bei dem Manöver zur Gegenseite gerannt war:»Flaggschiff an