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Anstatt nun nach New York zurückzukehren, um sich neue Befehle und Ersatz für die Toten und Verwundeten zu holen, mußte die Trojan weiter nach Süden segeln. Pears hatte Order, eine Insel zu finden und schließlich zu zerstören, die — wenn man den Aussagen der Gefangenen Glauben schenken konnte — das wichtigste Glied in der Nachschubkette darstellte, die Washingtons Armeen mit Waffen und Munition versorgte.

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Pears diesen Einsatz als willkommene Unterbrechung der langweiligen Liege- und ermüdenden Patrouillenzeiten begrüßt.

Das Flaggschiff Resolute würde sie bald verlassen und Courts beeindruckende Berichte dem Oberbefehlshaber in New York überbringen, zusammen mit den Schwerverwundeten und den Gefangenen. Aber der jugendliche Konteradmiral selbst hatte den nach Pears Ansicht noch nie dagewesenen Schritt unternommen, seinen Flaggschiffskommandanten zum stellvertretenden Befehlshaber des Geschwaders zu ernennen, während er seine Flagge auf der Trojan hissen ließ, um den Angriff im Süden selbst zu leiten.

Coutts vermutete wohl zu Recht, daß der Oberbefehlshaber ihn, wenn er mit der Resolute erst einmal in New York eingelaufen war, anderweitig einsetzen würde, eventuell in Zusammenarbeit oder gar unter direktem Befehl des Gesandten Sir George Helpman. Mit der erfolgreichen Ausführung seiner Eroberungspläne wäre es dann vorbeigewesen.

Es klopfte an Pears Tür.

«Herein!»

Er blickte auf und in Bolithos Gesicht, der, den Hut unterm Arm, die Kajüte betrat.

Er sah älter aus, fand Pears, abgespannt, aber selbstsicherer. Um die Mundwinkel hatten sich Falten gebildet, aber die grauen Augen blickten fest und — wie die der zerschlagenen Reste der Marineinfanteristen — trotzig.

Pears bemerkte an der Haltung der Schulter, daß Bolitho noch starke Schmerzen haben mußte, sowohl vom Hieb der Klinge wie auch von der Wundbehandlung durch den Arzt. Aber in seiner frischen Kleidung wirkte er wie völlig wiederhergestellt.

Pears begrüßte ihn:»Gut, Sie heil und in einem Stück zu sehen. «Dann wies er auf einen Stuhl und wartete, bis der Sekretär den Raum verlassen hatte.»Sie werden es bald genug erfahren: Wir segeln nach Süden, um dort eine Nachschubbasis aufzuspüren und zu zerstören. «Er zog eine Grimasse:»Auch noch französisch, zu allem Überfluß.»

Bolitho setzte sich vorsichtig. Seit er frisch gewaschen war und saubere, seltsam ungewohnte Kleidung trug, fühlte er die Spannung allmählich nachlassen.

Sie waren alle nett zu ihm gewesen — Cairns, der Weise, Dalyell, alle — , und er fühlte sich wieder frei und zu Hause in diesem ächzenden, überfüllten Rumpf.

Bis jetzt hatte er keine Ahnung gehabt, was vor sich ging. Nach der schnellen Überfahrt an Bord der Korvette und der Trauer über den Tod weiterer Verwundeter fand er kaum zu etwas anderem Zeit als dazu, seine Version des Erlebten zu Papier zu bringen. Außer ein paar kurzen Worten, als man ihm und den anderen an Bord half, hatte er noch nicht wieder mit Pears gesprochen.

Der Kommandant fuhr nun fort:»Der Krieg fordert einen hohen Zoll. Wir waren knapp an erfahrenen Offizieren, jetzt sind wir noch knapper. «Er starrte auf den leeren Tisch, wo vorher der Bericht gelegen hatte.»Gute Leute sind getötet, andere verstümmelt, die Hälfte meiner Marineinfanteristen fällt aus, und dann sind auch noch zwei Offiziere gefangengenommen! Ich fühle mich wie ein Prediger in einer leeren Kirche.»

Bolitho blickte Cairns an, aber dessen Gesicht verriet nichts. Er hatte morgens eine Brigg mit dem Flaggschiff Signale tauschen und dann in Rufweite gehen sehen, aber über den Inhalt des Gesprächs wußte er nichts. Also fragte er:»Zwei Offiziere, Sir?«Er mußte irgend etwas verpaßt haben.

Pears seufzte.»Erst der junge Huyghue, und dann habe ich heute vom Flaggschiff die Mitteilung erhalten, daß Probyn von einem Kaperschiff aufgebracht worden ist. Und zwar schon einen Tag nach Verlassen des Forts. «Er beobachtete Bolithos Gesicht.»Das war das kürzeste Kommando der Marinegeschichte, scheint mir.»

Bolitho dachte an das letzte Zusammensein mit Probyn — böse, triumphierend, bitter war es gewesen. Jetzt war alles vorbei, hatten sich seine Hoffnungen zerschlagen.

Bolitho empfand Mitleid, nicht mehr.

«Also«, Pears Stimme brachte ihn mit einem Ruck zurück in die Wirklichkeit,»werden Sie hiermit zum Zweiten Offizier dieses Schiffes ernannt, meines Schiffes.»

Bolitho starrte ihn verwirrt an. Vom Vierten zum Zweiten Offizier? Er hatte gehört, daß so etwas vorkam, hatte es sich aber nie für sich vorgestellt.

«Ich — ich danke Ihnen, Sir.»

Pears blickte ihn ernst an.»Freut mich, daß Sie nicht über Pro-byns Geschick spotten, obwohl ich es verstanden hätte.»

Cairns zeigte sein seltenes Lächeln.»Herzlichen Glückwunsch!»

Pears hob die große Rechte.»Sparen Sie sich das für später auf, Mr. Cairns. Und jetzt an die Arbeit, übertragen Sie einem anderen

Fähnrich Huyghues Aufgaben; außerdem schlage ich vor, daß Sie Steuermannsmaat Frowd einstweilen als Offizier einsetzen. Ein vielversprechender Mann.»

Der Posten öffnete zaghaft die Tür.»Verzeihung, Sir, der Fähnrich der Wache ist hier.»

Es war der kleine Forbes, er kam Bolitho jetzt schon etwas reifer vor, in seine Aufgabe hineingewachsen.

«Sir, Mr. Dalyell meldet Signal vom Flaggschiff:,Drehen Sie bei. »

Pears blickte Cairns an.»Führen Sie es aus. Ich bin gleich oben.»

Als die beiden Offiziere hinter dem Fähnrich her an Deck eilten, fragte Bolitho:»Warum das ganze Manöver?»

Cairns starrte ihn an.»Sie sind wirklich ein wenig hinterm Mond, Dick!«Er wies auf einen Unteroffizier mit einer aufgetuchten Flagge unterm Arm.»Heute hissen wir die Admiralsflagge im Kreuztopp. Konteradmiral Coutts wird unser Helfer in der Not.»

«Die Trojan wird Flaggschiff.»

«Vertretungsweise. «Cairns glättete seinen Hut, während sie nach vorn zur Querreling gingen.»Bis Coutts Ruhm erntet oder sein Kopf auf dem Block liegt.»

Seeleute liefen bereits auf ihre Stationen; Bolitho hatte jetzt die Aufsicht über den ungeheuren Großmast, an dem er einst so manchen Befehl und Anranzer von Sparke erhalten hatte. Nun war er selbst Zweiter Offizier, obwohl ihm zwei Monate bis einundzwanzig fehlten.

Er sah Stockdale, der ihn beobachtete und ihm zunickte. Stock-dale und einigen jetzt fehlenden Gesichtern hatte er es zu verdanken, daß er überhaupt hier war.

«Klar zum Beidrehen!»

Cairns Stimme erreichte ihn durch das Sprachrohr.»Mr. Bolitho! Treiben Sie Ihre Leute an die Brassen! Die bewegen' sich heute wie die Krüppel!»

Bolitho tippte an seinen Hut.»Aye, Sir!»

Zwischen den durcheinanderhastenden Seeleuten sah er Quinn herüberstarren, noch etwas unsicher auf seiner ebenfalls neuen Station. Bolitho lächelte ihm zu und versuchte, die Spannung zu lockern, die fühlbar zwischen ihnen bestand.

«Lebhaft, Mr. Quinn!«Er zögerte, etwas tauchte in seinem Gedächtnis auf.»Stellen Sie den Namen dieses Mannes fest!»