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Der Rest der Prozedur wickelte sich rasch ab. Carlssons Oberkörper wurde entblößt, er selbst an der Gräting festgebunden, die Arme wie bei einer Kreuzigung ausgebreitet.

Balleine hatte seine neunschwänzige Katze aus dem roten Flanellbeutel geholt und ließ sie durch die Finger gleiten, die Stirn in grimmige Falten gelegt. Er war Bolithos Bootsbesatzung zugeteilt. Was mochte er jetzt wohl denken?

Pears befahl mit harter Stimme:»Tun Sie Ihre Pflicht!»

Baileines kräftiger Arm holte aus und schlug zu, die Peitsche klatschte dumpf auf des Mannes nackten Rücken. Bolitho hörte ihn keuchen, als die Luft aus seinen Lungen entwich.

«Eins«, zählte der Wachtmeister.

In der Nähe warteten der Arzt und seine Gehilfen, um sich des Mannes anzunehmen, falls er zusammenbrechen sollte. Bolitho zwang sich, das Ritual der Bestrafung zu verfolgen, obwohl sein Herz so schwer war wie Blei. Alles schien so unwirklich: das graue Licht, das heftig schlagende Großsegel mit den deutlich erkennbaren Flicken, vom Segelmacher kürzlich erst aufgenäht. Die Peitsche hob sich und zischte nieder, die Striemen auf dem Rücken des Schweden schwollen an und wurden bald zu einer blutigen Masse zerfetzten Fleisches, als das Auspeitschen andauerte. Etwas Blut war in das blonde Haar des Mannes gespritzt, der Rest floß herab und mischte sich, blasser werdend, mit dem Sprühregen auf den Decksplanken.» Einundzwanzig!»

Bolitho hörte das leise Schluchzen eines Fähnrichs und sah For-bes, den Jüngsten an Bord, sich am Arm seines Nebenmannes festklammern.

Carlsson hatte kein einziges Mal geschrien, aber als der letzte Hieb auf seinen zerfetzten Rücken krachte, brach er zusammen und begann zu stöhnen.

«Abschneiden!»

Bolitho blickte von Pears Profil in die Gesichter der Besatzung.

Zwei Dutzend Hiebe waren nichts im Vergleich zu dem, was manche anderen Kommandanten verhängten. Aber in diesem Falle konnte es ausreichen, um den Mann zu zerbrechen. Er bezweifelte, daß Carlsson mehr als höchstens ein paar Worte der Kriegsartikel verstanden hatte.

Die Gehilfen des Arztes traten jetzt heran und trugen den schluchzenden Mann nach unten, zwei Seeleute wischten das Blut auf, einige andere schlugen auf Tolchers Geheiß die Gräting ab und verstauten sie.

Die Seesoldaten marschierten in zwei Kolonnen die Treppen hinunter, und Hauptmann d'Esterre steckte seinen glänzenden Säbel in die Scheide, während die Mannschaft abrückte, um ihre jeweiligen Arbeiten wieder aufzunehmen.

Sparke sagte zu Bolitho:»Wir sollten den Angriff nochmals durchsprechen, damit jeder weiß, was er zu tun hat.»

Bolitho hob die Schultern.»Aye, Sir.»

Vielleicht war Sparkes Haltung die richtige. Bolitho mochte Carlsson, er war gehorsam, freundlich und ein guter Arbeiter. Aber angenommen, man hätte einen der wirklichen Unruhestifter beim

Schlafen auf Wache erwischt. Hätte er dann wohl das gleiche Unbehagen verspürt?

Sparke stützte sich auf die Schanzreling und blickte auf die beiden Kutter, die schon aus der Reihe der anderen Boote ausgesondert und klar zum Ausschwingen gemacht worden waren.

Dann sagte er:»Ich habe nicht allzuviel Hoffnung«, und indem er auf die vibrierenden Wanten und Pardunen zeigte, fuhr er fort:»Mr. Bunce hat im allgemeinen recht, aber diesmal.»

Aus dem Großtopp ertönte ein Ruf:»An Deck! Das andere Schiff fällt ab, Sir!»

Dalyell, der Wache hatte, ergriff ein Glas und stieg in die Luvwanten.

Nach kurzer Zeit schrie er:»Bei Gott. Es stimmt. Der Schoner fällt ab, nicht viel, aber er wird bald für alle an Deck sichtbar sein!»

Er lachte Bolitho ins Gesicht.»Dieser Schuft besitzt allerhand Dreistigkeit!»

Bolitho beschattete die Augen gegen das diffuse Licht und sah ein kurzes Aufleuchten über dem bewegten Wasser. Vielleicht glaubte der Kapitän des Schoners wie Bunce an Nebel und schloß näher heran, um das große Wild nicht aus den Augen zu verlieren. Oder er versuchte lediglich, den Kommandanten zu einer törichten Affekthandlung zu provozieren. Als sich Bolitho jedoch an dessen Gesicht beim Verlesen der Kriegsartikel erinnerte, verwarf er diesen Gedanken. Dazu bestand keinerlei Aussicht.

Sparke führte weiter aus:»Es muß blitzschnell gehen. Vielleicht haben sie Enternetze ausgebracht, aber ich glaube es nicht. Sie würden ihre Leute mehr behindern als uns.»

Er denkt laut, sieht bereits seinen Namen und den Bericht in der Gazette, folgerte Bolitho. Man konnte es am Funkeln seiner Augen erkennen, sie glänzten wie im Fieber.

«Ich gehe noch mal zum Master. «Sparke eilte von dannen, das Kinn vorgeschoben wie den Bug einer Galeere.

Stockdale tauchte von irgendwoher auf und rieb sich die Stirn.

«Ich habe die Waffen überprüft, Sir, habe alle Entermesser und Enterbeile noch mal über den Schleifstein gezogen«, keuchte er.»Wir fahren doch, Sir?»

Bolitho schritt zur anderen Seite und ließ sich vom Fähnrich der Wache dessen Glas geben.

«Hoffentlich.»

Dann sah er, daß der Fähnrich Forbes war, der sich während des Auspeitschens an seinem Freund festgehalten hatte.

«Alles in Ordnung, Mr. Forbes?»

Der Junge nickte unglücklich und schluckte.»Aye, Sir.»

«Gut. «Bolitho schob das Glas durch die Maschen des Netzes.»Es ist hart, einen Mann so bestraft zu sehen. Also müssen wir ständig aufpassen, daß keiner Grund zur Bestrafung gibt.»

Er hielt den Atem an, als die Toppsegel des anderen Schiffes über dem Horizont auftauchten, als sei der Rumpf unter Wasser. Ein rotes Viereck war auf das Großsegel genäht — ein Behelfsflik-ken oder ein Erkennungssignal? Er fröstelte, als der Regen ihm in den Kragen sickerte und ihm das Haar an die Stirn klebte. Es war unheimlich, diese rumpflosen Masten zu sehen, nichts von dem Schiff und seiner Besatzung zu wissen.

Als er sich nach Stockdale umwandte, war dieser verschwunden, so lautlos, wie er aufgetaucht war.

Dalyell kämpfte sich das schrägliegende Deck hinauf und sagte heiser:»Sieht so aus, als ob du uns erhalten bleibst, Dick. «Er grinste ohne Mitgefühl.»Bin nicht traurig darüber. Ich habe keine Lust, George Probyns Arbeit zu tun, wenn er einen Rausch hat!»

Bolitho grinste.»So sieht es jeder aus einem anderen Blickwinkel. Ich gehe nach unten. «Er warf noch einen Blick auf den lustlos pendelnden Wimpel im Großtopp.»Sieht wirklich so aus, als müßte ich noch die Nachmittagswache gehen.»

Der Kommandant war jedoch anscheinend anderer Meinung und immer noch voll Vertrauen zu seinem Master. Bolitho wurde vom Wachegehen dispensiert und verbrachte die meiste Zeit damit, einen Brief an seinen Vater abzufassen. Er schrieb ständig weiter an demselben langen Brief, sobald er Zeit dazu hatte, und brach ihn abrupt ab, wenn sich eine Gelegenheit zum Absenden in die Heimat bot. Dadurch hielt er Verbindung mit seinem Vater, wenngleich es für diesen bestimmt schwer war, über die täglichen Ereignisse auf See, das Sichten von Schiffen oder Inseln, zu lesen — alles Dinge, die es im Leben von Kapitän James nicht mehr gab.

So saß Bolitho also auf seiner Seekiste und überlegte, was er Neues berichten könnte.

Kälte schien ihm plötzlich über den Rücken zu kriechen, als hätte ein Geist die kleine Kabine betreten. Er blickte überrascht auf und sah die Deckenlampe flackern. Aber stimmte das auch? Er starrte seine Sachen an, die ruhig von der Stange herabhingen, obwohl sie einen Augenblick vorher noch geschwankt und gequietscht hatten.

Er stand auf, dachte rechtzeitig daran, den Kopf einzuziehen, und lief in die Messe. Die Heckfenster waren stumpf und grau, gestreift von getrocknetem Salz.

Er preßte das Gesicht dagegen und rief aus:»Mein Gott, der Weise hatte recht!»

Schnell eilte er an Deck, wo er sofort der stillen Gestalten gewahr wurde, die in den undurchdringlichen Nebel starrten, während die Segel lustlos herabhingen und sich kaum noch blähten.

Cairns, der Wache hatte, blickte ihn ernst an.»Da ist er, Dick, der Nebel.»