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«Geh jetzt in die Koje und versuch zu schlafen. Sag Mackenzie, du möchtest ein Glas Brandy, George Probyns Allheilmittel.»

Quinn stand auf und wäre beinahe gefallen, als das Schiff mit einem Ruck überholte.

«Nein, ich muß noch einen Brief schreiben.»

Als er wegging, verließ d'Esterre den Tisch, steckte seinen Gewinn ein und gesellte sich zu Bolitho an den Heckfenstern.

Der Arzt wollte ihm folgen, aber d'Esterre sagte:»Schluß, Robert. Dein stümperhaftes Spiel würde auf die Dauer mein eigenes Können beeinflussen und abstumpfen. «Er lächelte.»Hebe dich hinweg zu deinen Flaschen und Pillen!»

Der Arzt antwortete nicht mit seinem sonstigen Lächeln, sondern ging still von dannen, mit den Händen nach einem Halt suchend.

D'Esterre deutete auf Quinns Kabine.»Ist er aufgeregt?»

«Ein bißchen.»

Der Marineinfanterist zerrte an seinem engen Halstuch.»Ich wünschte bei Gott, ich könnte mitkommen. Wenn ich meine Jungs nicht bald in einen Kampf führe, werden sie rostig wie alte Nägel!»

Bolitho gähnte herzhaft.»Ich bin für Schlafengehen. «Er schüttelte den Kopf, als d'Esterre über die Karten strich.»Ich würde ohnehin nicht mit dir spielen. Du hast den Trick raus, wie man gewinnt.»

Als er mit hinter dem Kopf verschränkten Händen in der Koje lag, lauschte Bolitho auf die Geräusche des Schiffes und identifizierte jedes einzelne, wie es sich in das große Ganze einfügte.

Die Leute der Freiwache lagen unten in ihren Hängematten wie Erbsen in den Schoten; bei den gegen die See dichtgeschlossenen Stückpforten und dem aus den Bilgen aufsteigenden Gestank war die Luft entsetzlich. Alles triefte vor Nässe, von den Decksbalken tropfte es, dazu kam das eintönige Rasseln der Pumpen, wenn die Trojan besonders stark überholte.

Im Orlopdeck, dem Deck unter der Wasserlinie, würde der Schiffsarzt in seinem Lazarett vermutlich bald eingeschlafen sein. Er hatte zur Zeit nur eine Handvoll Kranker und Verletzter zu betreuen; es war nur zu hoffen, daß es so blieb.

Weiter vorn im Fähnrichslogis war alles ruhig, wenn auch vielleicht ein gelegentlicher Lichtschimmer verriet, daß einer der jungen Leute verzweifelt an einem schwierigen navigatorischen Problem arbeitete, dessen Lösung er am Morgen Bunce vorlegen sollte.

Ihre eigene Welt: Seeleute und Seesoldaten, Anstreicher und Kalfaterer, Seiler und Segelmacher, Klempner und Toppsgasten, Geschützführer und Zimmerleute — eine Mischung, wie man sie sonst in einer ganzen Stadt antraf.

Und achtern, zweifellos noch an seinem großen Schreibtisch sitzend, der eine, der über sie alle herrschte: der Kommandant.

Bolitho blickte in der Dunkelheit nach oben, wo ein Deck höher, ziemlich genau über ihm, Pears jetzt wohl saß, den aufmerksamen Foley in seiner Nähe, ein Glas Wein neben sich. So würde er jetzt noch einmal die Ereignisse des Tages sowie das für morgen geplante Unternehmen überdenken.

Das war der Unterschied, dachte Bolitho. Wir gehorchen und führen die Befehle aus, so gut wir können. Aber er muß sie geben, und Lob oder Tadel ruhen immer auf seinen Schultern.

Dann rollte er sich auf die Seite und vergrub das Gesicht in dem muffigen Kissen. Es hatte doch manches für sich, noch ein Leutnant zu sein.

III Die Faithful

Der folgende Tag unterschied sich kaum von den vorangegangen. Im Laufe der Nacht hatte der Wind ein wenig rückgedreht und viel an Stärke verloren, so daß die großen, vor Nässe triefenden Segel sich abwechselnd blähten oder durchsackten, wobei sie mit ihrem Knallen noch zu der allgemein spürbaren Spannung beitrugen.

Gegen Mittag — der Sprühregen war genauso heftig wie an den Vortagen, die See ein grenzenloses, schmutziges Grau — erschollen die üblichen Pfeifsignale:

«Alle Mann nach achtern zur Bestrafung!«Das Auspeitschen eines Mannes war bei der straffen Disziplin an Bord nicht gerade selten und rief in normalen Zeiten wenig Erregung hervor. Die privaten Prügel, die beispielsweise im Falle von Kameradendiebstahl verabfolgt wurden, konnten erheblich schlimmer ausfallen.

Aber heute war es anders. Nach all den Wochen und Monaten vergeblichen Wartens, nachdem man im Hafen unter kärglichen Bedingungen wie auf einem Gefangenenschiff gelebt oder in fruchtloser Mission vor den Küsten patrouilliert hatte, versprach man sich hiervon ein wenig Abwechslung.

Das Wetter trug nicht gerade zur Aufmunterung bei. Während Bolitho sich zu den anderen Offizieren gesellte und die Marineinfanteristen in zwei leuchtend roten Reihen aufmarschierten, eilte die Besatzung nach achtern. Sie mußten die Augen zusammenkneifen gegen den böigen Wind, der ihnen Gischt und Regen ins Gesicht peitschte. Ein trüber, unglückseliger Auftakt, dachte Bolitho.

Der Delinquent kam über die Backbordtreppe, flankiert von Pa-get, dem dunkelhäutigen Wachtmeister, und Tolcher, dem Bootsmann. Paget war ein schmallippiger, grimmiger Mann. Neben ihm und dem vierschrötigen Bootsmann nahm sich der Gefangene direkt harmlos aus.

Bolitho betrachtete ihn, einen jungen Schweden namens Carls-son. Er hatte ein gutgeschnittenes, schmales Gesicht und langes, flachsblondes Haar. Wie verwundert blickte er um sich, als habe er das Schiff noch nie gesehen. Nach Bolithos Meinung war er typisch für die gemischte Besatzung der Trojan, wo man nie wußte, welche Rassen man treffen, welche Zungen man hören würde, so viele verschiedene Besatzungsmitglieder lebten seit nunmehr zwei Jahren in ihrem Rumpf, zusammengewürfelt und doch bereits nach kurzer Zeit mit dem Schiff verwachsen.

Bolitho haßte die Auspeitschungen, obwohl sie zum Seemannsdasein gehörten. Es gab schließlich keine Alternative für einen Kommandanten, um die Disziplin aufrechtzuerhalten, wenn er weitab von höheren Vorgesetzten oder anderen Schiffen operierte.

Die Gräting, ein Lattenrost, wurde neben dem Fallreep aufgestellt, und ein muskulöser Bootsmannsmaat namens Balleine stand wartend daneben, einen Flanellbeutel an seiner Seite.

Cairns überquerte die Schanze, als der Kommandant an Deck erschien.

«Mannschaft versammelt, Sir. «Sein Gesicht war ausdruckslos.»Danke.»

Pears blickte auf den Kompaß und ging dann schwerfällig nach vorn zur Schanzreling. Schweigen senkte sich über die Menge, die sich auf Deck, ja sogar in den Wanten drängte.

Bolitho betrachtete die Gruppe der Midshipmen neben den älteren Deckoffizieren. Ihm selbst war einmal schlecht geworden, als er in seiner Fähnrichszeit einer Auspeitschung hatte beiwohnen müssen.

Er dachte an Carlsson. Man hatte ihn auf Wache schlafend gefunden, nach einem langen Tag des Kampfes gegen Wind und störrisches Segeltuch.

Bei anderen Offizieren wäre es vielleicht glimpflicher abgelaufen, aber Sparke kannte kein Mitgefühl. Bolitho überlegte, ob er wohl jetzt darüber nachdachte. Weil es doch etwas wie einen Pesthauch ausgerechnet über diesen Tag senkte, an dem er den Bootsangriff führen sollte. Bolitho musterte Sparkes Gesicht, aber es zeigte nichts anderes als den üblichen Ausdruck verkniffener Strenge.

Pears nickte.»Ausziehen!«Dann nahm er den Hut ab und klemmte ihn unter den Arm, während die anderen Offiziere seinem Beispiel folgten.

Bolitho blickte nach Backbord zum Horizont, als erwarte er, dort die Segel ihres getreuen Schattens auftauchen zu sehen. Im Laufe der Nacht hatte der Schoner dichter aufgeschlossen und war jetzt schon vom Unterwant aus sichtbar, jedoch noch nicht von Deck. In der einfachen Denkweise eines Seemannes mußte das die Bestrafung noch härter erscheinen lassen — ein Yankeeschiff kreuzte hier herum, wie es ihm gefiel, und einer der eigenen Leute wurde ausgepeitscht!

Der Kommandant schlug die Kriegsartikel auf und verlas die entsprechenden Paragraphen mit einer Stimme, die sich in nichts von seinem normalen Tonfall unterschied. Er schloß mit den Worten:». soll bestraft werden gemäß den Vorschriften des Gesetzes für einen solchen Fall auf See. «Dann setzte er den Hut wieder auf und fügte hinzu:»Zwei Dutzend Hiebe.»