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»Wie wäre es mit meiner Wohnung?«, schlug ich vor. »Ich habe ein wirklich kleines Apartment – wenn man sich mit einem Baseballschläger hinter die Eingangstür stellt, dann kann man Horden von Barbaren eine Woche lang auf Distanz halten.«

»Das klingt gut. Können Sie uns den Weg weisen?«

Wir fuhren zu meinem Apartmenthaus. Sam, der Portier, sah uns mit unverhohlenem Misstrauen zu, als wir die ganzen Bilder in den Aufzug stopften und mit rauf nahmen. Ich schloss die Tür meines Apartments auf und wir stapelten all die Bilder in meiner kleinen Diele unter dem Poster von Dolly Parton.

Ich trat zurück und rieb mir den Staub von den Händen. »Okay. Was ist jetzt mit dem magischen Schutz?«

George Thousand Names sagte: »Ich würde gern zuerst etwas trinken.«

Wir gingen in mein winziges Wohnzimmer. Dort öffnete ich meinen schwarzen Cocktail-Schrank mit den goldenen Verzierungen und goss uns vier Hiram Walkers ein. Eigentlich mag ich diesen Whisky kanadischen Typs gar nicht so gerne, hatte aber gerade nichts anderes anzubieten. Wir vier standen müde und erregt da und tranken ihn wie Medizin.

»Ich werde das hier an Ihre Tür hängen«, sagte George Thousand Names zu mir. Er holte ein kleines Halsband aus Knochen aus der Tasche seiner Windjacke und hielt es hoch. Es sah nach nichts Besonderem aus. Die Knochen waren alt und trocken und farblos. Offensichtlich waren sie einmal rot und grün bemalt gewesen, doch davon war das meiste verschwunden.

»Dies ist das Halsband, das unser alter Held Broken Shield getragen hat, als er den Leech Lake Mountain hinaufstieg und den Donnergott herausforderte. Historisch ist es unbezahlbar. Es wird um die 3.000 Jahre alt sein. Aber es wurde gemacht, um benutzt zu werden. Deshalb möchte ich, dass Sie es heute Nacht behalten, denn Coyote von Big Monsters Skalp fernzuhalten ist weit wichtiger als irgendeine Reliquie, egal, wie wertvoll sie für uns ist. Coyote wird es nicht wagen, sie anzufassen. Falls er es tut, wird er den Zorn von Gitche Manitou heraufbeschwören, dem Großen Geist persönlich.«

»Ich dachte, Coyote sei ein Dämon, der vor nichts und niemandem Angst hat und sich mit allen anlegt«, sagte Dr. Jarvis.

»Das ist richtig«, bestätigte George Thousand Names. »Aber wie alle überheblichen und bequemen Dämonen bevorzugt er ein ruhiges Dasein – der Zorn von Gitche Manitou würde ihm seine Freuden für die nächsten 5.000 Jahre sicherlich verdrießen.«

»Freuden?« Jim schüttelte ungläubig den Kopf.

»Dr. Jarvis«, erwiderte George Thousand Names. »Bitte denken Sie daran, dass für einige der wilden Dämonen das Verschlingen eines Menschen nicht weniger vergnüglich ist wie für uns das Essen eines Tütchens mit gerösteten Erdnüssen.«

George Thousand Names hängte das Halsband um den Griff meiner Wohnungstür und murmelte einige Beschwörungsworte darüber. Dann sagte er: »Ich nehme an, dass wir alle müde sind, aber für morgen müssen wir alle ausgeruht sein. Ich schlage vor, dass wir uns etwas Schlaf gönnen. Ich habe mir von meiner Bekannten ein Zimmer im Mark Hopkins reservieren lassen. Könnten Sie mich bitte dorthin fahren, Doktor?«

»Aber sicher«, entgegnete Jim. »Wie ist das mit dir, Jane? Kann ich dich irgendwo absetzen?«

Jane hatte die ganze Zeit in sich gekehrt auf meinem Lieblingssessel gehockt. Sie sagte mit flacher Stimme: »Nein, schon gut. Falls John nichts dagegen hat, dann möchte ich hierbleiben.«

»Etwas dagegen haben? Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.«

George Thousand Names trat auf mich zu und schüttelte mir die Hand. Leise sagte er: »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie genug Vorstellungsvermögen hatten, zu sehen, was hier wirklich vor sich ging. Dadurch haben wir zumindest eine kleine Chance.«

Sie wollten gerade gehen, als mein Telefon läutete. Ich winkte sie wieder ins Zimmer und nahm den Hörer ab.

»John Hyatt.«

Es war Lieutenant Stroud. »Sie sind also wieder zu Hause, hmm? Ich habe Sie gesucht. Ist dieser Indianer bei Ihnen?«

»George Thousand Names? Ja.«

Der Polizist hüstelte: »Wir hatten eine kleine Schwierigkeit auf dem Bayshore Freeway, kurz hinter Millbrae. Der Krankenwagen mit Dr. Crane und dem Körper von Seymour Wallis wurde gewissermaßen überfallen.«

»Überfallen? Sie meinen von Coyote?«

Der Lieutenant stieß laut den Atem aus. »Gut, wenn Sie es so nennen wollen. Der Fahrer des Krankenwagens berichtete, dass er ganz normal über den Freeway fuhr, als sich plötzlich ein gewaltiger Koloss auf der Fahrbahn vor ihm aufrichtete. Er konnte als Einziger lebend entkommen. Dr. Crane, es tut mir leid, dass ich das sagen muss, ist tot. Verbrannt, ebenso meine beiden Mitarbeiter.«

Ich legte meine Hand über die Sprechmuschel und sagte zu Dr. Jarvis: »Jim. Dr. Crane ist tot. Es tut mir leid. Coyote hat den Krankenwagen kurz hinter dem Flughafen überfallen.«

George Thousand Names sah todernst aus. »Das Blut«, wollte er wissen. »Hat er das Blut bekommen?«

»Mr. Thousand Names möchte wissen, ob Coyote das Blut bekommen hat«, gab ich Lieutenant Stroud durch.

Er räusperte sich: »Sagen Sie ihm, dass man Seymour Wallis eine halbe Stunde später in der Bucht gefunden hat. Er war so ausgesaugt, dass der Mann, der ihn entdeckt hat, zuerst dachte, er hätte einen toten Haifisch gefunden.«

Ich vermochte nur noch zu sagen: »Das war’s dann also. Was können wir noch tun? Haben Sie irgendeine Ahnung, wo Coyote jetzt steckt?«

»Die APB und die SWAT-Mannschaft sind draußen und überprüfen jedes mögliche Versteck. Aber wenn Sie mich fragen, ich schätze, es ist hoffnungslos.«

»Danke, Lieutenant«, sagte ich und legte den Hörer auf.

In dem ersten Morgenschimmer, der in mein Zimmer drang, sah George Thousand Names müde und erschöpft aus. Er strich sich mit den knorrigen Fingern durch sein weißes Haar. »Hoffen wir nur, dass wir diesen Kampf nicht verlieren, Freunde. Falls Coyote seine gesamten Kräfte erlangen wird, dann kann ich euch nicht beschreiben, welch ein Gemetzel er veranstalten wird.«

Jane schaute plötzlich auf und lächelte. Ich erinnere mich, dass mir dieses Lächeln äußerst seltsam vorkam. Verdammt, was gab es denn jetzt, worüber man lächeln konnte?

Ich richtete Jane ein provisorisches Bett auf dem Sofa her. Ich war zu erschöpft und erschüttert, um daran zu denken, sie zu verführen – außerdem benahm sich Jane so geistesabwesend und zurückhaltend, dass sie, hätte ich laut gerufen: »Komm, lass uns Liebe machen!«, höchstens »Wie bitte?« gefragt hätte.

Sie wickelte sich in eine Decke und schlief sofort ein. Ich ging durch die Wohnung, schaltete die Lampen aus und zog die Vorhänge vor, aber irgendwie war mir gar nicht danach, mich hinzulegen und die Augen zu schließen. Ich ging in die Diele und sah mir einige der Zeichnungen des Mount Taylor an. Das Glas in den Rahmen war ziemlich staubig und fleckig und die meisten der Bilder wiesen Stockflecken auf, aber wenn man sie näher betrachtete, erkannte man, dass jemand unter jedes Bild etwas mit Bleistift geschrieben hatte : Mount Taylor von Lookout Mountain aus gesehen,oder Mount Taylor von San Mateo aus gesehen.Ähnliche Anmerkungen standen unter den Bildern vom Cabezon Peak, etwa Cabezon Peak von San Luis aus gesehen.

Auf Zehenspitzen ging ich durch das Wohnzimmer und holte eine Straßenkarte aus einer Schublade. Dann schlich ich zurück in die Küche, schloss die Tür und faltete sie auf dem Tisch auseinander. Rundherum legte ich so viele Bilder vom Mount Taylor und Cabezon Peak, wie noch Platz blieb. Ich legte ein Blatt Wachspapier über die Karte, nahm einen Stift und markierte darauf die Stellen, von denen jede der Ansichten auf die Berge gezeichnet worden war.

Um mich wach zu halten, rauchte ich dabei eine halbe Packung Zigaretten und braute mir eine große Kanne schwarzen Kaffee, während das Sonnenlicht das Küchenfenster heraufwanderte und im Wohnzimmer die Wanduhr zu jeder vollen Stunde leise schlug.