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Keen griff zum Sprachrohr.»Hier spricht der Kommandant!«Er machte eine Pause, damit die Leute oben sich sammeln konnten.»Was seht ihr vom Feind?»

Bolitho trat an die Querreling und blickte in die nach oben gewandten Gesichter, die alle wissen wollten, was hinter der Kimm geschah.

«Zwei französische Linienschiffe, Sir. Eines von uns, aber ohne Mast. «Taverner schwieg, und Bolitho hörte den Master murmeln:»Dann muß es schlimm sein!»

Das aufsteigende Tageslicht würde bald alles enthüllen. Der Feind mußte am Vorabend noch vor der Dämmerung auf Herricks Konvoi gestoßen sein, während die Black Prince aus dem Sund kroch, um ihm zu helfen. Dann hatte er den ganzen Konvoi entweder erbeutet oder vernichtet. Den Rest des Geleitschutzes würde er heute erledigen.

Müde sagte Keen:»Wir kommen zu spät, Sir.»

Der Knall eines Kanonenschusses rollte übers Wasser. Taverner meldete:»Das entmastete Schiff hat Feuer eröffnet, Sir! Die geben nicht auf!«Allen Drill vergessend, brüllte er plötzlich:»Schießt sie zusammen, Jungs! Drauf! Wir kommen!»

Das entmastete Schiff mußte die Benbow sein, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Bolitho sagte:»Lassen Sie mehr Segel setzen, Val. Aber es bleibt dabei, wir sind eine Prise unter englischer Besatzung. «Keen wirkte bedrückt.»Wir haben keine andere Wahl, wir müssen den Windvorteil nutzen und den Überraschungseffekt.»

Zwei Breitseiten folgten jetzt kurz hintereinander. Der Feind suchte wohl Benbows Feuerkraft zu halbieren, sie zwischen sich zu nehmen, zu entern und zu erobern. Ohne Takelage konnte sie sich nicht mehr bewegen. Die Salven würden ihr ungeschütztes Heck zertrümmern und unter Deck ein Blutbad anrichten. Bolitho ballte die Fäuste, bis sie schmerzten. Herrick würde eher sterben als sich ergeben. Er hatte schon zuviel verloren.

Die Black Prince nahm langsam mehr Fahrt auf und ging auf Westkurs, wo hinter Kap Skagen immer noch Dunkelheit auf dem Wasser lag. Erst allmählich enthüllte das zunehmende Tageslicht die schrecklichen Spuren eines verlorenen Gefechts: Spieren, Lukendeckel, leer treibende Rettungsboote und weiter draußen den Kiel eines gekenterten Schiffes. Als es heller wurde, sahen sie noch andere Schiffe: Einigen fehlten die Masten, andere schienen unbeschädigt, aber alle führten die französische Flagge über der englischen.

Das zweite Geleitschiff, das Tyacke erwähnt hatte, war nirgends zu sehen. Unter Herricks Oberkommando war es bestimmt eher gesunken, als sich zu ergeben.

Taverner hatte sich wieder unter Kontrolle, als er rief:»An Deck! Sie haben das Feuer eingestellt, Sir!»

Keen hob sein Sprachrohr.»Hat Benbow die Flagge gestrichen?»

Taverner sah genauer hin. Nach all seinen Jahren auf See gab es immer noch etwas, das ihn überraschte.»Nein, Sir, hat sie nicht. Aber der große Franzose fällt ab und setzt mehr Segel!»

Bolitho ergriff Keens Arm.»Jetzt haben sie uns entdeckt, Val. Da kommen sie!»

Er sah seinen Neffen durch den Qualm entsetzt hinüberstarren, als ein langgezogenes tierisches Gebrüll hörbar wurde. Tojohns fragte durch die zusammengebissenen Zähne:»Was zum Teufel ist das?»

Keen antwortete sachlich:»Pferde. Kavalleriepferde. Sie verenden unter Deck auf den brennenden Schiffen.»

Bolitho strich sich über sein linkes Auge. Er hatte schon einmal Pferde in Todesnot so schreien gehört, bis die See sie endlich verschluckte.

Er sah seine Leute voll stummer Wut am Schanzkleid stehen. Sie hätten kühl einen Feind niedergestreckt und sich kaum umgeschaut, wenn neben ihnen ein Freund fiel — aber Pferde, hilflose Tiere, so leiden zu hören — das war zuviel für sie. Er straffte sich und sagte mit lauter, ruhiger Stimme, so daß ihn jeder verstand:»Das große Schiff dort läuft auf uns zu, Männer. Was ihr auch denkt oder fühlt — bleibt auf eurem Platz. Jede unserer Kanonen ist mit Doppelkugeln geladen und feuerbereit. Also haltet durch. Dies ist ein starkes neues Schiff, und unsere Freunde auf der Benbow warten auf uns. Aber wir wollen nicht Rache, sondern Gerechtigkeit!»

Er wußte, was Herrick drüben ausgehalten hatte. Vielleicht war er schon gefallen. Er sah Ozzard nach vorne rennen, ein großes Teleskop über der Schulter. Plötzlich schien das Schiff unter den Rufen der Besatzung zu erzittern.

«Auf, Männer! Ein Hurra für unsern Admiral! Ein Hurra für unsern Käptn und seine Braut in England!»

«Da haben Sie's«, sagte Keen bewegt.»Das sind Ihre Leute. Sie würden alles für Sie tun.»

Auf dem Vorschiff rannte Allday hinter Ozzard her und packte ihn, verzweifelt über die Männer, die Hurra schrien und nicht wußten, was auf sie zukam.»Was zum Teufel machst du da? Bist du verrückt geworden?»

Ozzard ließ das Fernglas sinken und sagte überraschend ruhig:»Du hast doch gehört, was Sir Richard gesagt hat. Nicht Rache, sondern Gerechtigkeit. «Er deutete auf den näherkommenden Franzosen.»Ich verstehe ja nicht viel von Schiffen, aber das erkenne ich wieder. Wie könnte ich es je vergessen?»

«Was meinst du?«fragte Allday, doch er wußte die Antwort schon.

Ozzard starrte immer noch hinüber.»Mir ist egal, wie sie jetzt heißt oder welche Flagge sie zeigt. Die da hat unsere Hyperion versenkt! Und Rache dafür ist nur gerecht. Also, John, was machen wir?«Doch er erhielt keine Antwort.

Midshipman Roger Segrave fühlte, wie ihm vor Angst fast die Luft wegblieb und seine Hände sich um die Reling krampften. Sein Blick suchte die Leute neben ihm: den Master und seine Gehilfen am Kompaß, vier Rudergänger am großen Rad und eine Handvoll Männer, die ihnen beispringen sollten, aber noch so taten, als seien sie unbeschäftigt. Segrave kam sich vor wie in einem verrückten Traum. Auf dem Seitendeck an Backbord, von wo sich der feindliche Dreidecker näherte, lungerten unbewaffnete Matrosen herum, die miteinander redeten und nur gelegentlich auf das Schiff deuteten, als seien sie Dänen. Sie taten so, als betreffe sie das alles nicht. Doch als Segrave genauer hinsah, entdeckte er unten die feuerbereiten Stückmannschaften an ihren Kanonen. Hier oben und in den beiden unteren Decks hockten sie mit Handspaken, Rammen und Wischern zwischen sich; selbst die Deckel von den Zündlöchern waren schon entfernt, damit ja keine Sekunde verlorenging, wenn die Täuschung aufflog.

Er sah Bolitho angelegentlich mit Keen sprechen und ab und zu nach drüben blicken, vor allem aber ihre eigenen Leute beobachten, ob sie nicht die Nerven verloren. Der große Midshipman Bosanquet unterhielt sich angeregt mit dem Flaggleutnant, nur die Seesoldaten hatten ihre Rolle nicht geändert. Ihre roten Uniformen waren auch oben im Großtopp zu erkennen, wo sie die Drehbassen nach unten richteten. Ein Zug stand mit aufgepflanzten Bajonetten auf dem Vorschiff, ein zweiter achtern in der Nähe der Poop.

Segrave hörte Bolitho sagen:»Mr. Julyan, Sie spielen heute den Kommandanten!»

Der große Master grinste breit.»Ich fühle mich schon förmlich wachsen, Sir Richard!»

Segrave wurde ruhiger, sah dem Kommenden gefaßter entgegen.

Scherzhaft meinte Bolitho:»Unsere dänischen Kameraden haben zwar weniger auffällige Uniformen als wir, aber ein Kommandant sollte trotzdem einen Hut tragen!»

Alle grinsten, als Julyan zuerst Keens und dann Bolithos Hut ausprobierte, der ihm perfekt paßte.

Noch einmal musterte Bolitho das Achterdeck und sah auch kurz Segrave an.»Das Warten hat gleich ein Ende. Achtung!»

Das zweite feindliche Schiff, ein Zweidecker, fiel jetzt ab und halste. Flaggen stiegen an seinen Signalleinen auf oder wurden niedergeholt, zur Bestätigung oder als Ausführungsbefehl. Der französische Zweidecker hatte es offenbar auf die Nicator abgesehen, die sich der Black Prince näherte, als wolle sie ihre Prise schützen.

Der Erste riß Segrave aus seinen Gedanken.»Ab in die untere Batterie, Mr. Segrave! Melden Sie sich dort beim Dritten Offizier!«Er sah sich um.»Wo ist der verdammte Vincent? Er hätte längst zurück sein müssen. Schicken Sie ihn sofort zu mir, wenn Sie ihn sehen. «Als er Segraves Spannung merkte, fügte er hinzu:»Immer mit der Ruhe, junger Mann. Heute werden Männer sterben, aber Sie sind noch nicht dran. «Segrave rannte zum Niedergang und dachte plötzlich an die rauhe Herzlichkeit auf der alten Miranda, die in die Luft geflogen war. Jetzt war er ein Jahr älter, aber ihm schien es wie ein Dutzend Jahre.