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Adam wandte sich ab.»Ich weiß, Onkel, du bist immer mein Rettungsanker. Aber mir fehlt nichts.»

Bolitho brachte ihn zur Treppe, denn ihm wurde plötzlich klar, daß dies vor dem kommenden Gefecht ihr letztes Treffen war. Vielleicht sogar ihr allerletztes in diesem Leben. Daß es ein Gefecht geben würde, spürte Bolitho in allen Knochen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken.

«Allday hat mir von seinem Sohn berichtet«, sagte er beim Abschied.

Adam fuhr aus seinen Gedanken hoch.»Tut mir leid, aber John Allday gehört auf kein Kriegsschiff. Ich weiß, was der Vater denkt, aber der Sohn würde fallen, wenn er noch länger an Bord bliebe. Ich kenne die Zeichen.»

Das klang, als spräche ein älterer Mann, ein Mann mit viel Erfahrung.»Du bist sein Kommandant«, antwortete Bolitho,»und kennst ihn wahrscheinlich besser als sein Vater.»

Adam reichte ihm die Hand.»Meine besten Wünsche an Lady Catherine, wenn du ihr wieder schreibst.»

«Danke. Wir sprechen oft von dir. «Wieder wollte er ihn fragen, was ihn bedrückte, doch er ließ es. Adam glich ihm zu sehr. Er würde erst reden, wenn er selbst es für richtig hielt.

Adam grüßte und bat formell:»Ihre Erlaubnis, das Schiff zu verlassen?»

«Aye, Leutnant. Und Gott mit Ihnen.»

Die Trommeln wirbelten. Am Fuß der Leiter halfen zwei Schiffsjungen, Adams Boot in der See ruhig zu halten.»Ich möchte nur wissen, was ihn bedrückt, Val.»

Keen ging mit Bolitho zum Achterdeck.»Vermutlich eine Dame, Sir. Die bringen Unruhe ins Herz, wie wir wissen.»

Bolitho sah Allday an einem festgezurrten Zwölfpfünder stehen, allein unter all den Männern.»Komm mit nach achtern«, sagte er leise,»auf ein Glas. Ich möchte dich etwas fragen.»

Allday schüttelte sich in der Dämmerung wie ein alter nasser Hund.»Ja, jetzt könnte ich ein Glas vertragen. Danke, Sir Richard.»

Leutnant Cazalet, gerade bei seiner Abendrunde, blieb neben Jenour stehen. Sie sahen beide, wie der Vizeadmiral und sein Bootssteurer im Niedergang verschwanden.»Ein außergewöhnliches Paar, Mr. Jenour«, meinte der Erste.

Jenour sah in Cazalet einen guten Offizier, genau wie ihn ein Kapitän brauchte, aber mehr nicht.»Ich kann mir den einen nicht ohne den anderen vorstellen«, antwortete er.

Aber Cazalet war schon verschwunden. Jenour begann darüber nachzudenken, wie er das an diesem Tag Erlebte in einem Brief nach Hause berichten konnte.

Kapitän Hector Gossage, Kommandant des Vierundsiebzigers Benbow, lief unruhig auf dem Achterdeck hin und her, die Augen im harten Sonnenlicht zusammengekniffen. Gerade waren acht Glasen geschlagen worden und die Vormittagswache angetreten. Schon jetzt kam ihm die Hitze unerträglich vor. Gossage verfluchte ihr langsames Vorankommen und den Teer, der an seinen Sohlen kleben blieb. An Steuerbord sah er die lange Reihe der Versorgungsschiffe, die sich bis an die diesige Kimm erstreckte. Wie lange würde die Fahrt nach Kopenhagen noch dauern, wo sie Admiral Gambiers Flotte und die Armee versorgen sollten?

Gossage war stolz auf die Benbow. Sie hatte seit ihrem Stapellauf fast ununterbrochen Dienst getan und viele erfahrene Matrosen und Offiziere an Bord erlebt. Falls es so etwas wie glückhafte Schiffe gab, dann war sie eins.

Er sah die offenen Decksluken und fragte sich, wann der Konteradmiral an Deck kommen würde. Seit dem Tod seiner Frau hatte er sich stark verändert. Gossage war klug genug, über all das Schweigen zu bewahren, was sein Admiral seither übersehen oder schlicht vergessen hatte. So etwas konnte leicht auf ihn, den Flaggkapitän, zurückfallen. Er war fast vierzig und wollte spätestens in einem Jahr den Wimpel eines Kommodore fuhren. Außerdem war Herrick immer ein verständnisvoller Vorgesetzter gewesen, hörte gern zu und nahm auch Ideen wohlwollend auf. Aber jetzt. Gossage biß sich auf die Lippen, als er an die vielen Nächte dachte, in denen der betrunkene Herrick kaum noch hatte sprechen können. Und das war ein Mann, der früher jeden Offizier davor gewarnt hatte, den Alkohol als Krücke für seine eigenen Schwächen zu benutzen.

Er nahm ein Fernglas aus dem Gestell und suchte die Reihe der Schiffe ab. Sie lagen tief im Wasser und krochen nur langsam vorwärts. Der Wind hatte nachts auf Nord gedreht, bis zum Skagerrak brauchten sie also gewiß noch einen ganzen Tag. Es war ein wichtiger Geleitzug, den sie schützten: zweihundert Kavalleristen der Light Brigade mit ihren Pferden, außerdem Gardeinfanteristen und Seesoldaten mit Vorräten, Waffen und Munition, wie sie eine Armee für eine lange Belagerung brauchte. Gossages Sohlen lösten sich schmatzend vom Teer zwischen den Planken. Aber bei diesem Tempo würde der Krieg vorbei sein, ehe sie Kopenhagen erreichten.

Er suchte im Glas das zweite Begleitschiff, die Egret. Er entdeckte sie, aber die Sonne blendete ihn. Die Egret war ein uralter Zweidecker mit sechzig Kanonen. Sie hatte lange als Ausbildungsschiff vor Anker gelegen, bis dieser Krieg ihren erneuten Einsatz forderte. Ein Überrest. Aber Hauptsache, sie schwamm, damit die Lords der Admiralität ihre Sollzahlen erreichten.

Beim ersten Tageslicht hatte ein Ausguck weit voraus an Steuerbord Land gesichtet, ein Schatten nur, den der Dunst des Augustmorgens schnell wieder verschluckte, ehe die Sonne die Nordsee in eine glasige Fläche verwandelte, über der die Hitze flimmerte.

Leutnant Gilbert Bowater kam den Niedergang herauf, grüßte und meldete:»Konteradmiral Herrick ist auf dem Weg nach oben, Sir. «Selbst dieser unscheinbare Flaggleutnant versuchte neuerdings, dem Admiral möglichst aus dem Weg zu gehen.

Die Morgenwache richtete sich auf, und der Gehilfe des Masters starrte wie gebannt auf den Kompaß. Gossage begrüßte Herrick.»Der Nordwind steht durch, Sir. Und der Konvoi hält seit dem Morgengrauen seine Formation.»

Herrick ging zum Kompaßhäuschen und blätterte in den feuchten Seiten des Logbuchs. Sein Mund fühlte sich wie ausgedörrt an, und als er sich umdrehte, schwindelte es ihn im gnadenlosen Licht der Sonne. Er spähte zu den Schiffen hinüber, die sie seit Great Yarmouth begleiteten — eine sinnlose Last, keine stolze Pflicht.

Gossage beobachtete ihn, auf alles gefaßt.»Ich habe den Bootsmann und seinen Leuten befohlen, das stehende Gut zu teeren, Sir. Das Schiff soll gut aussehen, wenn wir einlaufen.»

Zum ersten Mal bemerkte Herrick seinen Flaggleutnant.»Nichts zu tun, Bowater?«fuhr er ihn an. Zu Gossage sagte er:»Lassen Sie den Konvoi nicht trödeln wie eine Herde Schafe, Kapitän. Signal an Egret: Sie soll aufschließen und die Reihe anführen!«Sein Ärger ging mit ihm durch.»Das muß ich Ihnen doch nicht erst sagen, Mann!»

Gossage wurde rot und bemerkte, wie die Männer am Ruder sich ansahen.»Wir haben ziemlichen Dunst, Sir. Da ist es nicht leicht, durch Signale in Kontakt zu bleiben.»

Herrick lehnte sich an die Netze.»So ein Flußschiffer braucht auch einen Monat, um ein Signal weiterzugeben. «Plötzlich drehte er sich um.»Also lassen Sie endlich eine Kanone abfeuern, das wird die Egret aufwecken!»

Gossage rief über die Schulter:»Mr. Piper, den Stückmeister zu mir! Und machen Sie das Buggeschütz an Steuerbord klar!»

Herrick fühlte, wie die zunehmende Hitze seinen Durst verschlimmerte.

«Klar zum Feuern, Sir!»

Er nickte kurz und zuckte zusammen, als der Schmerz durch seinen Schädel raste. Die Lafette ruckte in ihre Brocktaue zurück, in der feuchten Luft hing der Rauch fast unbeweglich. Herrick lauschte dem Echo des Schusses nach. Die Versorgungsschiffe schlichen müde weiter, als sei nichts geschehen.»Einen guten Mann nach oben!«befahl er.»Wenn die Egret in Sicht kommt, will ich es sofort wissen!»

«Wenn wir unsere Fregatte noch bei uns hätten. «warf Gossage ein.

Herrick sah ihn unwirsch an.»Haben wir aber nicht. «Er machte eine fahrige Bewegung.»Hier gibt es nur noch uns und diese lahmen Barken da!»

Ein Kanonenschuß hallte über das Wasser, und Gossage meldete:»Die Egret antwortet, Sir. «Herrick zupfte an seinem Halstuch.»Sie soll sofort zum Flaggschiff aufschließen!»