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XV Der Sturm bricht los

Überraschenderweise wehte der Wind stetig weiter, und zwanzig Stunden nach Probys Vorhersage klatschte der Anker der Phalarope in das klare, tiefe Wasser zwischen einigen flachen, einsamen kleinen Inseln.

Kurz vor Einbruch der Nacht war es sinnlos, einen Landgang zu versuchen. Doch die Boote wurden ausgeschwenkt, gefiert und mit Wasserfässern beladen, damit sie am Morgen gleich einsatzbereit waren. Und mit dem ersten Tageslicht, lange bevor die Sonne den Rand des Horizonts erleuchtete, knirschten die ersten Boote auf dem schmalen, sanft ansteigenden Strand der ihnen zunächstliegenden Insel.

Bolitho zwängte sich durch das dichte, dunkle Buschwerk oberhalb des Strands und verfolgte von dort die geschäftigen Vorbereitungen. Die Boote pullten bereits wieder zur Fregatte, um noch mehr Leute zu holen. Die bereits herübergebrachten standen dicht gedrängt beieinander, als fürchteten sie die leere

Ungastlichkeit der Insel. Ein paar Matrosen schwankten wie betrunken. Ihre Beine waren so an das Stampfen und Rollen eines Schiffes gewöhnt, daß das feste Land ihnen das Gleichgewicht raubte.

Maate bellten Befehle und hakten ihre Namenslisten ab. Und als der nächste Haufen Männer an Land war und sich zu den am Ufer wartenden Seeleuten gesellte, griffen die ersten Trupps nach ihren Fässern und Geräten und stolperten landeinwärts.

Leutnant Okes tauchte am hohen Uferrand auf und führte die Hand an den Hut.»Alle Arbeitstrupps bereit, Sir. «Er wirkte beunruhigt.

Bolitho nickte.»Sie kennen Ihre Order, Mr. Okes. Folgen Sie der Karte, die ich Ihnen gezeichnet habe, und Sie werden das Frischwasser ohne Schwierigkeiten finden. Treiben Sie die Leute an. Sie werden jeden verfügbaren Mann brauchen, um die vollen Fässer zum Ufer zu schaffen.»

Er sah den Küfer Trevenen an der Spitze einer anderen Abteilung forteilen, begleitet von Zimmermann Ledward, der seinen Holzvorrat zu ergänzen hoffte. Hier wird er nicht viel finden, dachte Bolitho düster. Diese kleinen Inseln waren öde. Bis auf gelegentliches Wasserfassen kam hier niemand an Land. Der Erdboden war unter ganzen Lagen verrottender Vegetation verborgen, deren scharfer Geruch sich mit dem von Möwenkot und kleinen Pilzkolonien mischte.

Weiter im Inneren erhoben sich ein paar rundrückige Hügel, von deren Kuppen aus man in jeder Richtung das Meer sah.

Okes folgte seinen Leuten. Vor dem grünen Buschwerk zeichnete sich flüchtig Farquhars schlanke Gestalt ab, ehe auch er verschwand. Bolitho hatte den Fähnrich vorsätzlich an Okes' Seite befohlen. Es würde beiden gut tun, beim Kommando der Hauptgruppe zusammenzuarbeiten, und sei es auch nur, um die Gespanntheit zwischen ihnen abzubauen. Man hatte den Eindruck, daß Farquhar eine Art Spiel mit Okes trieb. Seit Farquhar von der Andiron entkommen war, hatte er kein Wort mehr mit Okes gesprochen. Doch anscheinend reichte schon Farquhars bloße Anwesenheit, um den Zweiten Leutnant in ständige Aufregung zu versetzen.

Okes hatte während des Rückzugs von der Insel Mola übereilt gehandelt. Aber so lange er das nicht offen eingestand, lag wenig Sinn darin, die Angelegenheit zu verfolgen, dachte

Bolitho. Er verstand Farquhar durchaus und fragte sich, wie er unter solchen Umständen reagiert hätte. Farquhars gesunder Instinkt sagte ihm offenbar, daß eine Laufbahn aus mehr als billigen Triumphen bestehen mußte. Sein Herkommen, die Sicherheit, die eine einflußreiche Familie gab, und sein Selbstvertrauen befähigten ihn, seine Zeit abzuwarten.

Herrick kam die Böschung herauf und fragte:»Kehren wir zum Schiff zurück, Sir?»

Bolitho schüttelte den Kopf.»Wir wollen noch ein Stück weiter ins Land, Mr. Herrick. «Er zwängte sich durch verdorrtes Gebüsch. Sie entfernten sich vom Ufer. Herrick ging schweigend neben Bolitho und dachte über die Fremdartigkeit der Landschaft nach. Hier fehlte das leise Rauschen der See, statt dessen war die Luft schwer von fremden Gerüchen.

Nach einer Weile sagte Bolitho:»Hoffentlich treibt Okes die Leute zur Arbeit an. Jede Stunde kann kostbar sein.»

«Denken Sie an die Franzosen, Sir?»

Bolitho wischte sich den Schweiß vom Gesicht und nickte.»De Grasse kann inzwischen gut und gern aufgebrochen sein. Wenn er sich so verhält, wie es Sir George Rodney vermutet, dürfte seine Flotte bereits nach Jamaika unterwegs sein. «Seine Blicke wanderten verdrossen von den schlaffen Blättern zum wolkenlosen Himmel.»Kein Lufthauch. Nichts. Wir können von Glück sagen, daß uns die Brise bis hierher gebracht hat.»

Herrick atmete schwer.»Mein Gott, Sir, ich spüre die Anstrengung. «Er tupfte sich das Gesicht ab.»Seit Falmouth habe ich kein Land mehr unter den Füßen gehabt. Ich wußte gar nicht mehr, wie das ist.»

Falmouth. Der Name weckte eine Flut von Erinnerungen in Bolitho, während er blicklos durch das dicke Gestrüpp schritt. Sein Vater würde noch immer warten, sich Gedanken machen und den Schmerz nähren, den ihm Hugh bereitet hatte. Bolitho fragte sich, was geschehen wäre, wenn er bei jenem ersten fürchterlichen Zusammentreffen seinen Bruder im Heck der Andiron gesehen und erkannt hätte. Hätte er dann den Angriff genauso stürmisch vorgetragen? Wenn er Hughs Tod bewirkt hätte, wäre die Navy zufrieden gewesen. Aber im tiefsten Innern wußte Bolitho, daß diese Tatsache den Kummer seines Vaters nur gesteigert und sein Gefühl des Verlustes nur noch erhöht hätte.

Vielleicht führte Hugh bereits ein anderes Schiff. Bolitho wischte den Gedanken fort. Einem Mann, der es zuließ, daß die Andiron in die von ihr selbst gestellte Falle ging, würden die Franzosen nicht noch einmal ein Prisenschiff anvertrauen. Und die amerikanische Rebellenregierung besaß zu wenig Schiffe. Nein, Hugh hatte in diesem Augenblick genug eigene Probleme.

Bolitho dachte auch an Vibart, in dessen Obhut die Fregatte augenblicklich war. Merkwürdig, wie Evans' Ermordung den Ersten berührt hatte. Bolitho hatte Evans für einen Speichellecker gehalten, aber nie und nimmer für Vibarts Freund. Doch Vibart schien durch Evans' Tod einen Vertrauten verloren zu haben, durch den seine Isoliertheit gemildert worden war. Bolitho wußte, daß Vibart ihm Evans' Tod ankreidete und daß er Allday als den offensichtlichen Täter haßte. Vibart betrachtete Menschlichkeit als Sentimentalität. Beides galt ihm als nutzloses Hindernis bei der Pflichterfüllung.

Bolitho wußte auch, daß er mit Vibart nie über etwas einer Meinung sein würde. Seine Leute menschenwürdig zu behandeln, Verständnis für ihre Probleme zu haben und ihre Loyalität zu gewinnen, das stand für Bolitho obenan. Zugleich aber wußte er, daß er mit diesem schwierigen und verbitterten Mann auskommen mußte, denn das Kommando eines Kriegsschiffs ließ wenig Raum für persönliche Abneigung unter den Offizieren.

Bolitho blieb plötzlich stehen und deutete mit der Hand auf einen Punkt.»Ist das ein Seesoldat?»

Herrick blieb neben ihm stehen, er atmete schwer. Zwischen den schlaffen Blättern blitzten rote Röcke auf. Und gerade als Bolitho hinüber wollte, tauchte Sergeant Garwood an der Spitze eines Zuges schwitzender Seesoldaten auf.»Was tun Sie hier an Land, Sergeant?«fragte Bolitho scharf.

Garwood fixierte einen Punkt hinter Bolithos Schulter.»Mr. Vibart hat alle Seesoldaten ausgeschickt, Sir. «Er schluckte schwer.»Allday ist entflohen, Sir. Wir sollen ihn wieder festnehmen.»

Herrick rang nach Luft. Schweiß lief ihm über das Gesicht. Es verriet Schrecken und Enttäuschung.

«Ach so. «Bolitho unterdrückte die aufsteigende Wut und fragte ruhig:»Und wo ist Hauptmann Rennie?»

«Auf der anderen Seite der Insel, Sir. «Garwood sah nicht gerade glücklich aus.»Die Ablösung entdeckte, daß der Posten vor der Zelle mit einer Keule niedergeschlagen worden war. Er lag bewußtlos da, und der Gefangene war weg. Die Fesseln sind ihm abgenommen worden.»