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Als Bolitho davoneilen wollte, fügte Sparke noch hinzu:»Außerdem möchte ich, daß alles so ruhig wie möglich abläuft. Eventuell sind fremde Boote in der Nähe, und ich beabsichtige, dieses Schiff als Prise zu behalten.»

Bolitho suchte nach seinem Hut, der ihm während des Kampfes vom Kopf gefallen war. Das sah Sparke ähnlicher, dachte er grimmig. Einen Augenblick hatte er geglaubt, Sparkes Anweisung, die Verwundeten nach unten zu schaffen, beruhe auf reiner Menschlichkeit. Er hätte es besser wissen müssen.

Die Aufgaben wurden sofort in Angriff genommen. Die Gesunden verrichteten die schwereren Arbeiten, die Leichtverletzten bewachten die Gefangenen. Die Schwerverwundeten — darunter der Mann, der törichterweise seine Muskete vorzeitig abgefeuert und dabei eine Gesichtshälfte verloren hatte — halfen, soweit sie dazu in der Lage waren.

Sparke hatte diesen Zwischenfall nicht erwähnt, ohne den die Verluste erheblich reduziert worden, wahrscheinlich sogar minimal geblieben wären. Die Schonerbesatzung war gewiß tapfer gewesen, aber ohne diesen Warnschuß hätte es wohl nur ein paar blutige Nasen gegeben, zumal ihnen die eiserne Disziplin der Trojaner fehlte. Auch Sparke mußte sich das überlegt haben, doch hoffte er wohl, daß Pears nur die Prise sehen und darüber alles andere vergessen würde.

Einige Male stieg Bolitho in die Kapitänskajüte hinunter, wo der gefallene Kapitän Tracy gelebt und seine Pläne gemacht hatte. Quinn lag dort blaß auf einer rohen Koje, den Verband blutgetränkt, die Lippen vor Schmerz zerbissen.

Bolitho fragte Stockdale nach seiner Meinung; der antwortete ohne Zögern:»Er hat den Willen zum Leben, aber viel Hoffnung besteht nicht.»

Die ersten Anzeichen der Morgendämmerung kamen, der Nebel lichtete sich.

Aus des Schoners Lazarett hatten alle eine großzügige Rumzuteilung erhalten, auch die beiden jungen Fähnriche.

Aus der gesamten Gruppe von sechsunddreißig Seeleuten waren zwölf gefallen oder lagen im Sterben, und von den Überlebenden hatten einige so schwere Wunden, daß sie im Augenblick kaum von Nutzen waren.

Bolitho beobachtete den sich lichtenden Nebel, in dem der Schoner langsam Gestalt annahm. Er sah Couzens und Midshipman

Libby von Sparkes Boot auf die großen Blutflecken an Deck starren. Möglicherweise wurde ihnen erst jetzt klar, was sie hinter sich hatten.

Mr. Frowd, der Steuermannsmaat, wartete am Ruder und beobachtete die schlaffen Segel, die Bolithos Leute losgemacht hatten, klar für die erste aufkommende Brise. Die einzigen Geräusche waren das Schlagen der Blöcke und das Quietschen der Gaffeln und Bäume beim heftigen Rollen des Schiffes in der Dünung.

Mit dem Morgengrauen kam das Gefühl der Gefahr, wie es wohl ein Fuchs beim Überqueren offenen Geländes bei Büchsenlicht empfindet.

Die Faithful, das sah Bolitho jetzt, hatte acht Sechspfünder und vier Drehbassen, Schwenkgeschütze, die alle in Frankreich hergestellt waren. Dieser Umstand, dazu die Entdeckung frisch verpackten, erstklassigen Cognacs deutete auf enge Verbindung mit den französischen Kaperschiffen hin.

Es war ein handliches kleines Fahrzeug von ungefähr zwanzig Meter Länge, das höher an den Wind gehen konnte als die meisten anderen Schiffe, und das bestimmt jeden Rahsegler ausstechen würde.

Wer Kapitän Tracy auch gewesen sein mochte, er hatte in seine Pläne sicher nicht die Möglichkeit einbezogen, daß er am frühen Morgen nicht mehr am Leben sein würde.

Der Baum des Großsegels quietschte laut, und im Deck verspürte man ein Vibrieren.

Sparke rief:»Lebhaft, Leute, hier kommt der Wind!»

Bolitho sah sein Gesicht und schrie:»Klar bei Vorsegelfallen!«Dann winkte er Balleine:»Heiß Klüver und Stagsegel!«Des Schoners zurückkehrendes Leben schien auch ihn zu beeinflussen.»Einen guten Mann ans Ruder, Mr. Frowd!»

Frowd zeigte grinsend seine Zähne. Er hatte längst einen Rudergänger ausgesucht, verstand aber Bolithos Stimmung. Er diente in der Marine schon so lange, wie der Vierte Offizier an Jahren zählte.

Jeder von ihnen verrichtete die Arbeit von mindestens zwei Männern, beobachtet von den schweigenden Gefangenen, schufteten sie auf dem engen Deck, als hätten sie seit Monaten nichts anderes getan.

«Sir! Mastspitzen an Steuerbord!»

Sparke fuhr herum, als Bolitho auf die davonziehende Nebelbank wies. Zwei Masten stießen durch diese hindurch, einer mit schlaff hängendem Wimpel; es war klar zu erkennen, daß es sich um ein größeres Schiff als die Faithful handelte.

Die Blöcke klapperten und quietschten, als die Seeleute keuchend die Fock und dann das umfangreiche Großsegel mit dem seltsamen roten Flicken darauf hißten. Das Schiff holte über, und der Rudergänger meldete mit rauher Stimme:»Schiff steuert wieder, Sir!»

Sparke blickte auf den Kompaß.»Windrichtung wie bisher, Mr. Frowd. Lassen Sie etwas abfallen, denn nach Möglichkeit wollen wir vor dieser Augenweide dort den Windvorteil nutzen, aber wenn nötig, hauen wir ab.»

Die beiden großen Segel blähten sich, als die Bäume nach außen schwangen, und schüttelten den Regen des Vortages ab, wie Hunde, die aus dem Wasser steigen.

Bolitho rief:»Mr. Couzens, nehmen Sie sich drei Leute, und helfen Sie Balleine bei den Stagsegeln!»

Als er sich wieder umwandte, sah auch er, was Sparke gesehen hatte. Aus dem nach Lee abziehenden Nebel trat wie eine Ersche i-nung das andere Schiff hervor, eine Brigg. Von der Gaffel wehte, noch ein wenig schlaff in der erst aufkommenden Brise, die Unionsflagge mit ihren Sternen und Streifen.

Etwas wie ein Seufzer der Erleichterung entrang sich den zuschauenden Gefangenen; einer von ihnen rief:»Jetzt bekommt ihr gleich Blei zu spüren, bevor sie euch über Bord werfen!»

Sparke fuhr auf:»Stopft dem Kerl das Maul oder jagt ihm eine Kugel in den Kopf!«Dann, zu Frowd gewandt:»Fallen Sie noch zwei Strich ab!»

«Nordost liegt an!»

«Soll ich die Sechspfünder ausrennen lassen?»

Sparke hatte ein Fernrohr gefunden und richtete es auf die Brigg.»Es ist die alte Mischief. Ah, ich sehe ihren Kapitän. Das muß der andere Tracy sein. «Er blickte Bolitho an.»Nein. Denn wenn wir so dicht herangehen, daß wir diese kleinen Kanonen abfeuern können, verwandeln sie uns in Kleinholz. Wendigkeit und Schnelligkeit ist alles, was wir einsetzen können.»

Dann zog er die Uhr und blickte nicht einmal auf, als ein Geschütz bellte und im nächsten Augenblick eine Kugel die Fock durchschlug wie eine unsichtbare Faust.

Gischt peitschte jetzt über den Bug und prasselte auf die dort arbeitenden Seeleute. Der Wind frischte auf, während der Nebel vor dem Schoner zurückwich, als fürchte er, vom Klüverbaum aufgespießt zu werden.

Die Brigg hatte jetzt Marssegel und Fock gesetzt und war ihnen hart auf den Fersen. Sie versuchte offensichtlich, den Schoner in einem langen Schlag auszuluven. Ihre beiden Buggeschütze feuerten Schuß auf Schuß, die Luft war erfüllt von schauerlichem Geheul, was auf die Verwendung von Kartätschen oder Kettenkugeln hindeutete. Traf auch nur eine einzige von ihnen einen Mast, so war dies der Anfang vom Ende.

Ein weiteres Geschütz mußte jetzt auf die flüchtende Faithful gerichtet sein, denn eine Kugel fegte über das Achterdeck, zerfetzte Tauwerk und traf beinahe einen Gefangenen, der sich aufgerichtet hatte, um besser sehen zu können.

«Siehst du, Freund, das Yankeeblei ist für euch genauso gefährlich«, höhnte ein Seemann.

Ein weiterer Einschlag dicht neben der Bordwand überschüttete sie mit Spritzwasser.

Balleine kam nach achtern gerannt und fragte:»Soll ich die Bootsleinen kappen, Sir? Das macht uns sicher eine halbe Meile schneller.»

Plötzlich schrie ein Seemann ungläubig:»Der Yankee geht über Stag, Sir!»

Sparke gestattete sich ein kurzes Lächeln der Genugtuung. Durch den sich immer mehr lichtenden Nebel tauchte wie ein Geist die Trojan auf, unter vollen Segeln und mit bereits ausgefahrener Breitseite, zwei Linien schwarzer Mündungen.