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Und er verschwand aus meinem Gesichtsfeld. Blockierte sich.

Sogar kosmische Ritter können beleidigt sein.

Mit Müh und Not spürte ich den eigenen Körper. Ertastete mit der Hand den Shunt und zog das Kabel heraus — der Kopf machte sich durch Schmerzen bemerkbar. Ich warf einen Blick auf Stasj — er schaute in die Leere, sein Gesicht zuckte. Jetzt muss er das Raumschiff auf den Start vorbereiten. Allein. Wenn er auch — das erste Mal im Leben — ein Modul benutzt. Und dabei muss er sich noch die Vorwürfe eines ängstlichen Jungen anhören.

Gab es denn so etwas überhaupt, dass Stasj dazu bereit ist, mir einfach so zu helfen? Und zwar nicht nur so zu helfen, wie alle anständigen Bürger des Imperiums einander helfen sollten, sondern viel mehr. Unvernünftig, unlogisch und unnütz für die ganze Welt!

Wenn dem so ist, dann ist unsere ganze Welt falsch. Alles in ihr ist falsch. Und meine Eltern hätten überhaupt nicht sterben müssen. Und die biestige Beamtin vom Sozialdienst wollte mir wirklich nur Gutes.

Das bedeutete, dass auch ich anders leben müsste. Leben in einer Welt, in der die wichtigsten Momente durchaus nicht Gesetz und Ordnung sind. Wo man über jede Handlung erst nachdenken muss.

»Kapitän Stasj«, entschuldigte ich mich, »verzeihen Sie mir. Ich bin bestimmt ein großer Dummkopf. Aber ich bessere mich.«

Stasj drehte mir den Kopf zu und erwiderte: »Überprüf die Gurte, Tikki. Wir starten.«

Ich fing schleunigst an, die Gurte zu überprüfen, obwohl ich wusste, dass sie in Ordnung waren. Ich bin sehr lange nicht mehr Tikki genannt worden. Seitdem sich hinter meinen Eltern die Tür geschlossen hatte. Das erste Mal flog ich bei Bewusstsein mit einem Raumschiff. Es war interessant, aber ich hatte trotzdem mehr erwartet. Vielleicht machte ich mir auch zu viel Sorgen wegen Lion, wegen des Planeten, der nun doch nicht zu meiner neuen Heimat geworden war, wegen der totalen Unklarheit, die mich erwartete?

Stasj manövrierte das Schiff zum Zeitkanal und hielt an. In den Kanal musste man in einem bestimmten Winkel und mit einer bestimmten Geschwindigkeit eintauchen, sonst konnte man irgendwo ankommen, wo man eigentlich gar nicht hinwollte.

»Berechnen wir den Kurs?«, wollte ich wissen.

Stasj schüttelte den Kopf. Er hatte offensichtlich das Navigationsregime verlassen und bewegte sich jetzt lebhafter.

»Wir warten auf die Astrachan, Tikkirej. Vielleicht gelingt es ihnen, sich vom Planeten loszureißen…«

»Sind sie denn noch nicht gestartet?«

»Nein.«

Wir warteten lange. Zwei Stunden. Kein einziges Schiff tauchte in den Kanal ein und kein einziges verließ ihn.

Der Liner startete nicht. Der mutige Invalide im Rollstuhl und alle anderen — sie blieben unten.

Stasj wurde immer trauriger. Dann krümmte er sich wie vor Schmerzen und schaltete einen der Videoscreens ein.

Der Informationskanal von Neu-Kuweit übertrug eine Nachrichtensondersendung. Der Sultan kündigte eine Volksabstimmung zur Frage über die Vereinigung des Planeten mit der Föderation des Inej an.

Er sah völlig normal aus. Ich hätte niemals angenommen, dass sich dieser Mensch unter irgendeinem Einfluss befand. Und er brachte sehr kluge Sachen zur Sprache — dass die Föderation aus sechs Planeten (»und das ist noch nicht das Maximum«) Neu-Kuweit erlauben würde, den ihm genehmen Platz im Imperium einzunehmen. Dass zwischen Inej und Neu- Kuweit langjährige freundschaftliche Beziehungen, kulturelle und Handelsbeziehungen bestünden. Wie lange das Volk des Planeten auf diese Entscheidung gewartet hätte.

»Denen haben sie erfolgreich eine Gehirnwäsche verabreicht«, äußerte Stasj. »Das ist also der Grund, warum die Astrachan nicht gestartet ist. Und…«

Er sprach nicht weiter.

»Ist es kompliziert, auf einen Menschen ein solches Programm zu laden, das ihn anders denken lässt?«, erkundigte ich mich.

»Kompliziert, Tikkirej. Darin liegt ja auch der Hund begraben. Das müsste ein unglaublich umfangreiches Programm sein, um den Menschen nicht einfach umzubringen oder willenlos zu machen, sondern seine Psyche vollständig umzugestalten. Sogar mit einem guten Shunt würde die Datenübertragung einige Tage in Anspruch nehmen. Über den Funkadapter ist eine Übertragung gänzlich ausgeschlossen.«

Ich dachte nach. Ich dachte äußerst angestrengt nach. Tagelang… und die gesamte Bevölkerung… Hier würden auch die schlauesten und hinterlistigsten Agenten vom Planeten Inej nichts ausrichten können. Man kann doch keinen Menschen zwangsweise an ein Kabel anschließen!

Es war vorgekommen, dass ich stundenlang mit dem Kabel herumsaß, als ich es überhaupt nicht wollte, aber das war vor den Examen. Und ich selbst hatte mich, wenn auch unwillig, an den Schulcomputer angeschlossen.

»Stasj, was ist der Inej für ein Planet?«, wollte ich wissen. Es war beschämend, zuzugeben, dass ich von unserem Feind fast nichts wusste.

»Ein ganz gewöhnlicher Planet.«

Stasj zuckte mit den Schultern. »Ein mittlerer, schwächer als Avalon oder Edem, ungefähr wie Neu-Kuweit. Das Klima ist allerdings schlechter. Aber immer noch im Rahmen der Norm. Inej produziert, Raumschiffe, schürft nach irgendetwas. Sie haben übrigens auch eine entwickelte Vergnügungsindustrie, stellen virtuelle Fernsehserien her, Seifenopern… die müsstest du doch gesehen haben, zum Beispiel ›Auf den Wegen der Gespenster‹.«

»Habe ich nicht gesehen«, bekannte ich, »bei uns wurden wenige Vergnügungsprogramme gekauft. Ist das eine interessante Serie?«

»Ich habe sie doch auch nicht gesehen«, beruhigte mich Stasj, »ich habe eine Arbeit, Tikkirej, nach der mir nicht nach Soaps zumute ist…«

Er verstummte. Richtete seinen Blick auf mich und ich sah zum ersten Mal einen fassungslosen Phagen. Dann sagte ich schnell, um Erster zu sein:

»Die Serien. Sie laufen doch über den Shunt! Du schließt dich an und sitzt da Stunde für Stunde, jeden Tag. Da werden eine Menge Daten übertragen.«

»Tikki…«, Stasj schlug mit der Faust auf seine Oberschenkel, »wir haben es herausbekommen! Der Radioshunt ist nur die Startrampe.DasSignalfürdenBeginnder Programmanwendung. Sie schmuggeln das Programm frühzeitig Monate oder Jahre vor der Eroberung des Planeten ein. Dann gibt es einen einzigen starken Impuls — und das Programm startet.«

Ich wendete mich um, schaute auf Lion und fragte: »Wird man ihm jetzt helfen können?«

»Das weiß ich noch nicht. Aber wieso sind wir nicht früher…« Stasj lachte auf einmal bitter auf. »Die Menschheit hat sich seit Jahrhunderten einer Gehirnwäsche unterzogen: als es noch keine Shunts gab, mit Hilfe des gewöhnlichen Fernsehens, über Radio oder durch gedruckte Bücher. Seit Jahrtausenden wurde versucht, die Menschen zu zwingen, etwas zu tun, was sie überhaupt nicht brauchten! Und Inej hat lediglich den nächsten Schritt gemacht.«

Jetzt müsste ich eigentlich der glücklichste Mensch auf der Welt sein.

Wenn ich nicht an Lion, den narkotisierten Planeten und daran gedacht hätte, dass das alles sicherlich erst der Anfang war.

»Dank dir, Tikki«, sagte Stasj. »Vielleicht hast du uns einen Tag, vielleicht eine Woche gespart. Vielleicht auch nur einige Stunden. Aber damit hast du einen Planeten gerettet. Werde jetzt nur nicht überheblich!«

»Warum?«, erwiderte ich frech. »Ich… wir gemeinsam haben ja wirklich herausgefunden…«

»Tikki, niemals wird jemand davon erfahren. So wie niemand je die Gründe für die Verständigung mit der Rasse der Tzygu erfahren hat. Oder auf welche Art und Weise der katholische Djihad auf der Erde beendet wurde.«

»Das haben Sie gemacht?« Ich verlor die Fassung. Stasj sprach über Ereignisse, die jedem schon in der ersten Klasse bekannt waren. »Und wie war das mit Admiral Charitonow, der die Mutter der Tzygu aus dem Raumschiff der Halflinge rettete und deren symbolischer Ehemann wurde? Und der Imam Johann, der sich auf dem Platz verbrannte, als die Aufständischen… Kapitän Stasj!«