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Bolitho sah flüchtig die anderen Offiziere an. Cope, Sir Roberts Flaggschiffkapitän, würde sich selbstverständlich zurückhalten, bis ihm die Meinung seines Herrn klar war. Fox war der Mann, den es zu überzeugen galt. Wie es hieß, war er hart, verschlossen und neigte infolge seines Alters — er war zu alt für seinen Rang — zu übergroßer Vorsicht.

Bolitho breitete seine eigene Karte über der des Admirals aus.»Der ganze Plan, die französische Flotte zu stellen und ins Gefecht zu ziehen, basiert auf einer Voraussetzung, Sir«, begann er ruhig.»Wir wissen, daß de Grasse seine stärksten Kräfte bei Martinique zusammengezogen hat, mit Stoßrichtung nach Süden. Um sich mit seinen spanischen Verbündeten zu vereinen und Jamaika zu erreichen, muß er daher alles daransetzen, sich unserer Aufmerksamkeit zu entziehen und so jede Schlacht mit uns, die ihm Schaden zufügen könnte, zu vermeiden.»

Der Admiral sagte gereizt:»Das weiß ich selber, verdammt noch mal.»

Bolitho fuhr gelassen fort:»Meines Erachtens waren die zwei Fregatten Fahrzeuge mit Späherauftrag, die der eigentlichen Flotte voraussegelten. «Er fuhr mit dem Finger über die Karte.»Er kann nördlich von Martinique segeln und, falls notwendig, zwischen den verstreuten Inseln in Gefechtslinie gehen. Danach, in dem ihm genehmsten Augenblick, kann er leicht nach Westen und wie geplant auf Jamaika zudrehen. «Bolitho sah zu Fox hinüber, dessen Augen ausdruckslos blieben, ehe er drängend hinzufügte:»Sir George Rodneys Plan hängt von einem schnellen Treffen ab, Sir. Aber angenommen, de Grasse vermag es zu vermeiden, oder, noch schlimmer, er greift uns irgendwo zum Schein an, während seine Hauptmacht in Richtung Norden segelt, was dann?«Er wartete und beobachtete den Admiral, dessen blasse Augen über die Karte wanderten.

«Die Möglichkeit besteht«, sagte Sir Robert mürrisch.»De Grasse könnte alles feindliche Land umgehen und dann dicht unter befreundetem Gebiet bleiben. Guadeloupe zum Beispiel. Dadurch würde er einer Schlacht in offenem Gewässer wie der Martinique-Passage, ausweichen. «Er nickte und wirkte plötzlich ernst.»Ihr Vorschlag birgt viele Gefahren, Bolitho.»

Kapitän Cope sagte mißmutig:»Wenn die Franzosen Rodney entwischen, sind wir erledigt.»

«Darf ich mir erlauben, auf etwas hinzuweisen, Sir?«fragte Bolitho.»Selbst wenn ich unrecht habe, kann mein Vorschlag kaum Schaden anrichten.»

Der Admiral zog die Schultern hoch.»Mir liegt nichts daran, so seltenen Enthusiasmus zu dämpfen, Bolitho. Aber ich verspreche auch nicht, ihm nachzugeben.»

Bolitho beugte sich über die Karte.»Mein Schiff war hier unten auf der Suche nach Frischwasser — »

«Und damit zufällig nicht auf der ihm zugewiesenen Position«. unterbrach ihn der Admiral.

«Ja, Sir«, nahm Bolitho schnell wieder das Wort.»Setzen wir für die Flaute einen Tag an und zwei weitere, um Kontakt mit Admiral de Grasse herzustellen, dann hatten die beiden französischen Fregatten Zeit genug, diese Durchfahrt zu erforschen. «Er trat zurück, als die beiden Kapitäne die Karte studieren wollten.»Nördlich der Dominica-Passage liegt eine verstreute Gruppe kleiner Inseln: die Isles des Saintes. Wenn ich de Grasse wäre, würde ich darauf zuhalten. Von dort aus kann er entweder in westlicher Richtung nach Jamaika segeln oder sich in den Schutz von Guadeloupe zurückziehen, falls ihm Rodneys Flotte zu dicht auf den Fersen sitzt. «Bolitho holte tief Luft, ehe er fortfuhr:»Wenn unser Geschwader nach Südosten läuft, wären wir in einer besseren Position, um die Lage zu beobachten und — wenn notwendig — Sir George Rodney Meldung zu erstatten, was vorgeht.»

Sir Robert rieb sich das Kinn,»Was meinen Sie, Cope?»

Der Kapitän des Flaggschiffs trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.»Schwer zu sagen, Sir. Wenn Bolitho recht hat, und ich denke, daß er alles höchst sorgsam überlegt hat, dann hätte de Grasse die am wenigsten vermutete Route gewählt, um durch unsere Blockade zu schlüpfen. Aber selbstverständlich, wenn Bolitho sich irrt, dann haben wir die uns zugewiesene Position ohne vertretbaren Grund verlassen.»

Der Admiral funkelte ihn an.»Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern. «Seine Blicke wanderten zu Fox, der sich noch immer über die Karte beugte.»Na?»

Fox richtete sich auf.»Ich stimme mit Bolitho überein. «Und nach kurzer Pause:»Dennoch scheint mir, Bolitho hat einen Punkt übersehen. «Er tippte mit dem Finger auf die Bleistiftlinien.»Wenn Sir George den Admiral de Grasse von der Dominica-Passage verscheucht, sind die Froschfresser günstiger dran. Die Brise ist zu schwach. Unsere Flotte kann sich nicht schnell genug wieder vereinigen, ehe de Grasse aufs offene Wasser hinausstürmt. «Sein Finger lief langsam in gerader Linie über die Karte.»Aber unser Geschwader liegt dann womöglich direkt auf ihrem Fluchtweg.»

Der Admiral bewegte sich auf seinem Platz.»Meinen Sie, ich hätte mir das nicht auch überlegt?«Er sah Bolitho an.»Na, und was sagen Sie dazu?»

«Ich meine noch immer, daß wir in einer besseren Position wären, um Bericht zu erstatten und um den Feind zu beschatten,

Sir.»

Der Admiral stand auf und ging erregt auf und ab.»Wenn ich nur ein paar verläßliche Informationen bekommen könnte! Ich habe die Witch of Looe vor ein paar Tagen auf ein Spähkommando geschickt, aber was kann man bei der verdammten Flaute erwarten?«Er blickte durch die offenstehenden Heckfenster.»Manchmal liegt man tagelang so fest. Was wissen wir? Der Krieg kann schon aus sein.»

«Ich könnte mit der Phalarope allein nach Süden segeln, Sir«, schlug Bolitho vor.

«Nein!«Die Stimme des Admirals kam wie ein Peitschenhieb.»Ich werde keinem meiner Kapitäne eine Verantwortung aufbürden, die ich selber tragen muß. «Er lächelte frostig.»Oder wollten Sie mir diese Entscheidung aufzwingen?«Er wartete die Antwort nicht ab.

«Nun gut, meine Herren. Wir setzen unverzüglich Segel und halten nach Südost. «Er sah seine Kapitäne der Reihe nach an.»Aber ich wünsche keine Abenteuer. Sichten wir den Feind, ziehen wir uns zurück und erstatten Sir George Rodney Meldung.»

Bolitho verbarg seine Enttäuschung. Indes, er konnte eigentlich zufrieden sein. Schließlich hatte er nicht einmal das erwartet. Weder daß Sir Robert Napier zustimmen würde, den gegenwärtigen Bereich zu verlassen, noch daß er sich zu einer Unternehmung bereitfinden würde, die sich gut und gern als ein sinnloses, zeitvergeudendes Wagnis herausstellen konnte. Als er sich umwandte, um Fox zu folgen, sagte der Admiral scharf:»Und was diese andere Angelegenheit betrifft, Bolitho«, er legte seine Hand auf den offenen Umschlag,»die werde ich auf meine Weise erledigen. Mir liegt nichts daran, daß meine Schiffe durch Meuterei befleckt erscheinen. Wir werden die Sache innerhalb des Geschwaders bereinigen. «Seine Ungeduld brach wieder durch.»Und was Leutnant Vibart anlangt, nun, da ist nichts mehr zu machen, nicht wahr. Ein toter Offizier nutzt mir nichts mehr, ganz gleich, wie er starb.»

«Er starb tapfer, Sir«, brachte Bolitho nach kurzem Überlegen heraus.

«Auch die Christen in Rom starben tapfer«, knurrte der Admiral.»Und es ist verdammt wenig Gutes dabei herausgekommen.»

Bolitho zog sich aus der Kajüte zurück und eilte an Deck, um sein Boot rufen zu lassen. Die See zeigte wieder kleine weiße Schaumköpfe, und die Flagge des Admirals flatterte tapfer in der auffrischenden Brise. Gutes Segelwetter! dachte er. Und das sollte man stets nutzen.

Den schwerfälligen Zweidecker zwischen sich, machten die Fregatten alles klar und setzten die Segel. Gegen Abend hatte der Wind leicht nachgelassen. Aber er reichte noch immer aus. Die Segel blähten sich noch prall durch die ungewohnte Kraft, als die Rahen gebraßt wurden und alle drei Schiffe auf Steuerbordhalsen gelegt wurden, damit sie über Nacht zusammenblieben.

Ehe die Dunkelheit die Schiffe völlig verbarg, kam es zu einem Ereignis, mit dem die unglückseligen Vorgänge der Meuterei ihren Abschluß fanden. Bolitho wanderte gerade an der Luvseite auf und ab, als er Okes rufen hörte.